Wien 1919 - kurze Zeit nach Ende des 1. Weltkrieges. Die Monarchie ist Geschichte, die Menschen leiden unter Hunger und Kälte. Viele sind an der Spanischen Grippe gestorben oder haben ihr Zuhause verloren. Der Schleichhandel auf dem Schwarzmarkt blüht.
Auch Rayonsinspektor August Emmerich ist ein Kriegsversehrter. In seinem Bein steckt noch immer ein Granatsplitter, der ihm oftmals Beschwerden macht. Doch Emmerich hat den dringenden Wunsch in die Abteilung "Leib und Leben" zu wechseln. Noch muss er "niedrige" Polizeiarbeit verrichten, die ihm gar nicht schmeckt. Sein verletztes Bein ist ihm nur hinderlich. Deswegen hilft er sich mit Heroin, das zu dieser Zeit noch als Husten- bzw. Schmerzmittel verschrieben wurde.
Sein Chef setzt ihn auf Schleichhändler an und bekommt den jungen Assistenten Ferdinand Winter zur Seite gestellt, der aus verarmten Adel stammt. August Emmerich ist alles andere als erfreut darüber.
Als ein Toter im Stadtwald gefunden wird, der Selbstmord verübt haben soll, glaubt Emmerich nicht an Suizid. Der Tote war nämlich "Kriegszitterer". Wie wäre es diesen armen Mann möglich gewesen sich selbst zu richten? Doch sein Chef glaubt nicht an Mord und so ermittelt Emmerich auf eigene Faust weiter.....schließlich möchte er in Zukunft sowieso nicht mehr im Innendienst arbeiten, sondern Mordfälle bearbeiten. Emmerich und Winter kommen nach und nach einigen seltsamen Vorfällen auf die Spur und geraten, schneller als ihnen lieb ist, in Gefahr.
Neben seiner schmerzenden Kriegsverletzung und seinen unüberlegten Schnüffeleien hat der Rayonsinspektor bald ein weiteres Problem. Als der totgeglaubte Ehemann seiner Lebensgefährtin aus der Kriegsgefangenschaft unvermutet zurückkehrt, verliert er nicht nur seine Geliebte, sondern auch sein Heim. Doch das ist erst der Beginn seiner Schwierigkeiten....
August Emmerich hat nämlich auch im Job seine eigenen Vorstellungen von Recht und Gerechtigkeit. Es dauert nicht lange und er selbst steht auf der Liste der Verdächtigen. Ferdinand Winter hat anfangs seine Problem mit Emmerichs Auslegung der Gesetze, doch bald erkennt er, dass sein Kollege den richtigen Riecher hat....
Mit viel Vergnügen habe ich August Emmerich und Ferdinand Winter bei ihren Recherchen begleitet. Die Spannung setzt schon bei den ersten Kapiteln ein und bleibt bis zum Ende bestehen. Mit einigen überraschenden Wendungen kann die Autorin den Spannungsbogen zum Ende hin noch heben.
Alex Beer versteht es, nicht nur die stimmige Atmosphäre aus dieser Zeit wiederzubeleben, sondern auch ein Bild der Adeligen zu zeichnen, die nicht an den Zerfall der k.u.k. Monarchie glauben wollten. Die Menschen sind unentschlossen, versuchen so gut es geht zu überleben und träumen von einem besseren Leben. Die Stimmung wird wunderbar eingefangen und auch auf August Emmerichs Nöte und Sorgen wird eingegangen und machen die Figur noch lebendiger.
Hinter dem Pseudonym Alex Beer steckt die österreichische Autorin Daniela Larcher. Mit "Der zweite Reiter" hat sie den Auftakt zur neuen Krimireihe rund um Ermittler August Emmerich vorgelegt. Die Fortsetzung "Die rote Frau" erscheint im Mai und wird definitiv von mir gelesen werden.
Schreibstil:
Alex Beer hat einen sehr intensiven und flüssigen Schreibstil. Man wird automatisch in die Zeit nach der Jahrhundertwende versetzt und hat die Schauplätze vor Augen, die sehr bildhaft beschrieben sind. Der Leser unternimmt eine Reise durch die Straßen und Ecken von Wien, die teilweise auch heute noch ein Begriff sind. Die Autorin hat wunderbar recherchiert. Durch eingestreute Dialektwörter erhält der Krimi mehr Lokalkolorit. Die Figuren sind facettenreich und haben Ecken und Kanten.
Fazit:
Ein absolut gelungener Auftakt zu einer historischen Krimireihe, die in der Wiener Zwischenkriegszeit spielt. Tolle Atmosphäre und eine spannende Verfolgungsjagd durch die Straßen von Wien mit einem sehr speziellen Ermittler. Ich freue mich schon auf Teil 2!