Gehen oder bleiben?
Roberta kehrt 1971 nach drei Jahren Abwesenheit nach Hause in ein kleines Dorf in Süddeutschland zurück, das sie für eine Schneiderlehre in der Stadt verlassen hat. Hier gehört sie hin, wird eines Tages ...
Roberta kehrt 1971 nach drei Jahren Abwesenheit nach Hause in ein kleines Dorf in Süddeutschland zurück, das sie für eine Schneiderlehre in der Stadt verlassen hat. Hier gehört sie hin, wird eines Tages den elterlichen Bauernhof übernehmen und Bäuerin sein. Wilhelm, der Pfarrerssohn und Freund aus Kindertagen, ist noch da, in den folgenden Tagen und Wochen kommen sich beide näher und verlieben sich. Gertrud, Wilhelms Mutter, ist nie warm geworden mit dem Landleben. Ihrem Sohn wünscht sie nach dem Studium ein Leben außerhalb. Bald schon steht Roberta vor einer Entscheidung, die ihr Leben für immer verändern wird.
»Er lachte auch. Wie frei es aussah, wie schön. Wenn nicht in ihn, in sein Lachen hätte sie sich immer verlieben können. Manchmal kam es ihr vor, als wäre es die ganze Kindheit und Jugend so gewesen, und sie hatte es nur nicht gemerkt. Für einen Augenblick lastete es nicht auf ihr, worüber sie gleich reden musste. Für einen Augenblick sah es so aus, als könnte alles leicht ausgehen.« (Seite 233)
Roberta und Gertrud, wie unterschiedlich können Frauen sein. Die eine tief verwurzelt, mit einer großen Verbindung fürs Daheim und der Verantwortung, die sie bindet, egal ob da eine Sehnsucht ist oder nicht. Die andere seit Jahren im Wartemodus verharrend, unzufrieden und unglücklich, nie angekommen und permanent auf der Suche nach einem Ausweg, der sie herausführt aus der Enge des Dorflebens. Zwei Charaktere, die unterschiedlicher könnten nicht sein, deren Wege parallel laufen, ohne dass eine der beiden ahnen würde, es könnte vielleicht anders sein.
Die erste Hälfte des Buches war ruhig, Ewald Arenz ließ sich und der Entwicklung der Charaktere viel Zeit. Wahrscheinlich hat es deshalb ein wenig gedauert, bis ich angekommen bin in der Geschichte, bis der Zauber der Erzählung griff, dann aber zog es mich plötzlich rein. Ich habe nicht erwartet, welche Wendung die Geschichte genommen hat, war erschüttert und traurig, habe mitgelitten, geweint, tat mich schwer zu akzeptieren, welches Schicksal sich der Autor ausgedacht hat. Einfühlsam und emphatisch führte Ewald Arenz zu Ende, was er begann. Er zeigte im Buch, dass Glück und Unglück, Freude und Leid, sehr nah beieinander liegen und man dennoch immer irgendwo etwas Schönes finden kann, das Hoffnung gibt. Lest unbedingt mal rein!