Cover-Bild Ein mögliches Leben
22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Ullstein Buchverlage
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 352
  • Ersterscheinung: 23.02.2018
  • ISBN: 9783550081859
Hannes Köhler

Ein mögliches Leben

Roman

»Hannes Köhler schreibt von einer Reise in die Vergangenheit, die das Verzeihen möglich macht und die Gegenwart verstehen lässt. Ein ungemein wertvolles Buch.« Lucy Fricke

Ein Wunsch, den Martin seinem Großvater Franz nicht abschlagen kann: eine letzte große Reise unternehmen, nach Amerika, an die Orte, die Franz seit seiner Gefangenschaft 1944 nicht mehr gesehen hat. Martin lässt sich auf dieses Abenteuer ein, obwohl er den Großvater eigentlich nur aus den bitteren Geschichten seiner Mutter kennt. Unter der sengenden texanischen Sonne, zwischen den Ruinen der Barackenlager, durch die Begegnung mit den Zeugen der Vergangenheit, werden in dem alten Mann die Kriegsjahre und die Zeit danach wieder lebendig. Und endlich findet er Worte für das, was sein Leben damals für immer verändert hatte.

Mit jeder Erinnerung, mit jedem Gespräch kommt Martin seinem Großvater näher, und langsam beginnt er die Brüche zu begreifen, die sich durch seine Familie ziehen. Er erkennt, wie sehr die Vergangenheit auch sein Leben geprägt hat und sieht seine eigene familiäre Situation in einem neuen Licht.

Ein vielschichtiger Roman über die tiefen Spuren, die der Krieg bis heute in vielen Familien hinterlassen hat.

»In einer äußerst präzisen Sprache, mit sehr feinen Beobachtungen und der Genauigkeit eines Historikers hat Hannes Köhler eine literarische Studie über die Nachwirkzeit von Erfahrungen geschaffen.« Inger-Maria Mahlke

 

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 28.03.2018

Aufarbeitung der Vergangenheit

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Es ist die Geschichte von Franz Schneider. Franz, der mit seinem Enkel nach Texas fliegt um das dortige Lager zu besuchen in dem er als Kriegsgefangener während und nach dem 2. Weltkrieg interniert war. ...

Es ist die Geschichte von Franz Schneider. Franz, der mit seinem Enkel nach Texas fliegt um das dortige Lager zu besuchen in dem er als Kriegsgefangener während und nach dem 2. Weltkrieg interniert war. Heute ist er fast 90 Jahre alt, aber diese eine Reise in die Vergangenheit muss noch sein. Allein wäre er vielleicht gar nicht gefahren, aber sein Enkel dem er immer wieder Informationen und historisches Material per Internet sendete, meinte dann lass uns hinfahren. Auf der Fahrt und nach der dortigen Ankunft, schweifen die Gedanken von Franz in die Vergangenheit. Die Erinnerungen an sein Elternhaus und die Zeit vor dem Krieg, bis nach Frankreich wo er gefangen wurde. Und er erzählt von seinen Erlebnissen und Erfahrungen im Lager und von seinem Freund Paul.

Am Anfang hatte ich so ein wenig Schwierigkeiten mit diesem Buch. Ich wusste nicht so richtig, wo wird es mich hinführen. Das änderte sich, je mehr ich von Franz und auch von Paul erfuhr. Am Anfang erfährt man viel vom Leben von Franz, der Einfluss seines Vaters und auch über seinen Bruder Josef, der ihn genau in die andere Richtung drängen will. Der Einfluss des Vaters und auch die Mitgliedschaft damals in der Hitlerjugend erreichen ihr Ziel. Er wird eingezogen und zieht in den Krieg. Dann im Lager, während der Kriegsgefangenschaft und vor allem während der Freundschaft mit Paul vollzieht sich eine Wendung. Paul selbst ist als deutsches Kind mit seinen Eltern nach Amerika ausgewandert. Und trotzdem zieht er für die Deutschen in den Krieg. Bei beiden, Franz und Paul kommt langsam die Erkenntnis, dass sie auf der falschen Seite gestanden haben.
Die Erlebnisse im Lager und auch später verändern Franz völlig. Er hat die Strapazen der Gefangenschaft überwunden und ist nach Deutschland zurück gekehrt. Die Ereignisse und Erlebnisse haben ihn verändert. Er kämpft für die Gerechtigkeit mit unnachgiebiger Härte. Er schreckt auch nicht davor zurück, das in der eigenen Familie mit einer unnachgiebigen Konsequenz zu tun.

Dann die Reise mit dem Enkel zurück in die Vergangenheit - dabei findet in ihm erneut eine Veränderung statt. Das macht ihn so menschlich und sympathisch und ich kann mich mit der Figur des Franz immer mehr anfreunden. Alle Härte und Selbstgerechtigkeit scheint so langsam zu entschwinden. Als beobachtender Leser macht es mir zunehmend mehr Freude.

Ich fand dieses Buch überaus lesenswert und vor allem auch sehr interessant. Ich empfehle dieses Buch sehr gerne und vergebe vier Lesesterne.

Veröffentlicht am 17.03.2018

In amerikanischer Gefangenschaft

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Martin reist mit seinem Großvater Franz nach Amerika. Für Franz ist es gleichzeitig eine Reise in die Vergangenheit. Während des zweiten Weltkrieges ist er in amerikanische Gefangenschaft geraten und hat ...

Martin reist mit seinem Großvater Franz nach Amerika. Für Franz ist es gleichzeitig eine Reise in die Vergangenheit. Während des zweiten Weltkrieges ist er in amerikanische Gefangenschaft geraten und hat so das Ende des Krieges in einem Gefangenlager erlebt. Aber auch hier gab es Kämpfe zwischen den unterschiedlichen Lagern. Auf der einen Seite warteten viele der deutschen Gefangenen auf das nahende Ende des Krieges mit der Kapitulation, auf der anderen Seite gab es die überzeugten Nazis, die den Glauben an eine Superwaffe und der großen Wende im Kriegsverlauf niemals aufgeben wollten. Die andauernden Konflikte sorgen für viel Unruhe in den Lagern...

Hannes Köhler gewährt dem Leser einen spannenden und äußerst interessanten Blick auf ein Thema, welches bisher selten behandelt wurde. Es gab sicherlich schon viel Lesestoff über russische Kriegs-gefangenschaft, aber der Blick auf den anderen Kontinent stellt das Thema der Gefangenschaft deutscher Soldaten in einem gänzlich anderen Licht dar. Der Protagonist Franz, der in jungen Jahren im amerikanischen Gefangenenlager landet, hatte bisher wenig Einfluss auf sein eigenes Leben. Sein Vater hat ihn als überzeugter Nazi in den Krieg gedrängt, wo er dann schnell in Gefangenschaft gerät. Das Leben in diesem Lager wird vom Autor Hannes Köhler sehr spannend und fesselnd beschrieben. Er erzählt dies in einer angenehm zu lesenden und lebendigen Schreibweise, die es mir leicht machte, mich in die damalige Zeit zu versetzen. Mit einem Zeitsprung schildert er gleichzeitig Franz Leben nach dem Krieg. Geschickt verbindet er die Handlungsstränge über Franz Tochter, die niemals eine enge Verbindung zu ihrem Vater aufbauen konnte. Durch den Besuch in Amerika findet somit auch eine Vergangenheits-bewältigung statt, die vielleicht Vater und Tochter wieder einander annähert.

Insgesamt aus meiner Sicht ein spannender und sehr gut recherchierte Rückblick in eine düstere Zeit der deutschen Geschichte. Bemerkenswert für mich hier die außergewöhnliche Betrachtung der amerikanischen Beteiligung am Weltkrieg und der Kampf der deutschen Soldaten innerhalb eines Gefangenenlagers. Ich bewerte das Buch daher mit guten vier von fünf Sternen und empfehle es sehr gerne weiter.

Veröffentlicht am 10.03.2018

Ein großer Roman zu einem wichtigen, viel zu wenig besprochenem Thema, bildgewaltig und emotionsgeladen erzählt.

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Hannes Köhlers „Ein mögliches Leben“ hat mich aus der Frühjahrsvorschau des Ullstein Verlags heraus direkt angelacht. Die unverbrauchte Thematik, über die bisher kaum geschrieben wurde, und ein Schritt ...

Hannes Köhlers „Ein mögliches Leben“ hat mich aus der Frühjahrsvorschau des Ullstein Verlags heraus direkt angelacht. Die unverbrauchte Thematik, über die bisher kaum geschrieben wurde, und ein Schritt aus meiner Komfortzone heraus waren die Punkte, die mich zu dem Entschluss brachten: Muss ich lesen! Denn Bücher über den Krieg, speziell den zweiten Weltkrieg, sind in meinem Lese-Repertoire noch Mangelware. Und nun habe ich es beendet und kann das Gelesene kaum in Worte fassen. So vielschichtig, so emotional: Martin kennt seinen Großvater eigentlich nur aus von Bitterkeit geprägten Geschichten seiner Mutter, denn für sie war er zwar physisch vorhanden als Vater, mehr aber auch nicht. Und trotzdem willigt Martin ein, mit Franz die Stationen seiner Kriegsgefangenschaft in Amerika zu besuchen. Für Martin beginnt eine Reise, die er nie wieder vergessen wird, denn unter der sengenden Sonne beginnt sein Großvater endlich, sich zu öffnen.

„Ein mögliches Leben“ wird in mehreren ineinander verflochtenen Handlungssträngen erzählt. Zum einen ist da die Reise in die Vereinigten Staaten, Martin, der seinem Großvater beim Erinnern zusieht und im Endeffekt sein eigenes Leben mit seinem Kind von einer Frau, mit dem ihm nicht so wirklich etwas verbindet, klarer sieht. Ein weiterer Erzählstrang wird von Sicht Barbaras erzählt, Franz‘ Tochter und Martins Mutter, Monate nach der Reise. Den größten Platz in „Ein mögliches Leben“ nimmt aber die Rückschau auf Franz‘ Leben in Kriegsgefangenschaft ein, wie er von einem Lager zum nächsten kommt und Arbeiten in der Hitze verrichten muss, wie er Kameradschaftlichkeit in seinen Mitgefangenen entdeckt, einen Freund findet und sich schließlich als Dolmetscher und Übersetzer nützlich macht. Das Leben im Lager ist nie leicht für Franz, obwohl er einigen Komfort erlebt, den es nicht überall gibt in den Lagern: fließendes Wasser, geregelte Mahlzeiten, ein eigenes Bett und den Luxus, Sprachkurse zu besuchen. In Nachbarlager gibt es Radios, und Franz und seine Kameraden, wenn man das so sagen kann, versuchen alles, um einen Fetzen aufzuschnappen, welche Stadt gefallen ist und ob der Krieg ein Ende erreicht. Tägliches Bangen um die Familie in Deutschland ist an der Tagesordnung. Als Paul, Franz‘ bester Freund in der Gefangenschaft, stirbt, wendet er sich an dessen Schwester, und die beiden schreiben sich Briefe voller Trauer und Einsamkeit. Franz spürt, dass sich ihm eine Möglichkeit eröffnet; eine Möglichkeit, nach der Gefangenschaft in dem Land zu bleiben, in das er sich trotz aller Widrigkeiten verliebt hat. Doch wie der Leser schon an der Tatsache erkennen kann, dass Franz Jahrzehnte später mit seinem Enkel nach Amerika reist, ist klar, dass Franz sich gegen das mögliche Leben entschieden hat und nach seiner Gefangenschaft zurück nach Deutschland gereist ist, wo nichts mehr ist, wie es einmal war.

Die vollständige Rezension findet ihr auf meinem Blog: https://killmonotony.de/rezension/hannes-koehler-ein-moegliches-leben

Veröffentlicht am 26.02.2018

Eine gute Geschichte

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Als ganz junger Soldat im 2. Weltkrieg war Franz Schneider aus Essen am französischen Atlantikstrand in amerikanische Gefangenschaft geraten. Ich hatte keine Ahnung, dass damals deutsche Gefangene per ...

Als ganz junger Soldat im 2. Weltkrieg war Franz Schneider aus Essen am französischen Atlantikstrand in amerikanische Gefangenschaft geraten. Ich hatte keine Ahnung, dass damals deutsche Gefangene per Schiff nach Amerika gebracht wurden. Auch in Afrika wurden deutsche Einheiten besiegt und nach Amerika überstellt. Es gab wohl mehrere Hunderttausend dieser Prisoners of War, die German POWs. Für die Soldaten war das Leben in den Lagern ein Entkommen von den fürchterlichen Zuständen an der Front. Die Amerikaner haben die Genfer Konvention eingehalten und ihre Kriegsgefangenen anständig behandelt.

Diese Geschichte wird uns hier erzählt. Eingebettet darin, dass der fast Neunzigjährige zusammen mit seinem Enkel Martin in die USA fliegt. Franz hat im Internet recherchiert, dass es in Amerika Gedenkstätten und viele Dokumentationen zu diesen Gefangenlagern gibt. Man kann sogar mit ein paar wenigen amerikanischen Bediensteten von damals ins Gespräch kommen.

In der Gegenwart lesen wir von den drei Generationen, die Franz nachfolgen: seine Tochter Barbara, der Enkel Martin und dessen kleine Tochter Judith. In dieser Familie war das gegenseitige Verstehen und Sich-Wertschätzen nicht sehr ausgeprägt. Martin hatte bisher keine enge Beziehung zu seinem Opa und hatte dieser Reise eigentlich nur spontan zugestimmt, weil er mit seiner momentanen Lebenssituation nicht sehr zufrieden war. Diese Reise in die Vergangenheit des Opas/Vaters hat auch für Barbara das seit vielen Jahren abgekühlte Verhältnis zu ihrem Vater verändert.

Veröffentlicht am 26.02.2018

Auswirkungen eines Krieges

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„Und was Franz gelernt hat über die Angst, ist, dass sie schnell kommt und sich einrichtet, aber nur sehr langsam wieder geht, dass sie Stollen gräbt in ihm, die tief gehen, sich verzweigen, dass sie wächst ...

„Und was Franz gelernt hat über die Angst, ist, dass sie schnell kommt und sich einrichtet, aber nur sehr langsam wieder geht, dass sie Stollen gräbt in ihm, die tief gehen, sich verzweigen, dass sie wächst nur aus sich selbst und sie befeuert, dass sie nur kleine Anlässe braucht, nur das nächtliche Klappen einer Tür, Stimmen am Fenster der Baracke, nur den Blick eines Kameraden, den er nicht deuten kann.“ (S. 110)

Hannes Köhlers „Ein mögliches Leben“ erzählt eine Geschichte aus dem Krieg mit den Auswirkungen, die die Geschehnisse nicht bloß auf diejenigen haben, die direkt beteiligt sind, sondern über Generationen hinweg auf ganze Familien.

Dabei hat mich schon das Bild auf dem Cover in seinen Bann geschlagen, auch wenn man davon bei einem E-Book ja leider nicht so viel hat und ich deswegen wahrscheinlich weniger Wert darauf legen sollte. Und was zwischen den Deckeln dieses Romans steckt, das hat es auch echt in sich.

„Eine Sprache ist nie eine Flause, sondern immer eine Möglichkeit.“ (S. 148)

Hannes Köhler bedient sich in diesem Buch einer Sprache, die mich zum einen sehr begeistert hat, und die er zum anderen auch sehr gut an die verschiedenen Charaktere, denen in den entsprechenden Abschnitten Platz eingeräumt wird, anpassen kann. Dabei werden die Orte, die vorkommen, lebendig und zwischendurch kommt beinahe ein Gefühl von Dabeisein auf, obwohl die Handlung sowohl zeitlich als auch räumlich so weit entfernt ist.
Zwischendurch hatte ich Schwierigkeiten, dem Handlungsverlauf zu folgen, weil plötzliche perspektivische oder zeitliche Sprünge passierten. Das war vermutlich beabsichtigt und ein stilistisches Mittel, es hat mir an sich auch ganz gut gefallen, doch es riss mich auch aus dem Lesefluss. An einer Stelle blätterte ich zurück, weil ich den Eindruck hatte, dass die Seiten in falscher Reihenfolge hintereinander kamen, und das ist doch ein Punkt, der nicht gerade für ein stilistisches Mittel spricht.

„Und Franz nickt, obwohl er nicht begreift, er würde zu allem nicken, er staunt, kann die Augen nicht abwenden, sein Blick ist hungrig, hat einen Appetit, den Franz nicht gekannt hat bisher, der mehr will, nicht satt zu kriegen ist.“ (S. 40)

„Ein Gefühl der Wärme geht aus von den dreien, eine Wärme, die durch ihre Worte und Gesten in ihn eindringt, die sich in seinen Magen setzt und dort einen Klumpen Ruhe formt, einen warmen, glatten Stein.“ (S. 90)

„Ich fühle mich unglaublich müde, ich fühle mich alt, wir sind alle alt hier, auf eine gewisse Art und Weise.“ (S. 215)

Die Sprache, die mich sowieso schon von sich überzeugt hatte, setzte noch einen drauf, indem sie mich mit den Charakteren (allen voran mit dem Großvater Franz) so fabelhaft mitfühlen ließ. Er lässt sich in Metaphern aus, die auf mich nie „zu viel“ wirkten, weil sie genau das richtige Mittel waren, um die krassen Situationen und menschliche Reaktionen darauf einzufangen. Ich musste nicht lesen, was eine Figur gerade empfand, ich konnte es fühlen. Und das ist einer der größten Pluspunkte dieses Romans.

„Ein mögliches Leben“ ist ein beeindruckender Roman, der geschichtliche Perspektiven aufzeigt, die mir bis dahin fremd waren. Es ist ein Roman über Menschen und das, was sie beeinflusst in ihrem Leben, und all das in wirklich schöner Sprache. Dass mir das letzte Fünkchen zur Begeisterung fehlt, hängt vermutlich nur mit der oben erwähnten Irritation beim Lesen zusammen, die mir von Zeit zu Zeit den Flow nahm.