Cover-Bild Das Vorkommnis
Band 1 der Reihe "Biographie einer Frau"
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 192
  • Ersterscheinung: 16.02.2022
  • ISBN: 9783423290210
Julia Schoch

Das Vorkommnis

Roman | »Ein literarisches Kunstwerk, ein virtuoses Meisterstück.« (Elke Heidenreich)

Lebenslinien – Liebeslinien – Liebesmuster

Eine Frau wird von einer Fremden angesprochen, die behauptet, sie hätten beide denselben Vater. Die überraschende Begegnung bleibt flüchtig, löst in ihr aber eine Welle von Emotionen aus. Fragen drängen sich auf, über Ehe und Mutterschaft, über Adoption und andere Familiengeheimnisse, über Wahrheit überhaupt. In ›Das Vorkommnis‹ erzählt Julia Schoch – eine der eindrücklichsten Stimmen autofiktionalen Erzählens in der deutschen Literatur – von einem Leben, das urplötzlich eine andere Richtung bekommt. Fesselnd und klarsichtig, so zieht sie hinein in den Strudel der ungeheuerlichen Dinge, die gleichzeitig auch alltäglich sind. Ein Roman von großer literarischer Tiefe und Schönheit, im Werk von Julia Schoch ein neuer Höhepunkt.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.02.2022

Über die Wendungen des Lebens

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„Wir haben übrigens denselben Vater.“
Bei einer Lesung wird die Protagonistin des Romans mit diesen Worten von einer fremden Frau angesprochen und sieht zum ersten Mal in ihrem Leben die Halbschwester, ...

„Wir haben übrigens denselben Vater.“
Bei einer Lesung wird die Protagonistin des Romans mit diesen Worten von einer fremden Frau angesprochen und sieht zum ersten Mal in ihrem Leben die Halbschwester, mit der sie den Vater teilt. Spontan umarmt sie die Frau. Das Vorkommnis, wie sie das Aufeinandertreffen im Folgenden nennt, nimmt sie ein und löst ein emotionales Chaos in ihr aus, das von nun an ihr Leben mitbestimmt.

Es entsteht eine Verschiebung im Familiengefüge, obwohl die Protagonistin von der Halbschwester durchaus wusste. Denn einst fand die Mutter einen Zettel über gezahlte Alimente in der Jackentasche des Vaters. Dieser hatte während des Krieges ein sogenanntes „Bratkartoffelverhältnis“ zu einer älteren Frau. Die Tochter aus dieser Beziehung, von der er gar nicht mit Sicherheit wusste, ob sie seine war, wurde zur Adoption freigegeben.

Es ist dieses Schicksal der unbekannten Frau, das Bilder der eigenen Vergangenheit hervorruft. Aus dem Leben der Eltern, der Großeltern und schließlich aus der eigenen Kindheit in der DDR. Die Protagonistin beginnt, vieles mit neuen Augen zu betrachten, zu überdenken. Die Halbschwester, deren Schicksal und das Verhältnis der Protagonistin zu ihr, nehmen unbewusst und bewusst einen Platz in ihrem Alltag, in ihrem Denken und Fühlen ein. Das Schreiben dient dabei als Bewusstwerdung und Aufarbeitung der Ereignisse.

Julia Schoch erzählt auf reflektierte, kluge und sprachlich gewandte Art und Weise von Einzel- und Familienschicksalen, von Nähe und Entfremdung, von dem Aufwachsen in der DDR und von den Gräben, die der Krieg in die Leben der Menschen geschlagen hat.
Das Buch bildet den Auftakt zu einer Trilogie, in der es um das Leben einer Frau geht, und man kann auf die beiden noch folgenden Bände nur gespannt sein.

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Veröffentlicht am 16.05.2022

Ein erschütterndes Familiengeheimnis

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Eine Frau wird von einer Fremden angesprochen, sie hätten denselben Vater. Dieses Vorkommnis löst sehr viel Verunsicherung aus, Fragen tauchen auf über Ehe und Mutterschaft, über Familiengeheimnisse, über ...

Eine Frau wird von einer Fremden angesprochen, sie hätten denselben Vater. Dieses Vorkommnis löst sehr viel Verunsicherung aus, Fragen tauchen auf über Ehe und Mutterschaft, über Familiengeheimnisse, über die Wahrheit.

Die Protagonistin arbeitet als Autorin, das Vorkommnis verarbeitet sie in einer Geschichte. Sie beschreibt eine große Verunsicherung, die sie veranlasst, ihr gesamtes bisheriges Leben neu zu überdenken. Dadurch erscheint sie sehr verletzlich, was ich nicht immer nachvollziehen konnte. Sie blieb für mich immer etwas fremd, so viel sie mir auch erzählen mochte. Literarisch ist diese Geschichte sicherlich sehr anspruchsvoll geschrieben, mich konnte sie nicht wirklich erreichen.

Das Buch ist der erste Teil einer Trilogie. Ich werde sie allerdings nicht weiter vertiefen und vergebe 3 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 18.04.2022

Innenleben von außen betrachtet

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Eine Schriftstellerin weiß sehr wohl um das ältere uneheliche Kind ihres Vaters. Dennoch ist der Schock tiefgreifend, als diese mittlerweile erwachsene Frau sie nach einer Lesung anspricht:„Wir haben übrigens ...

Eine Schriftstellerin weiß sehr wohl um das ältere uneheliche Kind ihres Vaters. Dennoch ist der Schock tiefgreifend, als diese mittlerweile erwachsene Frau sie nach einer Lesung anspricht:„Wir haben übrigens denselben Vater.“

Die Erzählerin verarbeitet dieses Erlebnis in einer Reihe kurzer Kapitel, die Bezug nehmen auf ihr reales Leben und zugleich ausleuchten, wie diese unerwartete Begegnung Einfluss genommen hat auf ihre Denkweise.
Diese geschilderten Episoden werden aneinandergereiht. Sie kommen mir doch recht banal vor und die Erzählerin steigert sich zunehmend in eine Irrationalität hinein. Sie überträgt sogar die Sünden des Vaters auf ihren eigenen Ehemann, denn sie verdächtigt ihn des Ehebruchs, findet jedoch keine Beweise.
Mir persönlich wird die Erzählerin immer unsympathischer. Ich kann nicht verstehen, was in ihrem Kopf vorgeht und ich kann auch nicht nachvollziehen, wieso der Kontakt mit der unbekannten Schwester, von deren Existenz sie ihr ganzes Leben schon gewusst hatte, sie dermaßen verunsichert.
Das Lesen gestaltet sich zäh. Besonders irritierend: Es werden keine Namen genannt. Die Personen werden nur als "die Schwester", "das ältere Kind" oder "der Mann" bezeichnet. So verlagert sich die Distanz der Erzählerin auf den Leser. Genau wie sie kann er keine Verbindung mit den Protagonisten aufbauen, sondern kann nur aus weiter Entfernung dem Geschehen folgen.
Ich finde, hier wird eine kurze Begegnung zu einer künstlichen Bedeutungsschwere aufgebauscht, die einfach keinen Roman sinnvoll ausfüllen kann.
Weil sich mir der Sinn des Ganzen nicht erschlossen hat, will ich dieses Buch auch nicht weiterempfehlen.

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Veröffentlicht am 22.02.2022

Jede Menge Gedanken

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Die Protagonistin hält eines Abends eine Lesung in einer fremden Stadt. Im Anschluss kommt eine unbekannte Frau auf sie zu, offenbart ihr, dass sie ihre Halbschwester sei. Sie umarmt die Unbekannte und ...

Die Protagonistin hält eines Abends eine Lesung in einer fremden Stadt. Im Anschluss kommt eine unbekannte Frau auf sie zu, offenbart ihr, dass sie ihre Halbschwester sei. Sie umarmt die Unbekannte und nach ein paar Sätzen gehen sie wieder getrennte Wege. Doch das Vorkommnis führt dazu, dass die Protagonistin ihr Leben überdenkt und hinterfragt.

"Das Vorkommnis" ist der erste Band der autofiktionalen Trilogie "Biographie einer Frau" von Julia Schoch, welche von der Fachpresse bereits hochgelobt wird. Die Idee ist gut, es passiert im Leben etwas Unvorhergesehenes (in diesem Buch gar nicht mal so überraschend) und plötzlich fragt man sich, ob man in der Vergangenheit auch schon Ereignisse und Erlebnisse falsch eingeschätzt hat, wie soll man auf das "Neue" reagieren? Reagiert man überhaupt oder lebt man weiter, als wäre nichts. In "Das Vorkommnis" taucht eine Halbschwester auf, die diese Gedankengänge bei der Ich-Erzählerin auslöst. Eine Halbschwester, von der die Erzählerin aber eigentlich schon wusste und sie nur verdrängt hatte, die lange vor ihrer eigenen Geburt und vor der Beziehung ihrer Eltern geboren wurde.

Natürlich kann ein solches Ereignis ein Einschnitt ins eigene Leben sein, doch die Fülle an Gedanken und Zweifel, die danach auf die Erzählerin einprasseln führen mir zu weit weg. Eher habe ich das Gefühl es brauchte eine Basis, einen Ausgangspunkt, um bestimmte Dinge im Leben der Erzählerin zu erwähnen, die sie schon länger beschäftigen oder die sie für interessant hält: Ihre Kinheit in der DDR, irgendwo in der Pampa, erste Beziehungen, das Leben der Mutter, von dem sie immer meinte, diese würde es nicht genießen, die ehemalige Beziehung des Vaters, ihre Entfremdung von ihrer "richtigen" Schwester, ihre Arbeit, ihre Ehe und die Zweifel an der Liebe, an ihrem Mann, seiner Treue, ihr Umgang mit den eigenen Kindern, ja sogar das Leben der Großeltern usw.

Und so prasseln diese Gedanken chronologisch relativ ungeordnet und durcheinander auf die Erzählerin und auf mich ein. Ich erwischte mich mehr als einmal dabei, mich zu fragen, ob das Vorkommnis wirklich all das ausgelöst hat. Oder liegt das Problem nicht vielmehr bei der Erzählerin: "..., was einen Menschen antrieb, was ihn niederzwang, woran er wuchs oder was ihn vernichtete, seine Größe und seine Verzweiflung, all das kam immer nur aus ihm selbst."

Ich will nicht verschweigen, dass es in dem Buch einige gute Gedanken, Anekdoten und aufgeworfene Fragen gibt. Doch persönlich berührt hat es mich leider viel zu selten, obwohl es auch mit meiner Biographie Überschneidungen gibt, was angesichts der Breite an angesprochenen Themen aber vermutlich bei jedem Leser der Fall wäre. Mir fehlten zum Beispiel Namen. Es tat mir in der Seele weh immer nur vom älteren Kind zu lesen, als wäre es ein abstraktes Ding und keine Mensch, den die Erzählerin geboren hat. Mir fehlt Nähe und echtes Gefühl in diesem Text. Das ist wohl der Hauptgrund, warum mich das Buch weniger gepackt hat, als erwartet. Daher 3 Sterne

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Veröffentlicht am 21.02.2022

Eine Familiengeschichte spezieller Art

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Im Rahmen einer Lesereise in Norddeutschland kommt es zu einem besonderen Vorkommnis während des abschließenden Signierens von Büchern im Gemeindehaus: Eine weibliche Person stellt sich ihr zaghaft als ...

Im Rahmen einer Lesereise in Norddeutschland kommt es zu einem besonderen Vorkommnis während des abschließenden Signierens von Büchern im Gemeindehaus: Eine weibliche Person stellt sich ihr zaghaft als ihre Halbschwester vor. Insgesamt folgt ein Plädoyer für die Familie als ein Ort des Verzeihens, frei von moralischen Erwägungen.
Es geht sehr oft um Gefühle, z. B. um Gefühle der Verschiedenheit als Kind beim Besuch der Verwandten in Westdeutschland und deren luxuriösem Leben im Vergleich zu ihrem in Ostdeutschland.
Nachträgliche Gedanken zur Brieffreundschaft mit einer Schülerin im Ural, Russland erwägen einen heimtückischen Betrug eine Hinterlist des ostdeutschen Spitzelsystems, um in solchen kindlichen Briefen vielleicht hinterlistig an Informationen über ihre Familie zu gelangen.
Politisch motivierte Gedanken zur Ausbürgerung von Wolf Biermann 1976, zur offenen Bespitzelung von Christa Wolf 1979 durch die Stasi reihen sich ein neben Erinnerungen an den Herbst 1989, dem Jahr des Umbruchs, den täglichen Meldungen über Rücktritte von Politikern, über Spitzeltätigkeiten bestimmter Personen, denen man vertraute.
Das Loslösen von dieser eigenen Vergangenheit scheint im Erwachsenenalter nicht zu glücken, denn viele solcher Gedanken führen den Leser in eine DDR-Vergangenheit, in eine an sich sorglose Kindheit. Jedoch hat sich die Ordnung dieser alten Welt des Kindes durch die Wende verflüchtigt. Daran ändert auch ein Aufenthalt an der Universität in Bowling Green, Ohio nichts, an der sie Lehreinheiten zur deutsch-deutschen Literatur abhält.

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