Rückzugsort einer Familie aus der realen Welt
Der Sommersitz auf Ashaunt an der Küste Neuenglands ist für die gut situierte Familie Porter ein wichtiger Rückzugsort. Hier trifft sich die Familie jeden Sommer für viele Wochen und lässt den Alltag hinter ...
Der Sommersitz auf Ashaunt an der Küste Neuenglands ist für die gut situierte Familie Porter ein wichtiger Rückzugsort. Hier trifft sich die Familie jeden Sommer für viele Wochen und lässt den Alltag hinter sich. Im Jahr 1942 macht der Krieg aber auch hier Station und beeinflusst nachhaltig das Leben der Porters. Über 50 Jahre und Generationen hinweg bleibt der Küstenort Mittelpunkt ihres Sommers.
Elizabeth Graver ist es gelungen, einen Generationenroman mit einer eindrucksvollen Leichtigkeit zu schreiben. Unterteilt in vier Zeitabschnitte mit wechselnden Perspektiven und Erzählstilen, die jeweils einem Protagonisten gewidmet sind, erlebt man die Sommer auf Ashaunt. Nicht jeder Abschnitt ist flüssig zu lesen und es bedarf an manchen Stellen hoher Aufmerksamkeit, um den Passagen folgen zu können. Vieles wird nur angedeutet, bleibt im Raum stehen. Lässt dem Leser dadurch aber auch Raum für eigene Gedanken. Desto länger man liest, um so mehr wird man in die Geschichte hineingezogen, genießt das Geschehen.
Der Einstieg im Jahr 1942 beginnt mit Bea, dem schottischen Kindermädchen. Ihre Geschichte steht stellvertretend für viele Auswanderer, die ihre Heimat aus Not verlassen mussten. Sie schildert die Begegnungen mit den stationierten Soldaten, das Verhältnis der Mutter zu den Kindern, die Freiheit des Sommers.
Von 1947 bis 1961 erzählt Helen in Briefen und Tagebucheinträgen ihre Erlebnisse. Sie ist zerrissen zwischen Familienleben und Lehrbegierigkeit. Es gibt wenig Handlung und viele Gedankensprünge. Dieser Abschnitt ist für mich der einzige Schatten in der Erzählung und konnte mich nicht abholen.
"Sie hat eine Menge Energie damit verschwendet, zu viel von sich und allen anderen zu erwarten.“
1970 wird Charlies Aufenthalt in Ashaunt beschrieben. Anders als alle anderen Familienmitglieder zieht er es vor, dauerhaft in einer kleinen Hütte neben dem Haupthaus zu leben. Er scheint sich selbst zu zerstören, droht zu verwahrlosen. Ein wichtiger Punkt ist hier wohl Helen, seine Mutter, die ihn überbehütet und zu hohe Erwartungen an ihn gestellt hat.
1999 schließt sich der Kreis und Beas Weg beendet sehr gefühlvoll, leise und bewegend die Geschichte.
Das Gefühl, das ich beim Lesen hatte, ist schwer in Worte zu fassen. Für mich war es eine Auszeit aus dem Alltag, eine Reise an einen besonderen Ort. Mir hat dieses Familienepos mit vielen berührenden Momenten, einem Hauch Melancholie und Lebenshoffnung sehr gefallen.