„Wenn man schon auf den Teufel hereinfällt, sollte man wenigstens aufpassen, dass er einem im Sturz nicht noch die Hörner ins Herz bohrt.“ (Madi über Bishop in Broken Puppet)
Worum geht’s?
Nach den Enthüllungen und Erlebnissen aus Band 1 will Madi nur noch eins: Weg. Weg von Bishop, weg von den Kings, weg von dem ganzen Chaos und Geheimnissen. Gemeinsam mit Tatum flieht sie. Doch die Kings lassen so schnell niemanden gehen und Bishop wäre nicht Bishop, wenn er Madi überall finden würde. Und so steht Madi schneller als ihr lieb ist wieder im Durcheinander aus Geheimnissen und Lügen. Aber Madi kann nicht ahnen, dass die bisherigen Enthüllungen erst der Anfang waren…
Broken Puppet ist der zweite Teil der Elite Kings Club Buchreihe vom Amo Jones. Man benötigt Vorkenntnisse aus Band 1, das Buch kann nicht eigenständig gelesen werden. Das Buch ist nicht abgeschlossen und wird in Band 3 fortgeführt.
Schreibstil / Gestaltung
Auch Broken Puppet überzeugt wie sein Vorgänger wieder mit einem düsteren, schlichten Cover, welches hervorragend zu Band 1, jedoch nicht ganz zum Titel passt. Dennoch signalisiert das Cover für mich ausreichend die Botschaft, dass es hier düster und gefährlich wird.
Wie bereits Silver Swan wird das Buch ausschließlich durch Madison in der Ich-Erzähler-Perspektive erzählt. Die Geschichte ist linear aufgebaut, es gibt allerdings einige Zeitsprünge nach vorne. In den Kapitel erlebt Madison zudem einige Flashbacks, die durch Kursivschrift sofort erkennbar sind. Die 22 Kapitel des Buches sind fast alle überdurchschnittlich lang.
Der Schreibstil von Amo Jones ist bleibt gewöhnungsbedürftig. In Silver Swan störte ich mich anfangs stark an den kurzen Sätzen, den abrupten Wechseln und der teilweise sehr sprunghaft-unkontrolliert wirkenden Erzählweise. Auch in Broken Puppet behält die Autorin dies bei. Allerdings habe ich mich mittlerweile dran gewöhnt und finde es als atmosphärisches und charakterliches Stilmittel sehr passend, denn es spiegelt sowohl die Charaktere als launisch und unangepasst als auch die Story als wirr und unvorhersehbar sehr gut wider. Auch in Band 2 geizt die Autorin nicht an Kraftausdrücken und deutlicher Sprache.
Mein Fazit
Nachdem ich von Silver Swan eiskalt überrascht wurde und eine derart heftige, düstere Story mit so vielen Twists gar nicht erwartet hatte (und somit einen Platz als Jahreshighlight in meinem Herzen fand), war ich mir sicher, dass Broken Puppet mich nicht so überraschen und schockieren kann. Tja, ich war naiv und ich hatte keine Ahnung…
Der Bucheinstieg mit Tatums und Madis Flucht war für mich interessant, wenn auch zugleich extrem unrealistisch und irgendwie nicht wirklich zur Geschichte passend. Entsprechend schwer fiel mir der Einstieg in das Buch auch, da die ersten 20 Seiten der Flucht deplatziert wirkten. Aber sobald der erste King wieder auf die Bildfläche tritt, hat das Buch einen – der Groove ist wieder da, die ganzen Geheimnisse und Fragezeichen. Und Broken Puppet schlägt komplett in die Kerbe, die Silver Swan in Leichtigkeit vorgearbeitet hat. Broken Puppet ist düster, böse, verwirrend, unvorhersehbar, verkorkst, erschreckend – und es macht verdammt süchtig. Rein objektiv betrachtet müsste man wahrscheinlich feststellen, dass das Buch kein Kunstwerk der Sprache ist und die Storylines eine mittlere Katastrophe sind. Die Charaktere handeln zu keiner Zeit altersangemessen, es passiert extrem viel, dass man eigentlich das Buch vor lauter Unlogik wegwerfen will, und der arme Leser? Der blickt nichts.
„Hier kommt ein Rätsel…“ (SMS an Madi in Broken Puppet)
Aber genau das ist die Kunst, die Amo Jones vollbracht hat: Ich konnte das Buch nicht wegwerfen. Ich war gefesselt. Gefangen zwischen Faszination und Frustration, zwischen Entsetzen und Freude, zwischen Fassungslosigkeit und Genugtuung passiert so viel beim Lesen. Ja, die Charaktere handeln nicht wie 17-20jährige – aber sie erheben auch nie den Anspruch, sich auf ihr Alter zu berufen. Daher war es für mich leicht, das Alter zu überblenden und einfach so zu tun, als seien die alle Mitte 20. Ja, das Buch mag nicht gerade mit einer realistischen Storyline aufwarten, dennoch zaubert die Autorin immer wieder neue Plottwists hervor, die komplett unvorhersehbar sind, die die Geschichte jedes Mal in ein neues Licht tauchen und sich am Ende aber wieder als Finte erweisen, denn mit der nächsten Enthüllung wird alles wieder über einen Haufen geworfen. Ich hatte noch nie ein Buch, welches es geschafft hat, dass ich bis zur letzten Seite und darüber hinaus vollkommen planlos bin, in welche Richtung die Geschichte gehen kann und wird, welche Bedeutung hinter dem ganzen Kings Club steht und welche Rolle Madi spielt. Selbst jetzt, nach zwei Bänden, bleibt der Elite Kings Club für mich ein Rätsel.
„Wann ist mein Leben eigentlich derart aus den Fugen geraten? Gut, eigentlich war es schon immer ein einziges Chaos, aber im Moment stoße ich immer nur auf neue Fragen, je mehr ich erfahre.“ (Madi zu Bishop und Nate in Broken Puppet)
So ging es mir. Permanent fragte ich mich, womit Madi das ganze eigentlich verdient. Es gibt zahlreiche Flashbacks in diesem Buch, die am Ende zu einer großen Enthüllung führen – eigentlich zu mehreren Enthüllungen direkt hintereinander. Atemlos saß ich auf den letzten 40 Seiten dort, geschockt und überrascht von einem der zahlreichen Geheimnisse. Und was ist die Folge der Enthüllungen? Noch mehr Fragen. Für jedes begrabene Fragezeichen kommen 20 neue. Es ist frustrierend und es fühlt sich so unfassbar gut an. Das Buch verlangt vom Leser viel ab. Toleranz und Akzeptanz, eine Prise „ok, ich gucke da jetzt mal drüber hinweg“ und jede Menge „das ist nicht dein Ernst“ – denn wie bei Silver Swan begibt sich Madi jedes Mal willentlich in Situationen, die nur schlecht enden können. Möchte ich sie stoppen? Eigentlich nicht, aber eigentlich schon. Möchte ich, dass Bishop sie rettet? Unsicher, denn weiß ich, wer Bishop wirklich ist? Das Buch spielt mit jeder Menge innerer Zerrissenheit. Daher ist es für mich unvermeidlich, dass sich die Geister an dem Buch scheiden – man hasst es oder man liebt es, kein Dazwischen, keine Einschränkungen.
„Fast? So etwas wie fast gibt es bei mir nicht, Madison. Ich mache kein Fehler. Ich handle. Und wenn ich etwas tue, kannst du deinen Ar*ch darauf verwetten, dass ich vorher jeden einzelnen Aspekt durchdacht habe. Ich bin nicht unberechenbar. Ich bin berechnend.“ (Bishop zu Madi in Broken Puppet)
Auch in diesem Band liegt der Fokus primär auf Madi und Bishop, mit Nate als Randfigur. Im Verlauf kommt durch eine Enthüllung eine weitere Person als relevante Randfigur dazu. Die weiteren Kings bleiben Randfiguren, die nur wenn notwendig angeführt werden. Bishop wirkt in Band 2 deutlich unberechenbarer als in Band 1, während Madison sich charakterlich etwas weiterentwickelt hat. In Band 1 war es besonders ihre Naivität, die einen fast schon genervt hat, jetzt in Band 2 wirkt sie deutlich stärker, was sie aber nicht davon abhält, von einer Falle in die nächste zu tappen. Alle männlichen Charaktere bleiben weiterhin undurchsichtig, verwirrend und gefährlich. Würde man sich als Leser mit ihnen abgeben? Ganz sicher nicht. Faszinieren sie einen dennoch? Absolut.
Festzustellen ist, dass Broken Puppet mit einem unnormal hohen Spannungsbogen daherkommt. Das Tempo ist hoch, die Anzahl der Enthüllungen und Geheimnisse wie Gewehrsalven und die Intensität der Geschehnisse so heftig, dass es ein Wunder ist, dass ich das Buch ohne zahlreiche Herzinfarkte überlebt habe. Einige Enthüllungen waren schrecklich wie ein Eimer eiskaltes Wasser, während einzelne Sätze im Buch plötzlich eine Regung der „Aw“-Gefühle hervorriefen – komplette emotionale Verwirrung. Wie auch der Vorgänger ist das Buch kein Jugendbuch, denn insbesondere die Sexszenen gehen an die Substanz und sprengen einige Grenzen, wenngleich man aus dem Dark Romance Genre härteres, dennoch beim LYX-Verlag doch eher seichteres gewohnt ist. Das gesamte Buch ist von Grobheit, Dunkelheit und Gewalttätigkeit geprägt.
Broken Puppet hat alles geschafft, was auch Silver Swan geschafft hat. Es ist eine absolut würdige, starke Fortsetzung, die zu jeder Zeit fesselt und entsetzt. Ich kam mir vor wie bei einem Ausflug in die Hölle, mit Bishop als Teufel hochstpersönlich. Broken Puppet ist in einigen Punkten für mich stärker, zugleich aber auch unberechenbarer gewesen. Eine Fortsetzung, die so viel Lust auf mehr macht und einen verzweifelt zurücklässt. Es ist ein Buch, welches man mit dem Gedanken „was zum Henker habe ich hier gelesen“ beendet, nur um dann verzweifelt auf den Kalender zu schauen, wann endlich Band 3 kommt. Denn am Ende steht die Erkenntnis, dass alles, was man glaubte zu wissen, falsch ist und es steht fest:
„Wie ich schon sagte, du hast ja keine Ahnung.“ (Brentley zu Madi in Broken Puppet)
[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, dass mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]