Cover-Bild Zwischen Welten
(8)
  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Luchterhand
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 416
  • Ersterscheinung: 25.01.2023
  • ISBN: 9783630877273
Juli Zeh, Simon Urban

Zwischen Welten

Roman
Zwanzig Jahre sind vergangen: Als sich Stefan und Theresa zufällig in Hamburg über den Weg laufen, endet ihr erstes Wiedersehen in einem Desaster. Zu Studienzeiten waren sie wie eine Familie füreinander, heute sind kaum noch Gemeinsamkeiten übrig.

Stefan hat Karriere bei Deutschlands größter Wochenzeitung BOTE gemacht, Theresa den Bauernhof ihres Vaters in Brandenburg übernommen. Aus den unterschiedlichen Lebensentwürfen sind gegensätzliche Haltungen geworden. Stefan versucht bei seiner Zeitung, durch engagierte journalistische Projekte den Klimawandel zu bekämpfen. Theresa steht mit ihrem Bio-Milchhof vor Herausforderungen, die sie an den Rand ihrer Kraft bringen.

Die beiden beschließen, noch einmal von vorne anzufangen. In einem offenen und sehr emotionalen Austausch per E-Mail und WhatsApp wollen sie einander ganz neu kennenlernen und sich gegenseitig aus ihren Welten erzählen – aus dem Leben im Elfenbeinturm der Hamburger Kultur-Elite und aus der erdverbundenen brandenburgischen Agrar-Existenz. Steckt hinter der alten Freundschaft vielleicht sogar eine verhinderte Liebe? Doch während Stefan und Theresa einander näher kommen, geraten sie immer wieder in einen hitzigen Schlagabtausch um polarisierte Fragen wie Klimapolitik, Gendersprache und Rassismusvorwürfe. So sehr sie sich bemühen, die Politik aus ihrer Freundschaft herauszuhalten – es ist, als liefen die Gräben einer gespaltenen Nation mitten durch ihre Beziehung. Ist heute wirklich jeder und jede gezwungen, eine Seite zu wählen? Gibt es noch Gemeinsamkeiten zwischen den Welten? Können Freundschaft und Liebe die Kluft überbrücken, oder sind es gerade enttäuschte Gefühle, die die Konflikte so unüberwindbar machen?

Als sich am Ende Theresas und Stefans Wege auf völlig unerwartete Weise kreuzen, müssen beide erkennen, dass sie im Begriff stehen, etwas Entscheidendes zu verlieren: die Freiheit, selbst zu bestimmen, wer man ist.

Weitere Formate

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.12.2023

Ein hochaktueller Roman

0



Vor einiger Zeit habe ich den Roman Zwischenwelten von Juli Zeh und Simon Urban gelesen. Es war der erste Roman, den ich jemals von einem der beiden Autorinnen gelesen habe.
Dieser Roman ist so wahnsinnig ...



Vor einiger Zeit habe ich den Roman Zwischenwelten von Juli Zeh und Simon Urban gelesen. Es war der erste Roman, den ich jemals von einem der beiden Autorinnen gelesen habe.
Dieser Roman ist so wahnsinnig umfassend, dass es mir wahrheitsgemäß schwerfällt, darüber eine würdige Rezension zu schreiben. Aber ich gebe dennoch mein Bestes.
Der Roman ist in der Form der E-Mail Kommunikation und WhatsApp Nachrichten geschrieben. Die beiden Protagonisten, die hier miteinander in Kontakt stehen, sind Theresa und Stefan.
Theresa ist Landwirtin. Sie hat den Hof ihres Vaters in Brandenburg übernommen, nachdem dieser verstorben ist. Da war sie kurz vor dem Abschluss ihres Germanistikstudiums: Es ist ein kleiner Betrieb mit ein paar Mitarbeitern und über 200 Milchkühen. Theresa hat den Hof in einen Biohof -Milchhof umgewandelt und unter anderem eine Biogasanlage bauen lassen. Aufgrund der äußeren Umstände und der politischen Gesetze kämpft sie schon einige Zeit um die Aufrechterhaltung des Hofes und steht kurz vor der Insolvenz. Hinzu kommt ihre Familie. Sie und ihr Mann haben 2 Kinder. Ihr Mann Basti ist Mechatroniker, besucht die Meisterschule und will nächstes Jahr die Prüfung zum Kfz-Meister machen. Da er wegen der Kinder nur halbtags arbeitet, trägt er den kleineren Teil des Familieneinkommens dazu. Theresia ist also momentan mit dem Hof diejenige, die das Einkommen der Familie sichert.
Stefan lebt in Hamburg. Er ist stellvertretender Chefredakteur der Zeitung namens der Bote. So wie man im Roman erfährt, ist er Single und lebt alleine in einer Wohnung in Hamburg. Momentan arbeitet er an einer Sonderausgabe, die sich mit dem Thema des Klimawandels beschäftigen soll. Dazu holt er sich als Unterstützer des Sonderteils auch Aktivist
innen der Klimabewegung in die Redaktion.
Wie man gleich am Anfang des Romanes erfährt, treffen diese beiden Charakter nach 20 Jahren erneut durch Zufall in der U-Bahn in Hamburg aufeinander. Denn Teresa und Stefan waren einst WG Freunde während ihres Germanistikstudiums. Sie waren so etwas wie eine Familie füreinander.
Es gab regelmäßig rege Diskussionen zu verschiedenen Themen bei gemeinsamen Abenden am Küchentisch. Bis Theresia an diesem einen Abend vor 20 Jahren den Anruf bekam, dass ihr Vater verstorben sei. Sie ging und kam nicht mehr zurück.
Beide freuen sich nun über das Wiedersehen und fangen also an, sich miteinander über Mail und WhatsApp auf den neusten Stand ihrer jetzigen Lebenssituationen zu bringen.
Dabei kommt es schon nach sehr kurzer Zeit zu einem hitzigen WhatsApp Schlagabtausch, der nicht der einzige in diesem Buch sein wird. Dabei schenken sich beide nichts.
Beide befinden sich jetzt in 2 komplett unterschiedlichen Lebenswelten. Stefan weiß nichts vom modernen Hofleben, bis ihm Theresia davon berichtet.
Der erste Schlagabtausch beginnt schon dabei, dass es für Stefan wichtig ist, die Gendersprache zu verwenden. Darüber macht sie Theresia ein wenig lustig. Sie kann dem Ganzen nur wenig abgewinnen. Sie findet, er sei ein Idealist, der sich in seinem Beruf teilweise mit Themen beschäftige, die für sie gerade Nichtigkeiten sind, schließlich geht es für sie gerade um die Existenz des Hofes. Theresia fängt in ihrer Antwort an, Stefan geradezu zu provozieren und das Thema in das lächerliche zu ziehen. Was Stefan nicht sehr lustig findet.
Dies ist nur eines der hochaktuellen Themen, die in diesem Buch zur Sprache kommen. Auch Themen wie Corona, Rassismus, die hochriskante Vermischung von Journalismus und Aktivismus und der im Roman gerade ausbrechende Krieg gegen die Ukraine.
Natürlich ist ein großes Diskussionsthema der beiden auch der Klimawandel. Denn natürlich erläutert Stefan Theresia auch, welche Auswirkungen die Landwirtschaft auf das Klima hat.
Immer wieder kommt es dadurch zu Mails und Nachrichten, bei denen man meinen müsste, dass die Freundschaft nun beendet wird. Doch gerade Stefan versucht geradezu verbittert darum zu kämpfen, dass es doch am Ende zu einer gemeinsamen Einigkeit kommt. Denn er erinnert sich an eine Theresia, die meist seiner Meinung war. Wo ist nur die wortgewandte Germanistin in ihr hin? Er hat Angst um sie und deutet an, dass sie in die Richtung des Rechtsradikalen gehe.

Derzeit bringen die Aktivisten in der Redaktion des Boten nicht nur Gutes zutage. Stefan fühlt sich immer mehr zwischen die Fronten gedrängt. Besonders als es dann auch noch zu einem verunglückten Witz seines Chefs Flori Sota kommt, der anschließend in die Öffentlichkeit gerät. Es kommt zu einem Shitstorm im Netz, in dem Menschen ihrem Hass freien Lauf lassen, ohne beide Seiten zu kennen. Wie wird es für den Boten weitergehen?
Theresia wendet sich aus Verzweiflung heraus an Stefan und hofft auf seine Hilfe als Journalist. Doch leider läuft es nicht so, wie sie sich dies erhofft hatte.
Als sich Theresa dann aus der Not heraus selbst von einer Aktivistin helfen lässt, wird der Hergang des Romanes noch brisanter. Denn der Hof ist nicht nur dabei, ihre berufliche Existenz zu bedrohen, sondern auch die ihrer Ehe.
Wie beide Leben weitergehen und ob ihre Freundschaft eine Zukunft hat, das müsst ihr selbst herausfinden.
Es lohnt sich!

Meine Meinung zum Buch:
Nach dem Beenden des Romanes war ich sprachlos. Juli Zeh und Simon Urban haben diesem Roman, der Protagonisten und anderen Charaktere in WhatsApp und Mail Form so viel Leben eingehaucht, dass es immer wieder schwer war, mit dem lesen aufzuhören.
Ich empfand es als wahnsinnig spannend, etwas über beide Berufe zu erfahren.
All die angesprochenen Themen sind so komplex, dass ich teilweise Dinge nachschlagen musste.
Mich hat der Roman zum Nachdenken angeregt. Es gab immer wieder viel Redebedarf für mich und ich habe den Austausch mit meinem Verlobten gesucht.
Ich kann innerhalb des Romanes immer wieder zum Teil beide Seiten verstehen. Also die unterschiedlichen Meinungen beider Protagonist*innen zu verschiedenen Themen. Daher möchte ich mich auf keine Seite schlagen. Ich mochte zu keiner Zeit einen der beiden mehr oder weniger. Immer wieder gab es im Roman für mich Situationen, die ich sehr aufwühlend empfand und danach erst mal eine Lesepause einlegen musste.
Dieser Roman ist eine absolute Leseempfehlung von mir. Ich kann verstehen, warum er zu so vielen Diskussionen führt. Dies ist aber absolut nichts Negatives. Ich glaube, er wird viele so wie mich zum Nachdenken bringen.



  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 21.08.2023

Gekämpft und verloren

0

Dieser Roman mit aktuellen Themen der Gesellschaft ist meines Wissens die erste gemeinsame Arbeit von Juli Zeh und Simon Urban.

Dabei liegt die Vermutung nahe, dass Juli Zeh die weibliche Rolle der Theresa ...

Dieser Roman mit aktuellen Themen der Gesellschaft ist meines Wissens die erste gemeinsame Arbeit von Juli Zeh und Simon Urban.

Dabei liegt die Vermutung nahe, dass Juli Zeh die weibliche Rolle der Theresa Kallis geschrieben hat und Stefan Urban für die Rolle von Stefan Jordan verantwortlich zeichnet.

Die Protagonisten sind Stefan Jordan, 46 Jahre alt, Kulturchef bei der Hamburger Wochenzeitung DER BOTE (Name fiktiv), ledig, keine Kinder und Theresa Kallis, 43 Jahre alt, Landwirtin und Vorstand der »Kuh & Co. Schütte e.G.«, eigentlich glücklich verheiratet, 2 Kinder (Jonas, 8 Jahre und Phil, 10 Jahre).

Vor zwanzig Jahren haben beide zusammen zu Studienzeiten in einer WG in Münster gelebt – als Freunde, ohne eine partnerschaftliche Beziehung. Danach haben sich ihre Wege getrennt. Plötzlich laufen sie sich in Hamburg über den Weg und beschließen, ihre »Beziehung« per E-Mail und WhatsApp wieder aufleben zu lassen.

Die Kommunikation zwischen Stefan und Theresa ist genau betrachtet wie eine Fieberkurve. Es bauen sich immer wieder Spannungen auf, die nur langsam wieder abnehmen. Eigentlich reden beide meistens aneinander vorbei. Zu groß klaffen die Welten zwischen dem Investigativ-Journalismus in Hamburg (Stefan) und dem tristen Landleben auf einem Bauernhof in Brandenburg (Theresa) auseinander.


Es hat mir gut gefallen, wie sich der Roman neben der normalen Handlung auf aktuelle Themen fokussiert (Klimakatastrophe, Corona, Fridays for Future (Greta Thunberg), Überfall der Ukraine durch Russland).

Dazwischen auflockernde Kommentare, beispielsweise zur kulturellen Vermischung (Zitat Theresa: Müssen wir bald zu Pizza »germanischer Fladen mit variablem Belag sagen«).

Sowohl in der Redaktion als auch auf dem Bauernhof geschehen unvorhersehbare Ereignisse, die existenziell sind.

Je länger ich gelesen habe, umso mehr hat mich das Buch in seinen Bann gezogen. Ich wollte unbedingt wissen, wie es mit Stefan und Theresa weitergeht. Ich konnte zu keinem Zeitpunkt Langeweile verspüren.

Fazit:

Der Schwan auf dem Cover kann man als Metapher deuten. (Zitat Stefan per WhatsApp: Hast du dein Telefon vor Wut in die Außenalster geworfen, und ich schreibe gerade einem Schwan?).
In dem Buch reihen sich E-Mail, WhatsApp und anderen Messenger-Diensten zwischen den beiden Protagonisten aneinander. So etwas ähnliches kennt man aus den Werken von Daniel Glattauer (»Gut gegen Nordwind« oder »Alle sieben Wellen«). Wenn auch hier die Kommunikation lediglich per E-Mail stattfindet.
Stefan und Theresa erzählen jeweils in der Ich-Form. Bei anderen Personen erzählen sie aus Ihrer Sichtweise deren Tun und Handeln.
Das ständige Gendern von Stefan finde ich nervig und es muss aus dem grammatikalischen Gesichtspunkt gesehen m.E. auch nicht sein.
Allerdings gibt es darüber sehr unterschiedliche Meinungen und fließt daher nicht in meine Bewertung ein.
Ein nachdenklich stimmender, sehr guter Roman. Ich lege mich auf 5 Sterne fest.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.04.2023

Gespaltenen Gesellschaft

0

Meine Meinung und Inhalt

"Lieber Stefan, bleibt uns denn etwas anderes übrig? Als stark sein, meine ich. Jeder nach seinen Möglichkeiten, jeder in seinem Bereich. Ich kann mir nicht helfen, aber ich ...

Meine Meinung und Inhalt

"Lieber Stefan, bleibt uns denn etwas anderes übrig? Als stark sein, meine ich. Jeder nach seinen Möglichkeiten, jeder in seinem Bereich. Ich kann mir nicht helfen, aber ich halte diese ganze neue Kultur der Schwäche für einen Irrweg. Verletzlichkeit, Empfindlichkeit, Opferstolz - ich frage mich, wo das hinführen soll. Das hätte doch nur Sinn, wenn es eine Macht gäbe, die für ausgleichende Gerechtigkeit sorgt. Wenn wir quasi alle Kinder wären und uns beim Übervater beschweren könnten. Da es den aber nicht gibt (jedenfalls nicht in Ostdeutschland), bleibt doch nichts anderes übrig, als anzupacken, damit der Laden läuft. Der eigene Laden im Kleinen und der große Laden im Ganzen." (ZITAT)


Ich habe schon viele Bücher von Juli Zeh gelesen, unter anderem „Spieltrieb“, „Schilf“, „Nullzeit“, „Unterleuten“ und war von jeden wirklich überwältig. Ihr Schreibstil ist - auch in diesem Buch - absolut großartig und schön zu lesen. Die Story "Zwischen Welten" passt sehr in die aktuelle Zeit, also sehr gegenwartsnah, was auch daran liegt, dass die Handlung im Jahr 2022 spielt. Die Probleme sind greifbar und brisant. Viele Themen werden angesprochen, welche wir aber ohnehin schon aus der täglichen Medienflur geliefert bekommen.

„Wer existenziell lebt (ich), muss nicht sensationell leben (du). Wer das Existenzielle verloren hat (du), braucht die Sensation. Das unterscheidet dich und mich. Es unterscheidet Stadt und Land.“ (ZITAT)

Die Kapitelaufteilung finde ich, ebenso wie die Whatsapp/E-Mail-Nachrichten zwischen den Protagonisten, sehr gelungen. Diese Harte Dialog-Kost, die aber nie monologisch wird, sondern zu jeder Rede die Gegenrede parat hält, so schwer erträglich sie einem auch im Einzelnen sein mag. »Zwischen Welten« wird so zum hochdramatischen Plädoyer für die Rückkehr zu einer toleranteren Gesellschaft. Absolute Leseempfehlung für dieses Werk, welches auch im Nachhinein noch zum Nachdenken andregt!


Inhalt

Zwanzig Jahre sind vergangen, als sich Stefan und Theresa zufällig in Hamburg über den Weg laufen, endet ihr erstes Wiedersehen in einem Desaster. Zu Studienzeiten waren sie wie eine Familie füreinander, heute sind kaum noch Gemeinsamkeiten übrig. Stefan hat Karriere bei Deutschlands größter Wochenzeitung DER BOTE gemacht, Theresa den Bauernhof ihres Vaters in Brandenburg übernommen.

Aus den unterschiedlichen Lebensentwürfen sind gegensätzliche Haltungen geworden. Stefan versucht bei seiner Zeitung, durch engagierte journalistische Projekte den Klimawandel zu bekämpfen. Theresa steht mit ihrem Bio-Milchhof vor Herausforderungen, die sie an den Rand ihrer Kraft bringen. Die beiden beschließen, noch einmal von vorne anzufangen, sich per E-Mail und WhatsApp gegenseitig aus ihren Welten zu erzählen. Doch während sie einander näherkommen, geraten sie immer wieder in einen hitzigen Schlagabtausch um polarisierende Fragen wie Klimapolitik, Gendersprache und Rassismusvorwürfe. Ist heute wirklich jeder und jede gezwungen, eine Seite zu wählen? Oder gibt es noch Gemeinsamkeiten zwischen den Welten? Und können Freundschaft und Liebe die Kluft überbrücken?


„Und verdächtig wird es in meinen Augen, wenn sich ein Mainstream entwickelt, der keinen Widerspruch mehr duldet. Wenn Leute (wie du) auf einmal blind werden für Gegenargumente und abweichende Meinungen. Wenn es keine Diskussion mehr geben soll, sondern nur noch alternativloses Handeln.“ (ZITAT)


Juli Zeh (Jahrgang 1974) ist eine echte Ausnahmeerscheinung im deutschen Literaturbetrieb. Die studierte Juristin und Völkerrechtlerin fesselt ihre Leser immer wieder mit zeitkritischen Romanen, in denen markante Figuren einzigartige Geschichten erleben. Ihr erster Roman „Adler und Engel“ (2001) bewegt sich zwischen rasanter Roadstory, brutalem Drogenthriller und einfühlsamer Initationsgeschichte. Er begeisterte bereits ein Millionenpublikum und wurde in 31 Sprachen übersetzt. Die schlichte, nüchterne Sprache Zehs und ihr gesellschaftskritischer Sarkasmus kommen auch in den folgenden Romanen „Spieltrieb“, „Schilf“, „Nullzeit“ und „Unterleuten“ zum Einsatz, die allesamt zu Bestsellern wurden. Juli Zeh, die mit ihrem Mann und zwei Kindern in Brandenburg lebt, wurde mit unzähligen Literaturpreisen ausgezeichnet und konnte sich auch als Essayistin und Journalistin einen Namen machen. Sie ist Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland und engagiert sich politisch für die SPD.


Der deutsche Autor Simon Urban kommt 1975 in Hagen zur Welt. Auf ein Germanistikstudium in Münster folgt eine Ausbildung an der Texterschmiede Hamburg sowie ein Studium am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Für seine Werke wird er 2003 mit dem Erker-Preis, 2005 dem Literaturförderpreis Ruhrgebiet und 2006 mit dem Limburg-Preis der Stadt Bad Dürkheim ausgezeichnet. 2009 gewinnt er bei den Clio-Awards, die zu den wichtigsten Kreativpreisen der Welt zählen, den Grand Prix und Gold für die erste literarische Live-Werbepause. Simon Urban lebt und schreibt in Hamburg sowie dem Ost-Holsteinischen Techau.



www.instagram.com/flowers.books

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.03.2023

Das Klima, der Wandel und andere Katastrophen

0

Theresa ist Landwirtin in Brandenburg, Stefan Journalist in Hamburg. Als Studenten lebten sie in einer WG zusammen und waren beste Freunde, als Theresas Vater starb und sie dessen Hof übernahm. Nach zwanzig ...

Theresa ist Landwirtin in Brandenburg, Stefan Journalist in Hamburg. Als Studenten lebten sie in einer WG zusammen und waren beste Freunde, als Theresas Vater starb und sie dessen Hof übernahm. Nach zwanzig Jahren Funkstille begegnen sich die beiden und es entsteht eine schriftliche Annäherung, bei der zwei Welten aufeinanderprallen.

Dieser Roman besteht ausnahmslos aus Emails und WhatsApp-Nachrichten, was ich unglaublich spannend fand, weil man schriftlich viel ausführlicher und oft auch viel ehrlicher ist, als wenn ein Gesprächspartner einem gegenüber steht, was ich selbst ganz erstaunlich finde. Stefan würde mich übrigens jetzt korrigieren und darauf hinweisen, dass es Gesprächspartnerin heißen muss, womit wir bereits voll im ersten Thema wären. Mit seiner konsequenten geschlechtergerechten Schreibweise hat er mich in den Wahnsinn getrieben, wie ich zugeben muss. Manchmal kamen Begriffe zustande, die mich dann aber auch laut auflachen ließen, denn ganz ehrlich; Gästinnen kann niemand ernst meinen. Oder doch? Diese Schreibweise hat Stefan übrigens knallhart durchgezogen und dafür zolle ich dem Charakter und den Autoren Respekt.

Dies war aber natürlich nicht das Hauptthema und überhaupt gab es da auch wirklich viele; ob Agrarpolitik, das Klima, Rassismus oder die soeben erwähnte Gendersprache, alles wurde angesprochen und sehr ausführlich diskutiert. Und genau da prallten die Welten aufeinander, erhitzten sich die Gemüter, kochten die Emotionen hoch. Im übrigen auch bei mir, denn selten haben mich Charaktere im Buch so aufgeregt, so berührt, so mitgerissen und auch bewegt. Wichtig und richtig fand ich dabei, dass keine Sichtweise bevorzugt wurde, beide Seiten kamen zu Wort und haben ihre Argumente vorbringen dürfen.

Hat mir der erste Teil des Buches schon gefallen, so fand ich die zweite Hälfte grandios! Ich hätte nicht gedacht, dass mich ein Buch über die realen Dinge, Fragen und Probleme so begeistern würde. Ganz nah an der Realität wurde Corona und auch der Krieg in der Ukraine thematisiert, fanden wahre Ereignisse und Begebenheiten ihren Platz. Das war schon großes Kino inklusive Drama, Familiengeschichte, politischem Krimi und natürlich auch einer riesigen Portion Gesellschaftskritik. Ganz meisterlich! Volle Punktzahl und ein zusätzliches Gendersternchen gibt es dafür von mir. Lesenswert!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.11.2023

Hochaktuelle Gesellschaftskritik

0

„Zwischen Welten „von Juli Zeh und Simon Urban befasst sich mit der aktuelle Streitkultur, in der andere Meinungen nur schwerlich akzeptiert werden. Vielmehr werden Andersdenkende gerne beschimpft und ...

„Zwischen Welten „von Juli Zeh und Simon Urban befasst sich mit der aktuelle Streitkultur, in der andere Meinungen nur schwerlich akzeptiert werden. Vielmehr werden Andersdenkende gerne beschimpft und diffamiert. Man wirft ihnen sofort etwas vor, wie etwa Rassismus, Frauenfeindlichkeit, Fortschrittsverweigerung u.s.w.. Sehr schön ist das ja in der Politik zu beobachten, aber auch zunehmend in der Gesellschaft.

Unsere beiden Protagonist*innen kennen sich aus Studientagen, wo sie zusammen in einer WG in Münster gewohnt haben. Theresa ist irgendwann über Nacht einfach aus Stefan‘s Leben verschwunden, da ihr Vater verstorben war und ihre Mutter sich außerstande sah den eigenen Bauernhof in Brandenburg weiterzuführen. Sie hat dann entschieden selbst Bäuerin zu werden und hat es geschafft den Familienhof zum Ökobetrieb umzustrukturieren. Stefan dagegen ist nach dem Studium Journalist geworden und hat Karriere in einem renommierten Wochenblatt in Hamburg gemacht. Ihre Lebenswelten unterscheiden sich heute also sehr. Während Stefan sich von seinem Großstadtschreibtisch zu allen Themen unserer Zeit eine Meinung bildet, kämpft Theresa auf dem Land ganz konkret gegen die ganze Bürokratie, die der Landwirtschaft das Leben schwer macht. Einerseits versucht sie alles richtig zu machen, ihren Hof mit biologischer Landwirtschaft in die Zukunft zu führen, andererseits werden ihr von der Politik immer wieder Auflagen gemacht, die ihre Existenz gefährden.

Jetzt wo sie sich zufällig wiedergetroffen haben, versuchen Theresa und Stefan, die alte Freundschaft wieder aufleben zu lassen, tauschen ihre Kontaktdaten und beginnen einen regen Austausch per e-Mail und What’s App. Das ganze Buch ist ein „Briefroman“ allerdings mit den modernen Medien e-Mail, What‘s App und ab und an SMS. Das macht es auch zuweilen etwas anstrengend und ist sicher nichts für jedermann.

Beide Figuren waren mir nicht wirklich sympathisch. Stefan ist ein Besserwisser, der sich für total weltoffen und reflektiert hält und eigentlich jedem politischen Trend hinterherläuft. Und Theresa wirkt auch irgendwie etwas stereotyp. Sie kämpft tagtäglich in ihrem Betrieb mit den Folgen des Klimawandels, z.b den trockenen Böden oder den vielen bürokratischen Hürden, die den Landwirten das Leben wirklich schwer machen.

Auch wenn sie sich heftig streiten, auch vor Beleidigungen des anderen nicht zurückschrecken, finden sie doch immer wieder zum Gespräch zurück. Die Themen sind vielfältig und aktuell. Es geht um Rassismus, die Frauenrollen, das Gendern aber auch um den Krieg in der Ukraine, Fremdenfeindlichkeit im Osten, Corona und die AFD, um nur ein paar Themen zu nennen. Die Auswirkungen der modernen Medien auf die Gesellschaft, die Hetze im Netz und die Cancel Culture bekommt Stefan dann auch hautnah in seinem Zeitungsbetrieb zu spüren.


Auch wenn man weder Theresa noch Stefan zu 100% mag, kann man der einen oder anderen Position durchaus zustimmen. Juli Zeh und Simon Urban haben einen Gesellschaftsroman geschrieben, der sehr aktuell ist und den Finger immer genau in die Wunden des Systems stößt. Man wird nach der Lektüre schon nachdenklich, und die Lektüre gibt einem mit Sicherheit eine Menge Denkanstöße mit auf den Weg.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere