Es gab nur wenige Denunzianten, aber ihre Zahl genügte, um unbeschreibliches Unglück über die Menschen zu bringen.“ Fritz Wöss
Kay muss 2016 Abschied nehmen von einer lieben Freundin und ihr die letzte Ehre erweisen. Das Zusammentreffen mit seiner alten Clique reißt alte Wunden auf, weckt Erinnerungen und lässt seine Gedanken ...
Kay muss 2016 Abschied nehmen von einer lieben Freundin und ihr die letzte Ehre erweisen. Das Zusammentreffen mit seiner alten Clique reißt alte Wunden auf, weckt Erinnerungen und lässt seine Gedanken immer wieder zurück schweifen. Aus der unbeschwerten Kinderclique ist im Verlauf der Jahre eine eingeschworene Gemeinschaft geworden, die sich zwar mit den Umständen in der DDR nie wirklich ganz arrangiert, aber trotzdem zusammengehalten hat wie Pech und Schwefel. Erst als die Zeichen immer deutlich werden, die Repressalien der Stasi um sich greifen und die Clique direkt betroffen ist, macht sich Kay seine Gedanken. Kann es wirklich sein, dass einer aus den eigenen Reihen ein Verräter ist ? Als Kay seine Flucht plant, kommt alles anders....
"Die Freiheit so nah" erzählt in sehr eindringlichen Worten aus der Sicht von Kay, wie sich ein Leben als junger Mensch in der DDR angefühlt hat. Der Staat hat seine Augen und Ohren überall und der Machtapparat Stasi tut alles dafür, schon in der Schule die Grundsteine zum Denunziantentum zu legen. Eine Machtausübung, die im Kreis der "indischen Reisegruppe" unvorstellbar ist und doch trifft sie zu.
A.A.Kästner schildert in ihrem Roman die Ereignisse nach wahren Begebenheiten so authentisch und überzeugend, dass sie Leser;innen das Gefühl erhalten, direkt an Kays Seite zu stehen und alles hautnah mitzuerleben. Der Gruß der FdJ "Freundschaft" wird zum Sinnbild für die Clique und so steht auch einer für den anderen ein, kämpft gemeinsam mit den Jungs für die Verwirklichung von Träumen und Wünschen und doch stoßen sie immer wieder an Grenzen. Sei es politisch, persönlich, physisch oder psychisch.
Mit der Erzählstimme Kay wird das Buch unglaublich intensiv und es sind seine ganz persönlichen Erinnerungen und Eindrücke, die sich manchmal bleischwer auf die Seele legen. Es fällt, auch 34 Jahre nach Grenzöffnung, wohl den meisten nicht leicht, all das zu begreifen, was im Namen der Stasi an Verbrechen, Verrat und Verunsicherung geschehen ist.
Der Roman beleuchtet eine fast unerschütterliche Freundschaft, die auch die guten Seiten eines Lebens in der DDR aufzeigt, aber dennoch immer wieder deutliche Worte in Bezug auf Misswirtschaft, Unzufriedenheit und Verrat enthält. Ein Stück deutscher Geschichte, die zum Nachdenken, Diskutieren und Innehalten anregt und aufzeigt, dass Freundschaft nicht alles verzeihen kann, da das persönliche Unglück einfach zu schwer wiegt.