Frauen
"Die Tanzenden" erzählt vorrangig die Geschichte von Eugénie, einer selbstbewussten Frau, die nichts vom Heiraten und der männerdominierten Welt des 18. Jahrhunderts hält. Als sie dann noch behauptet, ...
"Die Tanzenden" erzählt vorrangig die Geschichte von Eugénie, einer selbstbewussten Frau, die nichts vom Heiraten und der männerdominierten Welt des 18. Jahrhunderts hält. Als sie dann noch behauptet, Tote sehen zu können, bringt ihr Vater sie in der Salpêtrière, ein 'Krankenhaus' in Paris, das vorrangig die geistigen Leiden von Frauen behandelt. Es wird aber auch die Geschichte der anderen Frauen dort erzählt, die den Männern in ihrem Leben alle auf die ein oder andere Art lästig wurden, sei es durch zu viel selbstbestimmtes Denken oder aufgrund von körperlichen Leiden.
Victoria Mas hat einen unglaublich einnehmenden und schönen Schreibstil. Sie lässt hier Frauen entstehen, die in einer Zeit leben, in der sie nichts zu sagen haben, sie dürfen sich lediglich über ihre Ehemänner definieren. Sie alle haben einen eigenen Kopf doch nicht alle gehören in eine Irrenanstalt. Viele leiden auch nur an epileptischen Anfällen oder haben genug von der Männerwelt in der zu leben sie verdammt sind. Die Therapiemethoden, die in der Salpêtrière zum Einsatz kommen haben mich wirklich schokiert. Selbst, wenn einem bewusst ist, dass früher solche Methoden angewandt wurden, ist es nochmal was ganz anderes, darüber zu lesen.Die Frauen fassen dennoch Vertrauen zu dem leitenden Arzt, schwärmen sogar ein bisschen für ihn, dabei sieht er in ihnen nur willige Testobjekte, er als gefeierter Arzt steht über allen. Mas schreibt sehr fesselnd und gleichzeitig berührend, die Frauen sind mir wirklich allesamt sehr ans Herz gewachsen auf den 240 Seiten.
Mas legt auf alle Figuren gleich viel Wert, egal ob es sich um die Protagonistin Eugénie handelt oder um ihre MItinsassinnen. Alle sind gut durchdacht und wirken sehr realistisch auf mich. Über den Verlauf der Geschichte oder die Grundlage des Geistersehens kann man sich sicherlich streiten, aber für mich war das gar nicht so wichtig. Auch wenn man nicht an Geister glaubt oder Eugénie vielleicht zu Recht als Patientin sieht, finde ich, dass "Die Tanzenden" ein tolles Bild der Frauen gibt. Nicht alle wollen den Männern hörig sein, schon immer gab es Frauen, die einen eigenen Kopf hatten und für sich selbst einstehen wollten. Man sollte sich also nicht so sehr auf die 'Verrücktheit' von Eugénie konzentrieren, sondern "Die Tanzenden" viel mehr als ein Buch über Frauen sehen, die es in die Freiheit und Selbstbestimmtheit zieht und die für ihren Mut bestraft wurden. Es ist ein Buch, das uns alle daran erinnert, wie gut wir es als Frau haben, in der heutigen Zeit zu leben und dass man niemals aufhören sollte, sein Leben selbst zu ergreifen.