Woran ist man schuld?
Andreas Izquierdo liebt es anscheinend, eigenwillige Charaktere in seinen Romanen zum Protagonisten zu machen. So geschehen in seinem ersten Roman „Das Glücksbüro“ und jetzt wieder im vorliegenden Roman. ...
Andreas Izquierdo liebt es anscheinend, eigenwillige Charaktere in seinen Romanen zum Protagonisten zu machen. So geschehen in seinem ersten Roman „Das Glücksbüro“ und jetzt wieder im vorliegenden Roman. In ihm hadert der Postbote Walter mit sich und der Welt und macht sich bei den Menschen in seinem Umfeld, bei seiner (schon sehr lange von ihm getrennten) Familie, seinen Vorgesetzten unbeliebt. Natürlich gibt es einen Grund, der Walter so hat werden lassen. Dieser liegt in seiner Vergangenheit und belastet ihn bis zur Gegenwart mit schweren Schuldgefühlen. Am Leser ist es nun, selbst zu beurteilen, ob Walter wirklich an irgendetwas schuld ist. Ein kleiner Junge, mit dem Walter sich per Brief-/Email-Kontakt in seiner Eigenschaft als Mitarbeiter einer Christkindfiliale der Post angefreundet hat – sich als Gott ausgebend -, hat sich hierzu jedenfalls sein eigenes Urteil gebildet. Es wird also ersichtlich, dass die Geschichte es mit einem zum Nachdenken anregenden Thema zu tun hat. Das Schöne aber ist, dass darüber der Humor nicht vergessen wird. In bleibender Erinnerung wird mir die Passage (S. 95 f.) bleiben, in der der Azubi Walter seinem Vorgesetzten den Unterschied zwischen Wertsack und Wertbeutel erklären soll. Seine Erklärungen sind wahre Zungenbrecher! Das leitet sogleich dazu über zu sagen, dass der Autor sehr gute Recherchen zur Arbeit bei der Post früher und heute gemacht hat. Kleine Abschläge in der Bewertung mache ich nur deshalb, weil einige Beziehungen und Vorkommnisse etwas konstruiert erscheinen, wie etwa, dass sich der minderjährige Walter in die noch jüngere Tochter eines reichen Unternehmers verliebt, der sogleich zu seinem Förderer wird.
Ein zu empfehlender Unterhaltungsroman.