Cover-Bild Die Enkelin
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25,00
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  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 368
  • Ersterscheinung: 27.10.2021
  • ISBN: 9783257071818
Bernhard Schlink

Die Enkelin

Birgit ist zu Kaspar in den Westen geflohen, für die Liebe und die Freiheit. Erst nach ihrem Tod entdeckt er, welchen Preis sie dafür bezahlt hat. Er spürt ihrem Geheimnis nach, begegnet im Osten den Menschen, die für sie zählten, erlebt ihre Bedrückung und ihren Eigensinn. Seine Suche führt ihn zu einer völkischen Gemeinschaft auf dem Land – und zu einem jungen Mädchen, das in ihm den Großvater und in dem er die Enkelin sieht. Ihre Welten könnten nicht fremder sein. Er ringt um sie.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.10.2021

Konfliktreiches Drama

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Nachdem seine Frau Birgit verstirbt, sichtet Kaspar ihren Nachlass. Er stößt auf Aufzeichnungen von ihr, die ihre innersten Geheimnisse offenbaren: Birgit bekam vor ihrer Beziehung zu Kaspar ein Kind und ...

Nachdem seine Frau Birgit verstirbt, sichtet Kaspar ihren Nachlass. Er stößt auf Aufzeichnungen von ihr, die ihre innersten Geheimnisse offenbaren: Birgit bekam vor ihrer Beziehung zu Kaspar ein Kind und gab es weg. Sie hatte nach vielen Jahren versucht, ihre Tochter wiederzufinden, war jedoch bis zu ihrem Tod erfolglos geblieben. Also übernimmt Kaspar diese Aufgabe und findet nicht nur Svenja, Birgits Tochter, sondern auch deren 14-jährige Tochter Sigrun.

Bernhard Schlink ist mit "Die Enkelin" ein weiteres Drama gelungen, das so voller Konflikte ist, dass es mich als Leserin von der ersten Seite an mitnehmen konnte. Schlinks Schreibstil ist auf hohem Sprachniveau, die Stimmung beinahe durchweg melancholisch.
Der Roman ist in drei Abschnitte gegliedert, wobei der letzte der deutlich kürzere ist. Im ersten dagegen beschreibt der Autor die Geschichte rund um Kaspars und Birgits Vergangenheit und später im Detail Birgits Aufzeichnungen.
Die Figuren sind sehr komplex und spannend gestaltet, man spürt förmlich Kaspars Zerrissenheit nach dem Tod seiner geliebten Frau. Einerseits ist seine Trauer so stark, andererseits ist er verletzt, weil er so vieles seiner Frau gar nicht wusste. Dass er ihre Suche nach der Tochter fortsetzt, macht daher nur Sinn, er möchte Birgit und ihre Geheimnisse besser verstehen. Er sucht aber auch nach etwas, woran er sich klammern kann und findet dies in Sigrun, die er sofort als Enkelin sieht, die ihn aber genauso als Großvater bezeichnet.
Sigrun wächst jedoch in einer Ideologie auf, die Kaspar nur schwer aushalten kann. Hier gelingt es Schlink, die Beziehung zwischen den Figuren mit viel Feingefühl auszugestalten, ohne dass es belehrend wirkt.

Insgesamt ist dies ein herausstechender Roman in wunderschöner Sprache, der voller Konflikte ist und den Leser sofort mitreißen kann. Ich ziehe dennoch einen Stern ab, da die Geschichte insbesondere im ersten Abschnitt teilweise zu viele Längen hatte. Auch die Entwicklung im letzten Abschnitt erscheint zwar logisch, hat mir jedoch nicht ganz gefallen. Trotzdem gibt es auf jeden Fall eine Empfehlung von mir.

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Veröffentlicht am 26.10.2021

Der Großvater

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Inhalt:
Kaspar findet seine Ehefrau Birgit tot in der Badewanne. Sie war Alkoholikerin, hat einen tief begrabenen Schmerz mit der Sucht betäubt. Jahrzehnte ihres Lebens haben die beiden miteinander verbracht ...

Inhalt:
Kaspar findet seine Ehefrau Birgit tot in der Badewanne. Sie war Alkoholikerin, hat einen tief begrabenen Schmerz mit der Sucht betäubt. Jahrzehnte ihres Lebens haben die beiden miteinander verbracht und doch ist Birgit Kaspar ein Stück weit fremd geblieben. Erst nach ihrem Tod erfährt er von der Vergangenheit, die sie einst im Osten zurückgelassen hat. Ohne sie muss er sich auf eine Spurensuche begeben.

Meine Meinung:

Bernhard Schlink ist ein fantastischer Autor, der genau weiß, wie man eine Geschichte erzählt. Ich mag seine Sprache und die eindrücklichen Bilder, die er von seinen Figuren zeichnet. Das beginnt schon auf den ersten Seiten mit Birgits Tod.
„Die Enkelin“ ist eine deutsch-deutsche Geschichte über Schuld und den Wert von Familie. Aber eben nicht nur das. Es ist auch ein hochaktuelles Buch, das es schafft eine Verbindung zwischen ostdeutscher Vergangenheit und Gegenwart herzustellen. Auf seinem Weg Birgits Vergangenheit aufzuarbeiten wird Kaspar immer wieder dazu gezwungen sich für teils extreme Perspektiven und Weltanschauungen zu öffnen, die nicht seiner eigenen entsprechen. Diese Annäherung und die damit einhergehenden Differenzen stellt der Autor sehr einfühlsam dar. Auch wenn dem Titel nach, die Beziehung zwischen Kaspar und seiner Enkelin eine zentrale Rolle im Buch einnimmt, ist eigentlich der Großvater die Kernfigur.
Die Geschichte ist in drei Teile gegliedert. Schlink schafft es durchgängig einen gewissen Spannungsbogen aufrechtzuerhalten. Dabei werden unterschiedliche Zeit- und Handlungsebenen nacherzählt, sodass ein allumfassendes, vielschichtiges Bild des Konflikts entsteht.
Trotz der politischen Problematik, die das Fundament der Geschichte bildet, schafft es der Autor sie weitergehend wertfrei zu erzählen. „Die Enkelin“ überlässt es dem Leser selbst sich ein Bild über die Protagonisten zu machen. Das schafft Bernhard Schlink, indem er mit Kaspar einen Mann gezeichnet hat, der sich sehr darum bemüht, die Dinge um ihn herum, in ihrem Wesen zu akzeptieren und zu verstehen. Das hat ihn für mich sehr sympathisch gemacht.
Ich habe das Buch sehr sehr gerne gelesen.

Fazit:

Ein Buch, das nicht nur seinen Protagonisten, sondern auch Leserinnen und Leser herausfordert, zum Nachdenken anregt und Bewusstsein für scheinbar fremdartige Lebensentwürfe schafft, ohne zu werten oder zu belehren.

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Veröffentlicht am 09.10.2021

Interessanter Geschichtsabriss

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Einen interessanten Geschichtsabriß, den Bernhard Schlink hier ausbreitet, bei dem allerdings der Titel des Buches - 'Die Enkelin' - irreführend ist. So geht es in der Geschichte keineswegs in erster Linie ...

Einen interessanten Geschichtsabriß, den Bernhard Schlink hier ausbreitet, bei dem allerdings der Titel des Buches - 'Die Enkelin' - irreführend ist. So geht es in der Geschichte keineswegs in erster Linie um eine Enkelin. Der eigentliche Protagonist Kaspar wird durch den plötzlichen Tod seiner Frau und eines von ihr verfassten Manuskriptes animiert, sich mit ihrer Vergangenheit auseinander zu setzen. Diese Schatten reichen über die DDR bis in die heutige Zeit und bis in die völkische Bewegung.
Erzählt wird in drei Abschnitten, die ihre eigenen Fragen aufwerfen, was die Handlungen und möglichen Handlungen der Personen aufwerfen. Wie weit kennt man jemand, mit dem man lebte wirklich? Wie weit mische ich mich in das Leben der anderen ein? Was macht Geschichte mit uns? Zerstören alte Handlungen auch noch in der Gegenwart das Leben von Personen?
Nein, für mich regt das Buch zum Nachdenken nicht nur über die Enkelin an. Sondern vor allem auch über Kaspar. Warum handelt er, wie er handelt? Was geht ihn das alles an? Hinter Kaspars wirkliche Motivation bin ich nicht befriedigend gekommen. Auch hat das Buch ein offenes Ende und einige lose Fäden werden nicht verknüpft.
Ja, es ist ein interessantes Buch, von dem ich mir auf Grund der Leseprobe aber etwas mehr versprochen hatte. Doch nichts desto trotz ist es lesenswert.

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Veröffentlicht am 27.12.2021

Ein folgenschweres Geheimnis

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Im Mai 1964 beginnt beim Pfingsttreffen der deutschen Jugend in Ostberlin eine Liebe, die es aus Sicht der DDR-Funktionäre nicht hätte geben dürfen. Kaspar Wettner, Geschichts- und Germanistikstudent aus ...

Im Mai 1964 beginnt beim Pfingsttreffen der deutschen Jugend in Ostberlin eine Liebe, die es aus Sicht der DDR-Funktionäre nicht hätte geben dürfen. Kaspar Wettner, Geschichts- und Germanistikstudent aus Westberlin, verliebt sich in Birgit, eine ostdeutsche Ökonomiestudentin. Während Kaspar Birgits Flucht in den Westen plant, ahnt er nichts von ihrem Geheimnis, das wie ein Schatten auf ihrer etwa 50 Jahre währenden, keineswegs unglücklichen Ehe lasten wird:

"Es hatte zwischen ihnen bei aller Nähe eine tiefe Distanz gegeben, er hatte sie mehr geliebt als sie ihn, sie hatte sich finden wollen und war ohne ihn auf die Suche gegangen, sie hatte Geheimnisse vor ihm gehabt, hatte mit anderen Männern geschlafen, hatte vieles angefangen und wenig vollendet – na und? Tiefdrinnen und tiefdrunten hatte er nicht alles gewusst, aber doch, dass sie sich nie ganz geben konnte und dass er sie nie ganz hatte." (S. 132)

Erster Teil: Ein deutsch-deutscher Eheroman
Der Roman "Die Enkelin" von Bernhard Schlink beginnt mit dem Abend, an dem der 71-jährige Berliner Buchhändler Kaspar seine alkoholkranke, depressive Frau Birgit tot in der Badewanne findet. Von einem Verleger nach Birgits Romanmanuskript gefragt, macht er sich auf die Suche und findet wenige Seiten, die ihm, der immer weggesehen hat, um seine Frau nicht zu verlieren, den Grund für Birgits Ruhe- und "Ortslosigkeit" enthüllen. Um seine Trauer zu betäuben, will er vollenden, wozu sie nicht den Mut hatte: die Suche nach ihrer in der DDR zurückgelassenen Tochter Svenja.

Zweiter und dritter Teil: Die neue Rechte
Nach erstaunlich glatt verlaufenden Recherchen findet Kaspar nicht nur die mit einem Neo-Nazi in einem völkischen Dorf in Mecklenburg lebende Svenja und erfährt deren dramatisch verlaufene Lebensgeschichte, sondern auch die von der rechtsnationalen Ideologie durchdrungene Enkelin Sigrun. Mit schier endlosem Verständnis und voller Vertrauen in die heilende Kraft von Kunst, Literatur und besonders Musik beginnt Kaspar, Sigrun behutsam Alternativen zur völkischen Gesinnung nahezubringen.

Wenn die Latte zu hoch hängt
Auf neue Romane von Bernhard Schlink freue ich mich vor allem wegen des immer gut gewählten und recherchierten historischen Bezugs. Entsprechend waren meine Erwartungen groß, erfüllten sich jedoch dieses Mal nur teilweise, obwohl der zeitgeschichtliche Hintergrund wieder ausgesprochen erhellend ist, sowohl hinsichtlich der deutsch-deutschen Frage als auch der mir bisher unbekannten, kurios anmutenden völkischen Gemeinschaften. Bedauerlicherweise ist jedoch der Brückenschlag zwischen beiden Themen zu konstruiert und die schablonenhaften, seltsam emotionslos agierenden Figuren wurden vor meinen Augen nie lebendig, seien es der bis zur Unglaubwürdigkeit gutmütige, duldsame Schöngeist Kaspar, die in ihrer Rastlosigkeit überzeichnete Birgit, Sigruns klischeehafte Nazieltern, die ihre Tochter aus finanziellen Erwägungen bedenkenlos wochenweise einem Wildfremden mit völlig konträren Ansichten überlassen oder Sigrun selbst, die zwar in ihrer rechten Verblendung, nicht jedoch als Teenagerin an einer normalen Schule glaubhaft ist. Sowohl die steifen Dialoge mit einem Hang ins Didaktische als auch Kaspars mit rhetorischen Fragen gespickte innere Monologe gingen mir auf die Nerven. Positiv überrascht hat mich dagegen das Ende, das glücklicherweise ohne Rührseligkeit auskommt.

"Die Enkelin" wird mir nicht so im Gedächtnis bleiben, wie es die zweifellos interessanten Themen verdient hätten. Das ist schade, denn Bernhard Schlink kann es besser.

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Veröffentlicht am 11.12.2021

Vielschichtig

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Mitte der 60ger Jahre lernt der Westberliner Student Kaspar bei einem Pfingstjugendtreffen die Ostberliner Studentin Birgit kennen und verliebt sich in sie. Er ist bereit für sie in den Osten zu gehen, ...

Mitte der 60ger Jahre lernt der Westberliner Student Kaspar bei einem Pfingstjugendtreffen die Ostberliner Studentin Birgit kennen und verliebt sich in sie. Er ist bereit für sie in den Osten zu gehen, doch Birgit will die Freiheit des Westens erleben und so verhilft Kaspar ihr zur Flucht.

Sie leben ein gemeinsames, nicht immer einfaches Leben, geprägt durch Birgits Alkoholsucht und Unstetigkeit, das durch Birgits Tod, vielleicht sogar ein Suizid, endet. Erst jetzt erfährt Kaspar aus Birgits Aufzeichnungen, dass sie damals ein Kind in der DDR zurückgelassen hatte und nicht mehr die Energie aufbrachte, nach der Tochter zu suchen. Auch spürt er, dass es viele Leerstellen in ihrem gemeinsamen Leben gab, vielleicht ahnte er es und wollte es doch nicht wahrhaben.

Kaspar beginnt nach der Tochter zu suchen und macht sie und gleich auch noch eine Enkelin ausfindig. Aber Svenja und ihre Tochter Sigrun leben in einer völkischen Gemeinschaft, am tiefbraunen, rechten Rand unserer Gesellschaft. Unter dem Deckmantel von dörflichen Gemeinschaften, die ökologisch und auf althergebrachte Weise Landbau betreiben wollen, breitet sich diese Szene vor allem in den von Landflucht betroffenen Dörfern der ehemaligen DDR aus.

Wie kann Kaspar eine Verbindung zu seiner Stiefenkelin aufbauen ohne seine Werte zu verraten?

Es ist eigentlich ein Generationenroman um die drei Frauen, gleichzeitig auch eine Geschichte der unterschiedlichen deutschen Staaten und umfasst auch ganz aktuell die rechten Strömungen.

Schlink hat sich in seinem Buch schwierigen Themen auf eine sensible Weise angenähert. Auch wenn mir seine Figuren nicht immer realistisch erschienen – Kaspar blieb mir in seinen Gedanken und Handlungen weitgehend unverständlich – hat mich sein Roman immer wieder mitgenommen. Die Dialoge scheinen nicht unbedingt die Stärke des Autors zu sein. Sie wirken hölzern und besonders die Gespräche Kaspars mit Enkelin Sigrun geraten schon mal unfreiwillig komisch. Außerdem greift Schlink häufig zu Zufällen um seine Geschichte voranzutreiben.

War mir der erste Teil im Erzählton noch sehr kühl erschienen, hat mir der weitere Verlauf besser gefallen. Dennoch hat mich das neue Buch des Autors nicht völlig überzeugen können.

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