1889. Der Hamburger Kaffeehändler Johann Behmer lernt auf seiner Brasilienreise Maria da Silva kennen, die Tochter eines Kaffeeplantagenbesitzers. Marias Vater ist schwer krank, und als Frau darf sie die Plantage nicht selbst weiterführen. Deshalb nimmt sie den Heiratsantrag von Johann an und kehrt mit ihm in seine Heimat Hamburg zurück. Dort wird sie vor allem von Johanns Zwillingsbruder Alfons und dessen Frau Gertrud misstrauisch beäugt und wie eine Aussätzige behandelt. Obwohl von Geburt an mit Kaffee im Blut aufgewachsen, wird ihr auch die Mitarbeit im Kaffeegeschäft Brehmer & Söhne verweigert, was Maria vor allem ihrer missgünstigen Schwägerin Gertrud zu verdanken hat. Aber Maria lässt sich so schnell nicht unterkriegen, hält in der Speicherstadt Augen und Ohren offen und findet, wenn auch widerwillig, in ihrem Ehemann einen Verbündeten. Im Geheimen kauft sie die Plantage ihres Vaters und beginnt einen eigenen Kaffeehandel. Dann bricht der Erste Weltkrieg aus und der Handel mit Kaffee ist kaum noch möglich. Gleichzeitig muss Marie feststellen, dass ihr Ehemann durch familiäre Intrigen aus dem Geschäft gedrängt werden soll…
Anja Marschall hat mit „Der Duft von Kaffeeblüten“ den ersten Band ihrer historischen „Speicherstadttöchter“-Trilogie vorgelegt, der den Leser zu einer Reise von Brasilien nach Hamburg einlädt, um mehr über das „schwarze Gold“ zu erfahren und eine starke Frau kennenzulernen, die sich als Außenseiterin gegen persönliche Vorbehalte, Missgunst und gesellschaftliche Konventionen zur Wehr setzen muss. Der flüssige und farbenfrohe Erzählstil sowie die gute mit der Geschichte verwebte historische Kontext wirft beim Leser schnell den inneren Projektor an, um die Handlung wie einen Kinofilm im Kopf abzuspulen, während man die Lektüre regelrecht einsaugt. Die Zeitspanne zieht sich von 1889 bis 1918. Brasilianerin Maria da Silva bekommt durch ihre Heirat mit Johann in Hamburg eine neue Heimat. Doch als exotisch-anmutende Frau wird sie von ihrer Umwelt erst einmal wie ein Fremdkörper wahrgenommen. Auch der Neid und die Missgunst innerhalb Johanns Familie macht ihr zu schaffen, so dass sie mit dem Leben in Deutschland fremdelt, wenn es nicht den Kaffee gäbe. Dieser ist ihre Leidenschaft, davon versteht sie viel, auch wenn andere ihr das nicht zutrauen. Das Rollenbild der Frau war damals einzig darauf beschränkt, Ehefrau und Mutter zu sein und nicht als Geschäftsfrau tätig zu werden. Maria hat das Glück, in Johann einen sehr geduldigen Ehemann zu haben, der sie vieles gewähren lässt, auch wenn andere versuchen, einen Keil zwischen sie zu treiben. Mit farbenfrohen Beschreibungen weiß die Autorin dem Leser nicht nur die brasilianische Kaffeeplantage vor Augen zu führen, sondern auch die Stadt Hamburg, in deren Speicherstadt die Kaffeebörse damals ihren Sitz innehatte.
Die Charaktere sind lebhaft ausgestaltet und überzeugen mit glaubwürdigen Eigenheiten, so dass der Leser sich schnell in ihrer Mitte wiederfindet und ihnen bei ihrem Treiben über die Schulter schaut. Maria ist eine offene, fröhliche und starke Frau, die viel Mut beweist, kämpft und sich den Widerständen entgegenstellt. Johann und Alfons sind zwar Zwillinge, doch die Brüder sind wie Feuer und Wasser, während Johann gutmütig ist, zeichnet sich Alfons durch Falschheit aus. Gertrud, seine Frau, ist aus noch schlimmerem Holz gestrickt. Sie ist egoistisch, neidisch, missgünstig, intrigant und versprüht dabei eine Arroganz, die regelrecht abstößt und zeigt, dass edle Abstammung kein Garant für anständiges Verhalten ist.
„Der Duft von Kaffeeblüten“ ist ein sehr kurzweiliger und interessanter Ausflug ins 18./19. Jahrhundert, wo nicht nur der Besuch im alten Hamburg Spaß macht, sondern der Leser auch auf eine durchsetzungsstarke, außergewöhnliche Frau trifft, Familiengeheimnisse und Liebe inklusive. Absolute Leseempfehlung und gespannte Erwartung auf die Fortsetzung!