Cover-Bild Sekunden der Gnade
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22,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Sonstiges
  • Genre: Krimis & Thriller / Sonstige Spannungsromane
  • Ersterscheinung: 23.08.2023
  • ISBN: 9783257613988
Dennis Lehane

Sekunden der Gnade

Malte Krutzsch (Übersetzer)

Boston, 1974. Die Stadt kocht. Künftig sollen schwarze Kinder mit Bussen in weiße Schulen gebracht werden und vice versa. Angst geht um und Hass. Eines Nachts kehrt Mary Pat Fennessys 17-jährige Tochter Jules nicht nach Hause zurück. Mary Pat beginnt Fragen zu stellen, stößt auf Schweigen und Widersprüche, bis sie versteht: Man hat ihr das Letzte genommen, was ihr in dieser Welt Halt gab. Außer sich vor Schmerz macht sie sich auf, um Rache zu nehmen an den Verantwortlichen – und um ihre eigene Schuld abzutragen. Um jeden Preis.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.08.2023

Ungeschönt und unnachgiebig

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Sekunden der Gnade ist ein Roman, bei dem ich fürchte, dass er nicht die Anerkennung bekommen wird, die er verdient. Das eher abgedroschen wirkende Cover tut dem Buch wirklich keinen Gefallen.

Der Roman ...

Sekunden der Gnade ist ein Roman, bei dem ich fürchte, dass er nicht die Anerkennung bekommen wird, die er verdient. Das eher abgedroschen wirkende Cover tut dem Buch wirklich keinen Gefallen.

Der Roman erzählt eine Geschichte, die 1972 in Boston spielt und von Rassismus, Gewalt und Macht handelt. Die Hauptprotagonistin, Mary Pat, sucht ihre Tochter Jules, die anscheinend in den Tod eines jungen Farbigen verwickelt war. Was als Suche nach der Tochter beginnt, endet in einem Rachefeldzug, bei dem immer klarer wird, dass die Hautfarbe nicht der tatsächliche Unterschied zwischen den Menschen in Boston ist, sondern das Gefälle von Macht und die Diskrepanz zwischen Arm und Reich Menschen gegeneinander aufhetzen.

Sekunden der Gnade ist beeindruckend gut geschrieben und lässt uns an der Welt vergangener Tage teilnehmen, um Probleme der heutigen Zeit klarer sehen zu können.

Veröffentlicht am 25.08.2023

Was für ein gewaltiges Buch!

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!ein Lesehighlight 2023!



Klappentext:

„Boston, 1974. Die Stadt kocht. Künftig sollen schwarze Kinder mit Bussen in weiße Schulen gebracht werden und vice versa. Angst geht um und Hass. Eines Nachts ...

!ein Lesehighlight 2023!



Klappentext:

„Boston, 1974. Die Stadt kocht. Künftig sollen schwarze Kinder mit Bussen in weiße Schulen gebracht werden und vice versa. Angst geht um und Hass. Eines Nachts kehrt Mary Pat Fennessys 17-jährige Tochter Jules nicht nach Hause zurück. Mary Pat beginnt Fragen zu stellen, stößt auf Schweigen und Widersprüche, bis sie versteht: Man hat ihr das Letzte genommen, was ihr in dieser Welt Halt gab. Außer sich vor Schmerz macht sie sich auf, um Rache zu nehmen an den Verantwortlichen – und um ihre eigene Schuld abzutragen. Um jeden Preis.“



Dieses Mal mein Fazit zuerst: Dieses Buch ist wieder Mal ein typischer Lehane! Seine Geschichte „Sekunden der Gnade“ ist äußerst atmosphärisch und im höchsten Maße emotional. Ein grandioses Buch! 5 Sterne hierfür!

Autor Dennis Lehane hat mit seiner aktuellen Story definitiv keine leichte Kost seinen Lesern beschert. Wer Dehane und seinen Schreibstil kennt, weiß das aber auch. In dieser Story bewegen wir uns in Boston in den anfänglichen 1970 Jahren. Schwarze und Weiße, Rassentrennung sind in den Adern der Menschen fest eingebrannt aber genau das soll sich nun ändern. Die Schulkinder, egal welcher Hautfarbe, sollen gemeinsam in den Schulbussen sitzen. Nun ist endgültig das Pulverfass entzündet! Klüfte tun sich auf, Meinungen werden hinaus geschrien und Rechte wollen verteidigt werden. Allein diese Zeitendarstellung ist Lehane grandios gelungen. Man spürt durch das Buch die beiden Lager aufbrodeln, möchte am liebsten selbst Partei ergreifen, möchte allen am liebsten ins Gewissen reden aber wir sind nur die stille Leserschaft dieser Zeilen. Wir werden des Weiteren mit dem Mutter-Tochter-Gespann Mary Pat (eine äußerst harte Frau in meinen Augen, die keineswegs Ängste scheut) und Jules (in einem Alter, in dem man mit einer gewissen jugendlichen, vielleicht naiven Weitsicht manchmal mehr sieht als die Erwachsenen zu sehen glauben) Fennessys betraut. Um hier im farblichen Spektrum zu bleiben: sie wohnen im weißen Viertel und dieses ist mit den Vorbereitung von Demonstrationen etc. gegen die schwarze Bevölkerung beschäftigt. Lehane führt uns Leser hier wie über ein Schachbrett. Fragt sich nur welche Farbe gewinnt?! Seine Züge in der Geschichte sind bestens austariert und genau beschrieben. Er zeigt dem Leser beide Seiten auf, ist keineswegs wertend und schreit mit jedem verfasstem Wort die Probleme von Damals in das Hier und Jetzt hinaus. Diese sind voller Wut, voller Ärger und auch Hass. Ja, Rassendiskriminierung ist leider noch immer aktuell und es scheint nirgend auf der Welt ein Ende dazu in Sicht zu sein. Egal ob Hautfarbe oder Religion ode sonst etwas. Kurzum: Lehans Geschichte hat an Aktualität keinen Millimeter verloren! Mary Pats Tochter ist verschwunden und wir müssen vom schlimmsten ausgehen - aber lesen Sie selbst. Mary Pat versucht schlussendlich alles um an die Gerechtigkeit zu glauben, nur ist das wirklich die Wahrheit? Das Buch ist jede Seite, jedes Wort wert gelesen zu werden! Es fesselt, es beschäftigt, es rüttelt auf und es hallt im unglaublichen Sinne nach!

Veröffentlicht am 22.08.2023

Aufwühlend und richtig gut

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"Es gibt ein altes Sprichwort: Wenn man jemandem alles nimmt, hat er nichts mehr zu verlieren." (Anhang zum Buch, Interview mit Dennis Lehane)

Die irischstämmige Mary Pat lebt mit ihrer Tochter Jules ...

"Es gibt ein altes Sprichwort: Wenn man jemandem alles nimmt, hat er nichts mehr zu verlieren." (Anhang zum Buch, Interview mit Dennis Lehane)

Die irischstämmige Mary Pat lebt mit ihrer Tochter Jules (17) in South Boston. Es ist Sommer 1974, und die Bustransfers, die der Rassentrennung entgegenwirken und Schüler aus mehrheitlich weißen Stadtteilen in Schulen mit überwiegend farbigen Schülern bringen sollen und umgekehrt, sorgen für Aufregung. Der Widerstand ist groß, auch Mary Pat engagiert sich darin. Eines Abends geht Jules mit Freunden aus und kehrt nicht nach Hause zurück. Mary Pat macht sich auf die Suche nach ihrer Tochter und stößt auf eine Mauer des Schweigens. Nach dem Tod ihres Sohnes Noel ist Jules das einzige, das Mary Pat im Leben geblieben ist, und sie setzt alles daran zu erfahren, was in dieser Nacht passiert ist. Koste es, was es wolle.

Dennis Lehane hätte es sich leicht machen und eine Geschichte aus der Sicht einer farbigen Familie oder einer nicht rassistischen weißen Familie erzählen können, doch er wählt mit Mary Pat und ihrem Umfeld in South Boston eine rassistische Protagonistin mit kurzer Zündschnur, die den Leser/die Leserin herausfordert. Sehr eindrucksvoll beschreibt Lehane die sozialen Strukturen im Stadtteil South Boston, der überwiegend von der ärmeren weißen Arbeiterklasse irischer Abstammung bewohnt wird. Man kennt sich seit Generationen, man hilft sich gegenseitig und hält zusammen. Der Polizei und der Obrigkeit begegnet man mit Misstrauen, für Ordnung sorgen gewachsene Clanstrukturen. Solange man sich an die ungeschriebenen Gesetze der Gemeinschaft hält, ist man auf der sicheren Seite, wer ausbricht, wird geächtet, wer den Clans in die Quere kommt, aus dem Weg geräumt.

Schreibstil und Sprache geben die aufgeheizte, explosive Stimmung im Vorfeld der Bustransfers deutlich wieder und unterstreichen Mary Pats Temperament, die auf ihrem Rachefeldzug vor nichts und niemandem Halt macht. Besonders positiv fand ich die nüchterne, klare Erzählweise, die auf lange Showdowns und Pathos verzichtet.

Mich hat die Geschichte bis zum Schluß gefesselt, und ich habe parallel zum Buch einiges zu den Bustransfers und den damit verbundenen Aufständen nachgelesen. Dass diese Transfers in Boston bis 2013 existierten und über viele Jahre zu Unruhen führten, insbesondere in South Boston, wusste ich bisher nicht. Lehane ist es hervorragend gelungen, die historischen Ereignisse und eigene Erinnerungen mit einer spannenden und aufwühlenden fiktiven Geschichte zu verbinden, die tiefe Einblicke in die zerrissene amerikanische Gesellschaft der 1970er Jahre bietet.

Aufgrund der Thematik, einiger gewalttätiger Szenen und des düsteren Settings ist das Buch sicher keine einfache Kost. Wer sich jedoch hierauf einlässt, kann einen echten Ausnahmeroman entdecken, den ich unbedingt weiterempfehlen möchte.




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Veröffentlicht am 02.08.2023

Small Mercies

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„Mary Pat zuckt die Achseln. Die Zeit zum Reden ist vorbei. Sie dreht sich um und geht durch die Menschenmenge hindurch, die sich vor jedem ihrer Schritte teilt.“

Shutter Island gehört zu meinen ...

„Mary Pat zuckt die Achseln. Die Zeit zum Reden ist vorbei. Sie dreht sich um und geht durch die Menschenmenge hindurch, die sich vor jedem ihrer Schritte teilt.“

Shutter Island gehört zu meinen All - Time - Favourites, und auch Lehanes neuester Coup kann sich sehen lassen. 1974, Boston: Es ist die Zeit, da contra Segregation das busing eingeführt wurde, was zu Rassenunruhen, Protesten und Gewalt führte. Doch auch die US - Drogenkrise der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts spielt eine Rolle und es wird die Wirtschafts – und Sozialgeschichte der Vereinigten Staaten tangiert.

Worum geht’s?
Mary Pat Fennessys schlimmster Alptraum wird wahr, als ihre siebzehnjährige Tochter Jules eines Tages nicht mehr nach Hause kommt. Mary Pat kann das nicht akzeptieren – sind es etwa ihre eigenen Schuldgefühle, die sie antreiben? Die Protagonistin schwört blutige Rache. Bei ihrer Suche stößt sie auf ein Netz aus Lügen und Intrigen und sticht in ein Wespennest…
„Sekunden der Gnade“ liest sich extrem gut, obwohl der Roman relativ dialoglastig ist. Die spannende Handlung wird in einen historischen Kontext eingebettet, der als Katalysator für den Plot dient. Die nuancierte Figurenzeichnung gefiel mir besonders gut, die Protagonisten sind nicht unbedingt sympathisch; überhaupt lebt die Geschichte von der Ambivalenz. Es ist mutig, dass der Autor auch das N – Wort gebraucht und damit eine bestimmte Atmosphäre evoziert, die den Hass und die Hysterie der damaligen Zeit illustriert. Als Leser darf man sich an Beleidigungen und Schmähungen nicht stören, da diese nicht die Ansicht des Autors spiegeln, sondern ein gewisses Mindset, welches die Story authentisch wirken lässt. „Sekunden der Gnade“ ist zugleich Gesellschaftskritik und Psychogramm, ein Drama mit Ansage und ein historischer Krimi, der es in sich hat. Zwei Welten prallen aufeinander, als die irische Community Bostons und die afroamerikanischen Bürger gegeneinander ausgespielt werden.
Bei Lehane gibt es keine Schwarzweißmalerei, der Verlauf der story ist nicht unbedingt vorhersehbar, da er mit ‚doppelten Böden‘ und mehreren Ebenen arbeitet. Die Auflösung überrascht.

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Veröffentlicht am 30.07.2023

Wut Schmerz Zorn

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Mary Pet Fennessy vermisst ihre Tochter. Die 17-jährige Jules kommt eines Abends nicht nach Hause.
Es ist die Zeit, in der an Bostoner Schulen die Rassentrennung aufgehoben werden soll. Kinder ...

Mary Pet Fennessy vermisst ihre Tochter. Die 17-jährige Jules kommt eines Abends nicht nach Hause.
Es ist die Zeit, in der an Bostoner Schulen die Rassentrennung aufgehoben werden soll. Kinder aus vorwiegend schwarzen Stadtvierteln werden in Schulen mit vorwiegend weißen Vierteln gebracht und andersherum. Das bringt die weiße Bevölkerung in Rage und auf die Barrikaden. Als ein farbiger Junge regelrecht hingerichtet wird, nimmt die Gewalt in der Stadt zu. Zudem regiert hier ein Klüngel aus Drogen- und Waffenhändlern und schafft Wut, Schmerz und Zorn, auch bei Mary Pet. Es kann nicht sein, dass ihre Tochter Jules mit dem Tod des Jungen in Verbindung steht. Neben der Trauer wächst der Sinn nach Rache.
Dennis Lehane hat die Zeit um 1974 mit den Unruhen in Boston als 9-jähriger selbst erlebt.
Mit " Sekunden der Gnade" ist ihm ein einzigartiges Buch mit tollem Spannungsaufbau gelungen.