Ich warne in dieser Rezi schon einmal vor möglichen Spoilern vor. Jeder der keine Spoiler will, liest besser nicht weiter. Die anderen sind herzlich Willkommen.
Die Farbe des Blutes - Die rote Königin ist voraussichtlich der erste von drei Teilen von der Autorin Victoria Aveyard und sticht durch sein Setting hervor.
Hauptcharakter ist in diesem Fall die 17-jährige Mare.
Mare lebt in einer Welt in der es Menschen mit rotem und silbernem Blut gibt. Silberne sind mächtig, sie besitzen Fähigkeiten die vom bändigen des Wassers bis zum Deformieren von Metall reichen. Menschen mit rotem Blut können das alles nicht und sind demnach leichte Ziele um unterjocht zu werden. Mare steht kurz vor ihrem 18 Geburtstag, was bedeutet, dass sie zur Armee einberufen wird, wenn sie keine Lehre finden sollte. Sie hält zusammen mit ihrer jüngeren Schwester Gisa die Familie über Wasser seit dem Mares Brüder einberufen wurden.
Nach einem misslungenen Überfall wird Gisa schwer verletzt und kann ihrer Arbeit nicht weiter nachgehen. Der Zufall will es so und eines Nachts trifft Mare einen jungen Mann, welcher ihr scheinbar zu einer neuen Arbeitsstelle verhelfen kann. Dort trifft Mare nicht nur den jungen Mann wieder, sondern entdeckt auch, dass mit ihr wohl nicht alles so in Ordnung ist wie es wohl sein sollte.
Das waren bisher die ersten hundert Seiten des Buches und meiner Meinung nach ging alles viel zu schnell. Den während Mare eben noch im Hause ihrer Eltern war, so befand sie sich wenige Wörter später in einem Auto und zwei Zeilen später vor dem Palast des Königs. Eine gute halbe Seite später war sie im Gang der Bediensteten und eine Seite später war sie schon voll in ihre Arbeit involviert.
Mag sein, dass ich die einzige bin, der das ziemlich gegen den Strich ging.
Meine Meinung:
„Die Farben des Blutes“ punktet mit einer, nicht ganz neuen, Idee. Ein zwei Klassensystem. Eine Rebellion. Ein „Wunder“. Alles nicht ganz neu, aber frisch aufbereitet und macht Bock zum Lesen. Der Klappentext tut sein übliches. Auch wenn ich von der Beschreibung eher an einen historischen Fantasy Roman für Jugendliche gedacht habe und nicht mit Autos, Flugzeugen, Kampfjets oder Motorrädern gerechnet hätte. Es kam überraschend und hat mich erst etwas aus der Bahn geworfen, passte aber gut in das Setting von Mares Welt rein.
Gleich zu Anfang des Buches wird man mit der zur Schaustellung von Macht konfrontiert und Mare beschreibt eindrücklich die Unterschiede zwischen Rot und Silber.
Die Idee mit dem unterdrücktem Volke ist nicht ganz neu oder originell, dennoch schön verpackt, betone ich gerne wieder.
Und damit endet auch schon das Lob.
Wieso also nur zwei Sterne? Was hat mich an dem Buch den so gestört?
Kurz gesagt: Einfach alles. Die Welt in der Mare lebt ist gänzlich farblos. Die Charaktere scheinbar ohne Leben. Der Schreibstil holpert von Satz zu Satz. Und die ganze Geschichte ist vorhersehbar und langweilig.
Einer der größten Minuspunkte ist die Protagonistin an sich: Mare. Das 17-jährige Mädchen, das kurz davor steht in die Armee eingezogen zu werden. Für die ihre Brüder und ihre Schwester scheinbar die wichtigsten Menschen sind und der es wichtig ist, für ihre Familie zu sorgen. Aber dennoch kriselt es in den wenigen Seiten, wo man ihre Eltern kennen lernt, fast nur. Aber bis auf ein zwei Wortwechsel die man finden kann ist, wird darauf nicht weiter eingegangen. Und auch ihre Brüder und ihre Schwester, die ihr ja so wichtig sind, werden bis auf einige beabsichtigte Szenen, zum Beispiel ein Hausbesuch bei ihnen, nicht weiter benannt.
Mare ist egoistisch und naiv. Gutgläubig und feige. Und das sind die einzigen Eigenschaften die ich von ihr so herausfinden kann. Denn ansonsten wirkt sie leer und unrealistisch. Denn, ohne groß Spoilern zu wollen, sterben im Verlauf des Buches auch einige Menschen. Bei einer Rebellion, wie im Klappentext angekündigt, ist dies auch nicht abwegig. Und bei diesen Toden steht Mare meist unmittelbar daneben, davor oder mittendrinn in diesem Massaker. Was würde ein „normaler“ Mensch tun, wenn vor seinen Augen ein anderer Mensch stirbt?
Ich habe mich umgehört und mal gefragt und die Antworten gingen von „Schreien“ über „Ohnmächtig werden“ bis hin zu „sich übergeben“ um das einmal nett auszudrücken. Und was macht Mare? Was macht unsere Protagonistin?
Richtig. Sie steht da und ist anwesend, während die anderen die Arbeit machen oder wenigstens ausrasten. Sie macht einfach nichts. Es ist störend, es wirkt unrealistisch und noch dazu lässt es Mare falsch wirken. Denn Mare ist ein gänzlich unangenehmer Charakter. So betont sie immer wieder wie wichtig doch ihre Familie ist und wie wichtig es ihr selber ist, dass es ihrer Familie gut geht. So macht sie sich auch Vorwürfe wegen dem Unfall ihrer Schwester.
Ungefähr zehn Seiten, dann war es das auch und das Thema wird fallen gelassen, bis es wieder zu einem ewiglangen, eintönigen Monolog von ihr kommt. Sie denkt über keinerlei Handlungen nach, schätzt nicht die Folgen ab und macht ihr ganzes Vorhaben komplett lächerlich. So kommt ihr nicht in den Sinn, dass so einiges eventuell zu leicht sein könnte, oder wundert sich weshalb nichts bemerkt wird.
Mare schert sich auch einfach nicht um die Anderen. So selbstlos sie auch tut. Während der Zeit im Palast juckt sie es fast gar nicht was mit anderen passiert und sie verschwendet keinen Gedanken mehr an ihre verwundete Schwester im Dorf. An die Menschen die auf ihrer Seite waren und die für ihre Taten gestorben sind verschwendet sie auch keine Gedanken.
Während Mares Handlungen und Gedanken mich schon zur Weißglut gebracht haben war es bei ihrem Charakter an sich noch schlimmer. Ob sie nun im Dorf bei ihrer Familie lebte oder sich im Palast befand; es war egal. Sie war immer die arme, arme Mare die es ja so schwer hatte- das sie es sich mit ihrer Art selber erschwerte muss ich hier ja nicht breit treten.
Mare als Charakter hat das Buch in erster Linie verdorben. Wäre sie nur halb so naiv und „dumm“ hätte ich wahrscheinlich nicht bei jedem Umblättern daran gedacht das Buch weg zu legen.
Das umblättern war auch eines der großen Probleme. Ich für meinen Teil konnte teilweise die Handlungen vorhersehen. So war auch für mich „der große Plottwist“ gegen Ende des Buches keine große Überraschung – Leider, es war wirklich eine solide Idee! Der ganze Verlauf schleppte sich, während die Charaktere nur irgendwie eben her agierten und wirkten, als wären sie dazu gezwungen in der Geschichte irgendeinen Platz einzunehmen ohne einen guten Text dazu. Sie sind platt und eine Nebensache. Klar, hat man die Charaktere die einem sympathisch sind und die die man nicht mag, aber die hat man auch in jedem drittklassigem Actionstreifen!
Mir ist bewusst, dass es nicht einfach ist, das Rad neu zu erfinden und das es alles schon überall gegeben hat. Aber man hätte versuchen können, nicht das allzu Offensichtlichste einzubauen. Und genauso handhabte es sich mit Mares Welt, mit den Personen mit denen sie interagierte und mit dem „Wahnsinnsplottwist“.
Zu einigen der Charaktere hier nun mein mehr oder weniger freundlicher Eindruck:
Hier warne ich vor Spoilern bezüglich Charaktere im Verlauf vor!! Ihr seid gewarnt!
-So gab es den Schönling, Cal. Von allen Bewundert und er steht im Mittelpunkt, dabei ist er gar nicht so. Er denkt an sein Land und will es weise und stark führen. Er will seinen Vater stolz machen und ist sogar nicht in unsere Protagonistin verliebt, aber er muss ja seinem Bruder treu bleiben! (Die Tanzszene… wirklich…)
-Den kleinen Bruder, Maven, welcher immer im der kleine Bruder bleiben würde und nie wahrgenommen wurde. Er liebte seinen Bruder, doch stand er immer in seinem Schatten. Der Kleine! Der nie den Thron oder sonst irgendwas bekommen sollte. Und er ist der Netteste und liebenswürdigste und er kann doch keiner Fliege was zu leide tun! (Spoiler: Der Plottwist dreht sich um ihn! Na? Ahnt ihr was?)
-Die fiese Stiefmutter die fies ist. (Spoiler: Sie ist auch Teil des Plottwist – Wer hätte auch gedacht, das die gemeine, eifersüchtige Königin sich am Ende als gemeine eifersüchtige Königin herausstellt).
-Der fiese König, der eigentlich nur durch den Verlust seiner ersten Liebe so geworden ist (Okay, ich gebe zu, er war echt nervig, aber ich hatte Mitleid mit ihm am Ende!)
-Gisa, Mares kleine Schwester, welche, zugegeben, der einzig erträgliche Charakter fast war. Sie setzte sich wirklich für ihre Familie ein. Kümmerte sich um sie und hatte eine Arbeit. Sie nahm alles ernst und war ehrlich gegenüber ihren Gefühlten und doch hasste sie ihre Schwester nicht, als diese sie in diesen „Unfall“ reinzog. Durchaus ein… toller und angenehmer Charakter. Hätte gerne mehr von ihr gelesen.
Spoiler Ende!
Nun etwas zu der Welt. Aber da gibt es nicht viel da man nie viel von der Welt sieht. Auf der einen Seite ist sie im Dorf, blätterst du um ist sie in einer Arena. Dann beim Abendessen, bei ihrem Freund. Auf einmal trifft sie jemanden von der Rebellion. Dann ist sie im Dorf. Überfall: Unfall. Zuhause. In einem Auto (wo kommt dieses Auto her?! Und wohin verschwindet es?) Palast. Arena. Kerker. Empfang. Motorradfahrt (wo kommt dieses Motorrad her?!) Sie ist verlobt. Verliebt. Training. Neben den urplötzlich auftauchenden PKW’s oder Kampfflugzeugen frage ich mich wo das alles geblieben ist, wenn es aus der Szene war! Puff und weg? Hatte sonst niemand ein Auto außer dem Königspaar?
Es springt zu sehr, eine Szene ist da, die Nächste sickert schon durch. Die Welt kenne ich nicht. Überhaupt nicht. Die Technik passt nicht in das System. Wie ist das Dorf aufgebaut? Und diese Stadt, in der später der Unfall mit ihrer Schwester passiert? Wie schaut ihr Haus aus? Der Palast? Die Welt um den Palast? Die genaueste Beschreibung findet sich einmal als Mare eine Karte in einer Bücherei sieht und gegen Ende, und auch da springt es von A nach B und bleibt nicht bei einer Sache! Entweder die Szenen sind zu lang gezogen und Mare ist nur in ihren (egoistischen) Gedanken oder sie sind kurz, beschränken sich darauf wie nervig und doof Mare alles findet und wie sie von einem Fettnäpfchen ins andere tritt.
Ich klinge jetzt wie ein Kind, aber ich bin ehrlich: Es macht keinen Spaß dieses Buch zu lesen!
Fazit:
Die rote König ist auf Erfolg ausgelegt und man sieht wie es funktioniert.
Ich kann auf diesen Zug nicht aufspringen. So schön die Grundidee doch ist, so sehr mangelt es an allem anderen.
Mare ist nervtötend.
Die Welt uneinsichtig.
Die Handlungen oftmals unlogisch.
Die Charaktere eindimensional und langweilig.
Der Plottwist und das Ende zu vorhersehbar.
Kurz um: Die rote Königin hat mir in keinster Art und Weise gefallen. Es fühlt sich an, als sei das Buch auf Erfolg ausgelegt und es funktioniert auch ganz gut. Dennoch konnte es mich nicht fesseln und nicht beeindrucken.
Schade drum, es hatte eine solide Basis.
Mit einem von möglichen fünf Sternen, und da habe ich sogar noch ein Auge zugedrückt, ist "Die Farbe des Blutes - Die rote Königin" für mich der Flop 2015 und ich kann auf dieses gehype einfach nicht aufspringen.
Ob ich mir die Fortsetzungen noch holen werde steht in den Sternen, da mich doch schon interessiert ob es sich besser und ob Mare doch noch erträglich wird.