Interessante Idee mit holpriger Umsetzung
Shanghai Story
Der Roman hat mir insgesamt recht gut gefallen, auch wenn mir viele Schwächen, aber auch Stärken aufgefallen sind.
Zunächst der Einstieg. Ich fand das erste Kapitel sehr interessant. Uns ...
Shanghai Story
Der Roman hat mir insgesamt recht gut gefallen, auch wenn mir viele Schwächen, aber auch Stärken aufgefallen sind.
Zunächst der Einstieg. Ich fand das erste Kapitel sehr interessant. Uns werden verschiedene Charaktere mit verschiedenen Schicksalen vorgestellt. Das erste Kapitel stellt gleichzeitig auch das letzte Kapitel dar und das letzte Kapitel das erste Kapitel. Der Anfang ist das Ende ist der Anfang. So ungefähr.
Leider verschwinden nach dem ersten Kapitel viele der dort kennengelernten Charaktere wieder und wir erfahren nicht mehr viel über sie.
Ab dem zweiten Kapitel liegt der Fokus auf Leos Familie. Eko, Yoko, Yumi, Kiko und eben Leo. Es ist recht interessant, zu lesen, wie jedes Mitglied der Familie denkt. So sind die Kapitel meist aus unterschiedlichen Perspektiven geschrieben. Kein Charakter der Familie wird ausgelassen, wir tauchen in jede einzelne Gedankenwelt ein. Was sehr interessant ist.
Gegen Ende erfahren wir sich etwas über das Kindermädchen. Kiko vermisst dieses sehr. Auf Kikos Prinzessinen-Tag Kapitel folgt dann ein doch recht umfangreiches Kapitel über das neu aufgetauchte Kindermädchen. Auf der einen Seite ist es schön, etwas darüber zu erfahren, auf der anderen Seite, war es für mich sehr aus dem Familien - Kontext gerissen.
Und da kommen wir zu meinem Kritikpunkt. Die Kapitel sind nicht sehr zusammenhängend. Mir ist bewusst, dass die Idee des Buches ist, von der Zukunft in die Gegenwart zu erzählen. Aber das gelingt leider nur bedingt gut, da die Kapitel nicht aufeinander aufbauen. Sie alle haben viel mehr ihre eigene Thematik. Mal intensiver, mal oberflächlicher behandelt.
Vielleicht habe ich das Buch auch missverstanden. Soweit ich weiß, wird im Chinesischen von rechts nach links gelesen. Würde man diese Leserichtung auf den übersetzten Roman anwenden, würde die Geschichte wieder lineal gelesen werden.
Ob dies nun eine Anspielung auf die asiatische Kultur ist oder nicht, bleibt reine Interpretation.
Die Charaktere waren in Ordnung, wobei mir beinahe alle bis auf Yoko und Leo nicht wirklich sympathisch waren. Und auch Leo war es nur bedingt. Zu Yumi, Kiko und Eko konnte ich keinerlei Bindung aufbauen und keine Empathie empfinde.
Das Cover finde ich passend zum Inhalt. Es ist recht nüchtern mit Elementen, die den Inhalt wiederspiegeln. Der Schreibstil ist einfach und gut zu lesen, nur bei einem Kapitel war ich etwas verwirrt, da mir nicht sofort bewusst war, aus welcher Perspektive erzählt wurde. Aber darüber kann man leicht hinweg sehen, da es dem Inhalt und Zusammenhang im Kapitel in sich nicht geschadet hat.
Im Gesamtbild fand ich den Roman sehr interessant. Eine Idee ist es auf jeden Fall. Leider ist die Umsetzung etwas auf der Strecke geblieben. Aber wenn daran noch etwas gefeilt wird, hätte ich großes Interesse, noch einmal einen Roman mit diesem Aufbau zu lesen.