Fredrik Backman´s Bücher sind meiner Meinung sehr unterschiedlich ausgefallen. "Ein Mann namens Ove" und "Britt-Marie war hier" sind amüsante Romane mit schrulligen Protagonisten und haben mir gefallen. "Oma lässt grüßen und sagt es tut ihr leid" mochte ich hingegen gar nicht. "Kleine Stadt der großen Träume", Teil 1 der "Beartown-Reihe", war bereits anders und hat von mir die volle 5 Sterne-Anzahl bekommen. Die Geschichte war gesellschaftskritisch und bot vorallem eine unvergleichliche Atmosphäre. Zusätzlich hat mir Backman noch das Eishockey näher gebracht.
Kaum hatte ich die ersten des neuen Buches Seiten gelesen, fühlte ich mich wieder in Björnstadt angekommen. Wer Teil Eins nicht kennt, sollte keinerlei Schwierigkeiten haben in den Roman zu finden, denn der Autor geht auf die wichtigsten Ereignisse nochmals ein. Und wer tatsächlich einiges vergessen hat, der wird sich sehr bald wieder an viele Begebenheiten zurückerinnern....
In der Fortsetzung wird es um einiges bedrückender. Nach den schrecklichen Zwischenfällen im ersten Band wollen die Menschen in Björnstadt wieder zusammenfinden, doch dann soll der Eishockey-Club geschlossen werden. Eine Katastrophe, wo doch der Eishockeysport für die Menschen in der kleinen Stadt das Lebensexelir ist. Obwohl ich noch immer kein Eishockeyfan bin, fand ich das Thema, welches sich wieder wie der rote Faden durch die Geschichte zieht, auch diesmal wieder spannend erzählt. Denn eigentlich bewirkt der Autor mit seinem Roman etwas ganz anderes: Es geht es um das Zwischenmenschliche. Obwohl Backman die Handlungen aus großer Distanz beleuchtet, sind es keine aufeinanderfolgenden Geschehnisse, sondern man lebt mit allen Figuren mit. Man verspürt genauso Wut, Trauer, Hass, Verzweiflung, Vergebung, Mut und Liebe. Und genau das kann Fredrik Backman so lebendig und gefühlvoll beschreiben, dass man sich nicht als Beobachter fühlt, sondern einfach mit den Figuren alles durchlebt, was in der Kleinstadt passiert. Da wird gemobbt, gekämpft, geschmiert und getrauert.
Die komplexe Handlung ist keine leichte Kost und die tragischen Augenblicke überlagern den Roman. Trotzdem konnte mich die Geschichte wieder emotional packen. Die schnellen Perspektivwechsel und einige Cliffhanger lassen einem das Buch kaum aus der Hand legen.
Trotz der vielen Charaktere hat man keine Probleme diese auseinander zu halten oder das Gefühl zu haben, man wäre auf zu vielen "Baustellen". Viele Figuren kennt man bereits aus dem ersten Band, wie Maya, Peter, Ana, Bobo, Amat oder Benji. Zwei sehr facettenreiche Neuzugänge sind Elisabeth Zackell, die neue Trainerin und der schmierige Politiker Richard Theo. Konfliktsituationen sind somit vorprogrammiert.
Hass und Gewalt dominieren in vielen Teilen und verbreiten manchmal auch eine Hoffnungslosigkeit, die die Stimmung öfters regelrecht drückt. Trotzdem gelingt es Backman immer wieder mit einer Prise Hoffnung oder witzigen Szenen, wie z. Bsp. in Ramonas Lokal "Bärenpelz", diese auszugleichen.
Regelrecht gefangen nahmen mich die tiefgründigen Zitate und Metaphern, die diesen Roman einfach unvergleichlich machen.
Mit einem hoffnungsvollen Ende versöhnt der Autor sich mit dem Leser, den er auf diesen 544 Seiten durch eine Achterbahn der Gefühle geschickt hat. Grandios!
Fazit:
Fredrik Backmann erzählt nicht nur die Geschehnisse, er beleuchtet sie aus großer Distanz, philosophiert und schildert seine Gedanken und Eindrücke auf hohem Niveau. Der Schreibstil ist einzigartig und man würde am liebsten den Bleistift zücken und alle tiefsinnigen Zitate niederschreiben. Ich bin auch von Teil zwei von "Beartown" begeistert und gebe eine Leseempfehlung!