Ein intimer Einblick
Mit „Das glückliche Geheimnis“ lüftet Arno Geiger sein großes Lebensgeheimnis um ein regelrechtes Doppelleben, welches sich vor aller Augen und gleichzeitig abseits der Gesellschaft, an deren Rand abspielte, ...
Mit „Das glückliche Geheimnis“ lüftet Arno Geiger sein großes Lebensgeheimnis um ein regelrechtes Doppelleben, welches sich vor aller Augen und gleichzeitig abseits der Gesellschaft, an deren Rand abspielte, und bislang aus ebendiesem Grund wohl gehütet wurde. Doch nun ist es raus, die Katze ist aus dem Sack, der Schleier gelüftet: Über fast drei Jahrzehnte durchforstete der Schriftsteller regelmäßig die Wiener Altpapiercontainer auf der Suche nach Schönem, Brauchbarem, kurzum gut Verkaufbarem; wühlte kopfüber, beineraus im Müll nach papierenen Schätzen. Aus der finanziellen Not als mittelloser Student geboren, entwickelten sich diese Streifzüge schnell zu einem Quell der Glückseligkeit, zu einer Schule des Lebens, des Menschseins, und wurden auch mitnichten aufgegeben, nachdem sich der kommerzielle Erfolg als Autor mit dem Gewinn des Deutschen Buchpreises 2005 einstellte.
Ich mag Geigers schnörkellose Schreibe sehr, dessen klaren Blick, die (selbst)ironischen Töne, die Fähigkeit sich selbst und seiner Umwelt mit größtmöglicher Aufrichtigkeit und echtem Interesse zu begegnen. Er gewährt uns hier einen intimen Einblick in seinen Werdegang zum Schriftsteller, das Scheitern und Gelingen, den steten Prozess des Reifens zum Mann, des Erwachsenwerdens. Dazu gehörte auch ein recht bewegtes, kompliziertes Liebesleben, das ich in dieser Ausführlichkeit erzählt nicht gebraucht hätte, aber nun gut. Nehme ich hin, weil das Techtelmechtel von so einzigartigen, klugen Sätzen umrahmt ist, die ich ungerne verpasst hätte.
„Mich haben immer die Grauzonen angezogen, in den Grauzonen verbirgt sich das eigentlich Menschliche. In der Grauzone fordert der Mensch die Gesellschaft heraus, und in diesem Spannungsfeld entwickeln sich beide.“ S. 220