Roman | »Ein Meisterwerk.« Thomas Böhm, Radio eins
Hanna Granz (Übersetzer)
Ein Roman mit der Kraft, uns mit uns selbst zu versöhnen
Nach zwei Jahrzehnten kehren die Brüder Benjamin, Pierre und Nils zum Ort ihrer Kindheit – ein Holzhaus am See – zurück, um die Asche ihrer Mutter zu verstreuen. Eine Reise durch die raue, unberührte Natur wie auch durch die Zeit. Im Kampf um die Liebe der Mutter, die abweisend und grob, dann wieder beinahe zärtlich war, haben die Jungen sich damals aufgerieben bis zur Erschöpfung. Heute fühlen sie sich so weit voneinander entfernt, dass es kein Aufeinander-zu mehr zu geben scheint. Und doch ist da dieser Rest Hoffnung, den Riss in der Welt zu kitten, wenn sie sich noch einmal gemeinsam in die Vergangenheit vorwagen.
Wenn die Eltern sterben, beginnt womöglich ein erstes tiefes Betrachten der eigenen Kindheit. Erinnerungen sind aber immer gefärbt, weil wir sie im Jetzt abrufen, mit der Sicht auf eine Zeit, die Jahrzehnte ...
Wenn die Eltern sterben, beginnt womöglich ein erstes tiefes Betrachten der eigenen Kindheit. Erinnerungen sind aber immer gefärbt, weil wir sie im Jetzt abrufen, mit der Sicht auf eine Zeit, die Jahrzehnte zurückliegt.
Nachdem Vater ist nun auch die Mutter der drei Brüder Nils, Benjamin und Pierre gestorben. Gemeinsam wollen sie den letzten Wunsch der Mutter erfüllen und ihre Asche im See verstreuen, an dessen Ufer das Ferienhaus der Familie liegt. Hier haben sie ihre Sommer verbracht, mit angeln, schwimmen, faulenzen und Spaziergängen im Wald. Hier waren sie glücklich und hielten zusammen, hier waren sie aber auch traurig und unglücklich und haben trotzdem überlebt.
Geschickt läßt der Autor Schulmann die Geschichte rückwärtslaufen. Die 24 Stunden des Tages, an dem die Männer zum Sommerhaus zurückkehren, beginnt eine Minuten vor Mittnacht und wird dann in Kapiteln erzählt, die jeweils zwei Stunden zuvor gespielt haben. Darüber hinaus immer im Wechsel mit einem Kapitel aus der Kindheit. So erschließt sich langsam das Bild einer Familie, die wir so nicht erwartet haben. Eltern, die sich nur selten für die Kinder interessieren und ihre Aufmerksamkeit und Zuneigung punktuell und ohne erkennbares Schema verteilen, oft unberechenbar agieren. Die Brüder, die sich gegenseitig stützen müssten, dies aber nicht immer schaffen und jeder für sich einen Fluchtweg aus diesem Drama sucht.
Der Roman ist voller Kummer und doch auch kleiner Glücksmomente. Gelegentlich scheint durch, wie es hätte sein können, wie man es sich für die Kinder gewünscht hätte. Mit der Reise zurück in die Kindheit am See versucht vor allem Benjamin, das mittlere Kind, die Vergangenheit und die Beziehung zu den Eltern zu verarbeiten. Er, der immer versucht hat, den Überblick zu behalten, über Geschwister und Eltern, schleppt seit Jahrzehnten eine unglaubliche Last mit sich herum.
Ein sehr eindringlicher Roman, der mich wahnsinnig traurig gemacht hat. Eine große Leseempfehlung völlig jenseits vom Lindgren-Idyll.
Drei Brüder kehren zurück an den Ort ihrer Kindheit. Ein Sommerhaus in Schweden. Die Asche der Mutter. Denn um diese am Seeufer zu verteilen, sind die Drei noch einmal zurückgekommen.
Was sich als Geschichte ...
Drei Brüder kehren zurück an den Ort ihrer Kindheit. Ein Sommerhaus in Schweden. Die Asche der Mutter. Denn um diese am Seeufer zu verteilen, sind die Drei noch einmal zurückgekommen.
Was sich als Geschichte dahinter verbirgt, erfährt der Leser nach und nach. Dabei erzählt der Autor die Ereignisse rückwärts. Stilistisch eine interessante Herangehensweise. Den Leser lässt es jedoch oft im Dunkeln. Insbesondere das Ende ist hier hervorzuheben, denn die Erzählart ermöglicht einen besonderen Schluss. Bei dem jedoch der Leser erneut viel Interpretationsspielraum erhält.
Der Schreibstil und die Geschichte an sich haben einen hohen Wiedererkennungswert. Die Tragik entfaltet sich in so leichten Worten, dass es fast unwirklich erscheint. Der Titel des Buches bekommt immer mehr Bedeutung, je weiter die Geschichte voranschreitet.
Das ist definitiv keine leichte Kost. Absolut schonungslos wird hier erzählt. Das Ende spaltet sicher die Leser. Überraschend ist es allemal.
Was für eine Familie, was für eine Tragödie!!! Wir haben es hier mit drei Jungen zu tun – inzwischen zu jungen Männern herangewachsen – die ihr ganzes Leben lang verwirrt und verzweifelt um die Liebe ihrer ...
Was für eine Familie, was für eine Tragödie!!! Wir haben es hier mit drei Jungen zu tun – inzwischen zu jungen Männern herangewachsen – die ihr ganzes Leben lang verwirrt und verzweifelt um die Liebe ihrer Eltern, insbesondere der Mutter, zu buhlen und zu kämpfen hatten. „Ein Akademikerehepaar immer am Rand des Existenzminimums“ … so oder so ähnlich wurden Vater und Mutter sicher nicht unpassend im Buch beschrieben. Als Kinder merkten es Benjamin, Pierre und Nils nicht wirklich, dass die Eltern kettenrauchende Alkoholiker waren und dass sie stets in einer verwahrlosten Umgebung hausten. Was sie aber sehr wohl merkten war, dass die Gefühle ihnen gegenüber stets unberechenbar waren. Kann eine solche Kindheit je aufgearbeitet werden? Kann der letzte Brief der Mutter als Entschuldigung gelten, der ihr Leben wieder auf den richtigen Weg bringt?
Meine obenstehende Beschreibung lässt erahnen, dass es sich hier um keine leichte Lektüre handelt, und dass ich beim Lesen oft innehalten musste, um das gerade Gelesene verarbeiten zu können. Das Buch hat mich berührt und zugleich wütend gegenüber den Eltern gemacht, die so leichtsinnig mit dem Leben ihrer eigenen Kinder verfuhren. Was mich aber unheimlich im Lesefluss störte, war der Aufbau des Buchs. Man liest quasi die Vergangenheit vom Anfang und die Zukunft führend und die Gegenwart vom Jetzt ins Damals. Obwohl die Kapitel mit entsprechenden Überschriften versehen waren, musste ich mich jedes Mal wieder neu reindenken und überlegen, wo ich mich eigentlich befand. Ich bin mir sicher, der Autor wollte sich damit von der breiten Masse der Roman abheben, bei mir hat er sich damit keinen Gefallen getan und bekommt nun ein Sternchen Abzug. Ich vergebe vier wohlgemeinte Sterne und leider deshalb auch nur eine bedingte Leseempfehlung.
In dem Buch geht es um eine schwedische Familie,die man auf jeden Fall als zerrüttet beschreiben kann. Es gibt einen Erzählstrang der Gegenwart, der zeitlich aber rückwärts erzählt wird und einen Erzählstrang ...
In dem Buch geht es um eine schwedische Familie,die man auf jeden Fall als zerrüttet beschreiben kann. Es gibt einen Erzählstrang der Gegenwart, der zeitlich aber rückwärts erzählt wird und einen Erzählstrang aus der Vergangenheit heraus der chronologisch weitergeführt wird.
Beide Erzählstränge nähern sich im Laufe des Buches an.
Der Autor kann gut mit Sprache umgehen, was sich im Schreibstil ausdrückt.
Die Geschichte ist jedoch sehr bedrückend, geht unter die Haut und zieht den Leser sehr runter.
Wenn man sich darin eingefunden hat, entwickelt die Geschichte jedoch einen regelrechten Sog, der den Leser mitzieht.
Nach und nach , wie das Häuten einer Zwiebel, legt der Autor immer mehr Geschichten aus der Vergangenheit frei, die das Leben der ganzen Familie beeinflusst und scheinbar auch zerstört haben.
Das Ende ist unerwartet und lässt den Leser sprachlos und schockiert zurück.
Literarisch sicher ein Meisterwerk, aber vom Inhalt sehr schwere Kost. Ich habe lange gebraucht um es für mich einzuordnen, weshalb ich mir nicht sicher bin ob ich eine Empfehlung aussprechen möchte.
Man muss als Leser einiges aushalten können, aber umgesetzt ist das Thema sehr gut.