Cover-Bild Gun Love
22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Suhrkamp
  • Themenbereich: Gesellschaft und Sozialwissenschaften
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 251
  • Ersterscheinung: 10.09.2018
  • ISBN: 9783518428320
Jennifer Clement

Gun Love

Nicolai von Schweder-Schreiner (Übersetzer)

Seit ihrer Geburt lebt Pearl im Auto, sie vorne, ihre Ausreißer-Mutter auf der Rückbank. Vierzehn Jahre stehen die beiden jetzt schon am Rande eines Trailerparks irgendwo in Florida. Draußen vor der Windschutzscheibe ist die Welt den Waffen verfallen: Kinder wachsen mit Pistolen statt Haustieren auf, Schießübungen immer und überall, mal Alligatoren, mal den Fluss, mal Polizisten im Visier, und sonntags sitzt man beim Gottesdienst mit der geschulterten Schrotflinte in der ersten Reihe. Doch im Ford Mercury wirken andere Kräfte, hier lernt Pearl das Träumen. Bis ein schöner Mann und seine Pistolen alles verändern …

Gun Love handelt vom Zauber zwischen Mutter und Tochter inmitten des Irrsinns. In strahlenden Bildern erzählt Jennifer Clement eine Geschichte, in der Liebe und Hass, Fantasie und Wirklichkeit haltlos ineinander fallen. Das literarische Stimmungsbild einer ganzen Nation.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.09.2018

Wohnort: Beifahrersitz

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Kaum zu glauben, aber so wächst das Mädchen Pearl auf, nicht gerade in der besten Gegend von Florida in einem Trailerpark. Zusammen mit ihrer Mutter, die ihretwegen von zu Hause - aus einem durchaus gutsituierten ...

Kaum zu glauben, aber so wächst das Mädchen Pearl auf, nicht gerade in der besten Gegend von Florida in einem Trailerpark. Zusammen mit ihrer Mutter, die ihretwegen von zu Hause - aus einem durchaus gutsituierten Elternhaus - ausriss und nie mehr zurückkam und seitdem ein abgewracktes Auto, das seit Jahren nicht mehr bewegt wurde, mit ihrer Tochter teilt. Das ist alles, was ihnen als Wohnraum zur Verfügung steht.

Es gibt auch Nachbarn, die allerdings in Trailern leben - die Bewohner des Platzes halten Kontakt zueiander. Gestrandete Existenzen allesamt, sind sie aus vielerlei Gründen dort gelandet. Und leben vollkommen unterschiedliche Leben, in denen z.B. auch Waffenschmuggel und Drogen eine Rolle spielen.

Pearls Leben mag trostlos sein, aber sie kennt kein anderes. In soweit ist sie mit dem zufrieden, was sie hat - bis Eli auftaucht, mit dem ihre Mutter anbändelt. Dadurch lernt sie, was es heißt, ausgeschlossen zu sein, da sie länger und länger aus dem Auto ausgesperrt ist, wenn Eli bei ihrer Mutter ist.

Kann es etwas Schlimmeres geben? Ja, vollkommene Einsamkeit - und auch diese muss Pear erfahren, als sie ihre Mutter verliert.

Bald kommt sie kurzzeitig in eine Pflegefamilie und zwar eine der besonderen Art. Alles andere als eine normale Familie, aber eine, in der Kinder die Chance auf eine normale Entwicklung haben, kurzzeitig zumindest in Pearls Fall.

Dieses kleine Schnuppern an der Chance zu einem normalen Leben, erfährt Pearl zum ersten Mal in ihrem Leben. Doch es sieht nicht gut aus für sie und ihre Zukunft, denn die hat anderes mit ihr vor.

In seiner Extremität hat mich der Roman an "Winters Knochen" von Daniel Woodrell erinnert, kam aus meiner Sicht aber nicht an dessen darstellerische Kraft und Sprachgewalt heran. Ich lege es aus der Hand als ein trauriges kleines Buch, das gerade in Trump-Zeiten bittere Realitäten spiegelt, die sich noch verstärken könnten. Ein guter Roman, der uns das wahre Amerika (über die U.S.A. hinaus) zeigt, bzw. einen kleinen Teilaspekt davon.

Doch es gibt andere Romane, die mich tiefer getroffen, stärker beeinflusst haben, wie der oben genannte und mehr noch die Werke von Louise Erdrich. Dennoch ein lesenswertes Buch, das andere Leser möglicherweise stärker beeindrucken und prägen wird als mich.

Veröffentlicht am 25.10.2018

Leben am Rand der amerikanischen Gesellschaft

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Ein Szenario, das in den Vereinigten Staaten gang und gäbe ist. Vierzehn Jahre leben Mutter und Tochter in ihrem Auto, abgestellt auf dem Parkplatz eines heruntergekommenen Trailerparks in Florida, eine ...

Ein Szenario, das in den Vereinigten Staaten gang und gäbe ist. Vierzehn Jahre leben Mutter und Tochter in ihrem Auto, abgestellt auf dem Parkplatz eines heruntergekommenen Trailerparks in Florida, eine Zwei-Zimmer-Wohnung sozusagen. Pearl, der mittlerweile vierzehnjährigen Tochter, sind die Vordersitze zugeteilt, die Mutter macht es sich nach Feierabend auf der Rückbank bequem. Im Kofferraum lagern die Schätze für schlechte Zeiten, kostbare Porzellanteller und Familienschmuck.

So, jetzt habe ich mich natürlich gefragt, was das für eine Familie ist, vor der Pearls Mutter kurz nach deren Geburt davongelaufen ist. Sie scheinen wohlhabend zu sein, haben ihrer Tochter eine was man so „gute“ Erziehung nennt angedeihen lassen, kümmern sich aber ansonsten wohl nicht weiter um sie. Denn wie lässt es sich sonst erklären, dass die Schwangerschaft sowie die Geburt im Badezimmer nicht bemerkt werden? Einzig der Vater fällt aus dem Rahmen, der auf Kleingetier mit einer Fliegenklatsche einschlägt, was schlussendlich den Anlass für die Flucht der hypersensiblen Tochter aus dem Elternhaus bietet. Aber welche Eltern setzen nicht Himmel und Hölle in Bewegung, wenn ihre Tochter spurlos verschwindet? Sehr seltsam, aber sei’s drum. Jetzt zieht sie also ihr Kind mit Unterstützung der Freunde aus dem Trailerpark groß, redet ihr dieses White Trash-Leben mit romantisierenden Phrasen schön, die doch nur den Zweck haben, den allgegenwärtigen Mangel zu kaschieren.

Waffen sind allgegenwärtig, mal nur eine, dann wieder ein ganzes Arsenal. Sie werden gereinigt, benutzt, um ein missgebildetes Alligatorjunges zu erschießen oder von dem geschäftstüchtigen Priester eingesammelt und über die mexikanische Grenze verschoben. Und sie killen, töten Pearls Mutter und katapultieren diese schlagartig in die reale Welt der Waisen.

„Gun Love“ ist ein Buch, mit dem ich hadere. Keine Frage, die Sprache ist brillant, poetisch (wunderbare Übersetzung von Nicolai von Schweder-Schreiner) verklärt aber letztlich damit nur dieses Leben in einer Parallelwelt, das dem Mädchen Pearl keinerlei Perspektive für die Zukunft bietet. Und das geht mir wirklich nicht nur an die Nieren sondern auch auf die Nerven.

Veröffentlicht am 05.10.2018

Deprimierender Roman, in dem die Einzelschicksale keine Rolle spielen, sondern die Waffengewalt im Allgemeinen im Vordergrund steht

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Pearl ist 14 Jahre alt und lebt seit ihrer Geburt zusammen mit ihrer Mutter Margot in einem Ford Mercury auf einem Trailerpark in Florida. Ihre Mutter war früh schwanger und ist vor ihren Eltern geflohen ...

Pearl ist 14 Jahre alt und lebt seit ihrer Geburt zusammen mit ihrer Mutter Margot in einem Ford Mercury auf einem Trailerpark in Florida. Ihre Mutter war früh schwanger und ist vor ihren Eltern geflohen und lebt ein Leben am Rande der Gesellschaft.
In dem Park, am Rande einer Müllkippe, leben andere gescheiterte Existenzen in Wohnwagen und halten sich durch kriminelle Aktivitäten wie Drogen- und Waffenschmuggel über Wasser.
Als Margot Eli kennenlernt und mit ihm immer mehr Zeit in trauter Zweisamkeit verbringen möchte, wird Pearl regelrecht von ihr aus dem Mercury verstoßen. Sie fühlt sich einsamer denn je in ihrem Leben, nachdem sie sich auch noch mit ihrer besten Freundin April May zerstritten hat und findet dadurch Anschluss an die Mexikanerin Corazón. Wie selbstverständlich lebt sie zusammen mit einem Waffenarsenal unter einem Dach.

Dann geschieht ein Unglück und Pearl muss lernen, was es wirklich heißt, allein zu sein.

"Gun Love" ist ein deprimierender Roman über ein Mädchen, das nichts anderes als den Trailerpark kennt, ein Zusammenleben auf engsten Raum mir ihrer Mutter, ohne Kenntnis über ihre Herkunft. Für sie ist es scheinbar normal, in einem Auto ohne viel Besitz zu leben, aber als ihre Mutter einen Mann kennenlernt und sie diese Zweisamkeit offensichtlich stört und kein Platz mehr für sie ist, beginnt sie, ihr Dasein zu hinterfragen. Dabei lebt sie in einer eigenen Gesellschaft außerhalb der Norm, in der Waffen zum Alltag gehören.

Waffen und Waffenschmuggel werden im weiteren Verlauf des Romans zum zentralen Thema und lenken von der Mutter-Tochter-Beziehung ab, was ich sehr schade fand.
Die Intention der Autorin gilt klar der Kritik an dem Umgang mit Waffen in den USA. Ich hätte mir aber eine stärkere Auseinandersetzung mit dem trostlosen Leben Pearls, den weiteren Bewohnern des Trailerparks und mit dem alltäglichen Umgang mit Waffen gewünscht, statt den Roman auf den reinen Waffenschmuggel zu reduzieren, in den Pearl am Ende involviert wird.

Das Buch überrascht zwar mit der ein oder anderen Wendung, lässt aber an Spannung vermissen. Die Charaktere in dem gesellschaftskritischen Roman spielen keine individuelle Rolle und bleiben austauschbar, da man niemandem wirklich nahekommt oder vom Schicksal nachhaltig berührt wird. Zwar hadert Pearl mit ihrem Leben, fügt sich aber darin ein, selbst als sie die Chance hat, etwas zu ändern. Mir fehlte ein Held in der Geschichte.