Nur wenige Tage im Jahre 1096
Rabbi Chaim und der Domdekan Raimund stehen sich freundschaftlich gegenüber. Gemeinsam versuchen sie die Psalmen zu übersetzten. Doch die Zeiten sind schlecht, ein großes Kreuzfahrerheer nähert sich ...
Rabbi Chaim und der Domdekan Raimund stehen sich freundschaftlich gegenüber. Gemeinsam versuchen sie die Psalmen zu übersetzten. Doch die Zeiten sind schlecht, ein großes Kreuzfahrerheer nähert sich der Stadt. In Worms und Speyer waren die Kreuzfahrer schon und haben Schaden angerichtet. Angeführt werden die Menschen von einem Priester, den alle nur als Rotkutte bezeichnen. Jetzt stehen sie vor Mains und wollen die Juden vernichten. Tod oder Taufe ist ihr Motto. Der Domdekan und auch der Rabbi versuchen alles, um ein Blutvergießen zu verhindern, aber ihre Chancen stehen denkbar schlecht in diesem Jahr 1096.
In diesem historischen Roman erzählt der Autor Jakob Matthiessen von den Ereignissen aus dem Jahr 1096 in Mainz. Zunächst schildert er das tägliche Leben der Menschen in der Stadt und auch im Umland. Alles liest sich harmlos. Die Stimmung im Buch ist positiv. Man bekommt einen schönen Eindruck dieser Zeit. Da war zum Beispiel der Bauernjunge, der sein Feld gepflügt hat und dann eine große Menschenansammlung zu sehen bekommt. Der Junge sieht diese Menschen und sieht nur die Freiheit, die sie haben. Matthiessen erzählt, wie gerade dieser Junge sozusagen eingefangen wird und sich dem Kreuzzug anschließt. Stellvertretend erlebt er nun, was es heißt, sich solch einem Heer anzuschließen. Anfänglich ist es vergnüglich, aber später bekommt er dann zu spüren, dass viel mehr dahinter steckt.
Dann wieder schildert Matthiessen von der Gemeinde in Mainz, die offenbar gut miteinander auskommt und der Glaube scheint keine Rolle zu spielen, aber schnell wird klar, dieser Eindruck ist nur oberflächlich.
Anschließend wechselt die Stimmung im Buch, denn unaufhaltsam kommt das Verderben näher. Anschaulich erzählt der Autor von diesen Ereignissen. Er lässt dabei nichts aus und schildert die Geschehnisse akribisch. Auch wenn dieser Teil schwer zu lesen war, weil er an Grausamkeit kaum zu überbieten ist, war er doch auch gleichzeitig informativ und vor allem wichtig.
Auf den letzten Seiten dann macht der Autor einen kleinen Zeitsprung und erzählt rückblickend von den Geschehnissen und gleichzeitig davon, wer überlebt hat und wie diese Protagonisten mit der Katastrophe umgegangen sind. Diese Seiten lesen sich wieder wie zu Beginn positiv.
Insgesamt gesehen lässt Jakob Matthiessen diese Zeit lebendig werden. Ich habe mich sehr schnell in diese Geschichte hineingezogen gefühlt. Am Anfang hat sie sich leicht und locker lesen lassen. Die Erzählungen sind lebendig und wirken authentisch. Dann wechselt die Stimmung und passt sich der Situation an, um zum Ende hin zu der Leichtigkeit von Beginn zurückzukehren.
Mir hat der Erzählstil gut gefallen. Nicht nur, dass Matthiessen es schafft, immer wieder auch die Stimmung zu verändern, er hat auch Psalmen und Gebete mit einfließen lassen. Auch einige Rituale aus dem jüdischen Glauben schilder er. All dies hat er zu einem gelungenen Roman verflochten. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen, es war spannend und informativ, gleichzeitig aber auch traurig und bedrückend. Schrecklich zu lesen, was im Namen des Glaubens Menschen alles anderen Menschen antun.
Gut gefallen hat mir hier, dass es neben einem Personenregister und einem Glossar ein umfangreiches Nachwort gibt. Der Autor geht noch einmal im Detail auf einige Ereignisse im Buch ein und klärt dabei Fiktion und Wahrheit. Dieses Nachwort war sehr interessant.
Fazit:
„Tod und Taufe Die Kreuzfahrer am Rhein“ ist ein spannender historischer Roman über nur wenige Tage im Jahre 1096 in Mainz. Das Thema ist zwar nicht ganz leicht zu lesen, aber der Autor hat es geschickt verstanden, eine Geschichte mit Hoffnung und Glaube zu schildern. Ich habe so einiges gelesen, was mir in dieser Deutlichkeit noch nicht bewusst war.