Ein Leben voller Fehler
“In den Augen meiner Mutter” von Jo Leevers ist ein berührender Familienroman.
Als Georgie und ihr Bruder Dan noch Kinder waren, hat ihre Mutter Nancy die Familie verlassen. Die Kinder wuchsen bei ihrem ...
“In den Augen meiner Mutter” von Jo Leevers ist ein berührender Familienroman.
Als Georgie und ihr Bruder Dan noch Kinder waren, hat ihre Mutter Nancy die Familie verlassen. Die Kinder wuchsen bei ihrem Vater und seiner neuen Frau auf. Ihre Mutter schickte nur einmal eine Postkarte und seitdem war sie verschwunden.
“Ein Leben voller Fehler steht zwischen diesen Träumen und der Realität von heute.” (Seite 292)
Die Autorin schildert die Ereignisse aus Sicht der Mutter und Georgie. Diese ist schwanger und hat furchtbare Angst, in die Fußstapfen der Mutter zu treten. Sie würde so gerne mit ihrer Mutter sprechen und Antworten auf die vielen Fragen erhalten.
Nancy war oft in melancholischer Stimmung und der Alkohol hat dazu beigetragen. Sie hat in jungen Jahren einige Fehler gemacht und diese Fehler, sowie ein Teil ihrer Vergangenheit machen ihr Angst und holen sie oftmals ein. Nancy schafft das Muttersein nicht, sie bekommt Essstörungen, magert ab und fühlt sich von ihrem Mann nicht begehrt. So verletzlich trifft sie auf Gerry, einen Universitätsprofessor aus ihrer Studienzeit und sie fühlt und hört das Begehren, welches er für sie empfindet. Und doch hat Nancy Angst.
Nancy spielt eine Rolle in ihrem Leben, solange bis etwas furchtbares passiert und sie weggeht. Ohne ein Wort!
Zwanzig Jahre später entdeckt Georgie ein Bild von einer Frau im Internet, die auf einer kleinen schottischen Insel ein Kind gerettet hat. Ihr Name ist Nan und es ist bestimmt ihre Mutter. Auch wenn diese Frau nicht attraktiv, sondern alt und etwas schäbig wirkt.
Hochschwanger macht sich die junge Frau auf den Weg und nimmt ihren Bruder Dan mit auf die Reise. In dessen kleinen und engen Auto wird die Reise zur Strapaze.
Die unterschiedlichen Sichtweisen und Rückblicke gestalten dieses Familiendrama unglaublich interessant und man wird in die Lügen, Intrigen, Geheimnisse und Ängste der Protagonisten gezogen.
Realitätsnah schildert Jo Leevers die Suche nach der Mutter, die unterschiedlichen Emotionen der Geschwister und deren Erinnerungen an die Kindheit.
Der Roman ist eine Aufarbeitung der Vergangenheit, eine Suche nach der Wahrheit!
Nach Antworten auf Fragen, welche die beiden Geschwister bis ins Erwachsenenalter beschäftigen.
Die Autorin versteht es die unterschiedlichen Charaktere detailliert zu beschreiben, die Gefühle der Familienmitglieder aufzuzeigen und das Drama des Schweigens, der Fehler und Schuldgefühle facettenreich und intensiv darzulegen.
Als Leser:in wurde ich von Beginn an sehr gut unterhalten und ich konnte mich gut in die Familie hineinversetzen. Es wurden viele Themen besprochen, die Geschichte zeigt auf, dass die Kindheitserinnerungen nicht immer das sind, was sie scheinen.
Der Schreibstil der Autorin ist flüssig und einfühlsam. Ein wahrer Genuss, dieses Buch zu lesen; man fliegt durch die Seiten.
Georgie wurde rückblickend in ihrer Teenagerzeit als aufsässig beschrieben und wollte alles werden, nur nicht wie ihre Mutter. Diese Angst sitzt tief in ihr und doch ist es vielleicht ganz in Ordnung ein bisschen so zu sein.
“Es muss nicht notwendigerweise etwas Schlechtes sein.” (Seite 337)
Der Familienroman regt zum Nachdenken an.
Zwanzig Jahre voller Missverständnisse und Annahmen.
Ein großer Lebensabschnitt!
Eine Leseempfehlung für diesen wundervollen Roman.