Cover-Bild Krummes Holz
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Klett-Cotta
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 272
  • Ersterscheinung: 17.02.2024
  • ISBN: 9783608966091
Julja Linhof

Krummes Holz

 »Krummes Holz« entwickelt einen Sog, dem man sich nicht entziehen kann. Unbedingte Leseempfehlung!« Florian Valerius

Es ist ein drückend schwüler Sommer, in dem Jirka an den Hof seiner Eltern im Krummen Holz zurückkehrt. Mehrfach hat er die Bitte seiner älteren Schwester Malene ignoriert, ihr gegen den Vater beizustehen. Als Jirka jetzt auf dem heruntergewirtschafteten Gutshof eintrifft, scheint keiner mehr auf ihn zu warten. Vom Vater findet sich keine Spur, und von seiner dementen Großmutter und seiner unversöhnlichen Schwester schlägt ihm eine Wand des Schweigens entgegen. Nur einer spricht mit ihm – Leander, der Sohn des letzten Verwalters. Doch obwohl die Feindseligkeit seiner Schwester kaum auszuhalten ist, lässt sich mit Leanders Nähe noch schwerer umgehen. Zu intensiv sind die Erinnerungen, die sich mit jedem neuen Tag in den Vordergrund drängen. »Krummes Holz« erzählt mit flirrender Intensität von der Kraft eines Geschwisterbandes in einer glücklosen Kindheit und darüber, wie zwischen all den enttäuschten Hoffnungen die Liebe zu finden ist.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.02.2024

Eine Familie, wie man sie keinem Kind wünscht

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Gleich vorweg: Das Buch hat eine sehr bedrückende Atmosphäre, insbesondere durch die Erinnerungen an die Kindheit der Geschwister Malene und Jirka, welche von Gewalt und Lieblosigkeit geprägt war. Auf ...

Gleich vorweg: Das Buch hat eine sehr bedrückende Atmosphäre, insbesondere durch die Erinnerungen an die Kindheit der Geschwister Malene und Jirka, welche von Gewalt und Lieblosigkeit geprägt war. Auf diese emotionale Talfahrt war ich so nicht vorbereitet und möchte darauf hinweisen, dass es evtl Menschen, die eine ähnliche Kindheit erfahren haben, triggern könnte.
Sehr viel Handlung hat das Buch an sich nicht, es lebt vielmehr durch die vielen Rückblenden, welche nach und nach verdeutlichen, wie die Geschwister aufwachsen mussten. Erzählt wird aus der Perspektive des nun 19-jährigen Georg junior alias Jirka, der die letzten fünf Jahre im Internat verbrachte und diesen Sommer, ich vermute irgendwann in den 1970ern verortet, auf den Hof der Familie zurückkehrt. Dort begegnet ihm seine vier Jahre ältere Schwester zunächst ablehnend, was Jirka nicht versteht, nicht verstehen will. Desweiteren lebt u.a. noch Leander auf dem Grundstück, der Sohn des damaligen Verwalters, altersmäßig so mitte zwanzig.
Nach und nach kommen Erinnerungen an damals zurück, welche auf eine äusserst brutale und lieblose Familie hinweisen, an welcher die eigene Mutter ebenfalls zerbrach. Das Geräusch des Gürtels, welcher durch die Gürtelschlaufen gezogen wird (darf man nicht an sich heranlassen, gibt einen straffen Po), Tischgewohnheiten, bei denen mir jeder Appetit verging, brutale Erziehungsmethoden der Großeltern, die verdeutlichen, dass der Vater nicht allein durch sein Kriegstrauma so grausam handelte. Es sind so viele erschreckende Details, welche beim Lesen auf mich einprasselten. Hinzu kommt, dass Jirka seine Kindheit teils verdrängt, teils romantisch verklärt erinnert, sehr wahrscheinlich als Schutzmechanismus, wobei er den Umstand, dass seine ältere Schwester vieles für ihn abgefangen hat, leider auch vergessen hat. Umso mehr konnte ich ihre Verbitterung nachvollziehen, wie alleingelassen sie sich mit all dem Hass und Leid fühlen musste, als ihr Bruder endlich mal wieder auftauchte. Und umso wütender wurde ich auf Jirka, weil er die Wahrheit weiterhin nicht sehen wollte.
Ein weiterer Punkt, den ich nicht unbedingt gebraucht hätte, ist Jirkas Verliebtheit seit seiner Kindheit in Leander. Hat letzterer sich damals als schwul geoutet, hat Jirka sein coming out bis heute verdrängt. Hier wurde die damals noch recht homophobe Einstellung der Bevölkerung wiederholt deulich.
Ein sehr bewegender und aufwühlender Roman, welcher ohne viel Handlung auskommt. Das Ende empfand ich als unlogisch, machte das Ganze leider etwas unrund.

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Veröffentlicht am 17.02.2024

Emotionale Kälte in malerischer Landschaft

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Die Geschwister Jirka und Malene wachsen auf einem alten Gutshof auf. Früh haben sie die Mutter verloren. Als ob der Verlust nicht schlimm genug ist, wird das Andenken an die Mutter aufgrund des Selbstmords, ...

Die Geschwister Jirka und Malene wachsen auf einem alten Gutshof auf. Früh haben sie die Mutter verloren. Als ob der Verlust nicht schlimm genug ist, wird das Andenken an die Mutter aufgrund des Selbstmords, der in der katholischen Enge als Frevel gilt und die Mutter damit als zu schwach fürs Leben, von Großmutter, Vater und der Dorfgemeinschaft belastet. Der Vater ist gewalttätig, auch dem jungen Jirka gegenüber, demütigt ihn, sperrt ihn sogar mehrfach in die Hundezwinger ein. Jirka wird schließlich auf ein Internat geschickt, eine Befreiung aus den Zwängen seiner Herkunft.

Gegangen als Heranwachsender vor dem Stimmbruch, kehrt er als junger Erwachsener zurück. Was ihm begegnet, ist auch nach all der Zeit die emotionale Kälte, Bedrückung und Sprachlosigkeit, die er verlassen hat. In der Erzählung, die mit der Rückkehr Jirkas einsetzt, vermischen sich Erinnerungen an seine Kindheit und die Herausforderungen der Gegenwart auf dem völlig vernachlässigten Hof. Sensibel thematisiert wird dabei auch der Umgang mit Homosexualität in diesem Milieu, das jede Abweichung der aus Tradition und Glaube definierten Norm sanktioniert.

Deutlich wird im Verlauf, dass die Bitterkeit und Kälte der Familie nicht erst mit dem gewalttätigen Vater begonnen hat, es sind vererbte Traumata einer lieblosen Kindheit die Generationen prägen, auch ihn und seine Schwester und ihre Beziehung zueinander.

Eine bedrückende Atmosphäre erzeugt die Autorin mit ihren Zeilen und lässt uns in Krummes Holz so eintauchen in ein Leben und Aufwachsen in einer lieblosen Familienkonstellation auf dem Land, geprägt durch Glaube, Gewalt, wenig Emotion, Stärke zeigen, Durchhalten. Die landschaftliche Idylle steht dabei im Gegensatz zur erlebten emotionalen Enge. Diese Dualität der Motive durchzieht die Erzählung indem der familialen Kälte eine poetische Sprache und malerische Landschaft gegenübergestellt wird.

Sprachlich konnte mich der Roman allerdings nicht völlig überzeugen, viele Formulierungen waren mir zu „ungelenk“, erzeugte Bilder nicht so, dass sie sich vor dem Auge gut zusammensetzen, weil Bezugspunkte fehlen oder nicht eingängig sind.

Krummes Holz ist ein langsamer, bedrückender Roman über eine lieblose Kindheit und ein Geschwisterpaar, das seinen Weg im Leben und zueinander sucht.

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Veröffentlicht am 17.02.2024

Stark zwischen den Zeilen

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Hammer, was für ein starkes Debüt! Gerade habe ich „Krummes Holz“ beendet und habe Fragen.
Fragen, die mich beschäftigen und Gedanken, die in meinem Kopf rollen. Gedanken über Väter und Liebe und Geschwister ...

Hammer, was für ein starkes Debüt! Gerade habe ich „Krummes Holz“ beendet und habe Fragen.
Fragen, die mich beschäftigen und Gedanken, die in meinem Kopf rollen. Gedanken über Väter und Liebe und Geschwister und besonders über die Möglichkeit von zarter, vorsichtiger Annäherung trotz großem, emotionalem Gepäck.

Den Balast aus der Vergangenheit haben sie alle, die Figuren in Julja Linhofs Roman: Malene, Leander und natürlich der Ich-Erzähler Jirka.
Jirka ist ein junger Mann und er kehrt nach einigen Jahren der Abwesenheit auf den Hof zurück, auf dem er aufgewachsen ist.
Es ist Hochsommer, die Böden sind ausgetrocknet und es ist heiß.
Ich brauche ein paar Seiten, bis ich vollständig in das Setting eingetaucht bin und die Personen zugeordnet habe.
Malene ist Jirkas ältere Schwester und führt gemeinsam mit dem Vater den heruntergewirtschafteten Hof. Leander ist der Sohn des verstorbenen Gutshofverwalters und ein enger Jugendfreund der beiden Geschwister.

Als Jirka auf dem Hof ankommt, scheint sich niemand wirklich zu freuen. Der Vater ist nicht da, und Malene ist sauer, denn sie hat den Hof die letzten Jahre fast alleine geführt und hätte ihn gebraucht. Die alte Großmutter ist dement und lebt in ihrer eigenen Welt oder in der Vergangenheit.

Malene und Jirka, beide sind gezeichnet von dem Wissen, die größte Enttäuschung für den Vater zu sein.

Malene reagiert mit Wut, Jirka, der Erzähler, mit Flucht.

“Ich lerne durch Malenes Aufbäumen, selbst still zu bleiben, den Kern zu schützen. Ohne Schichten. Stattdessen bleibe ich mein Leben lang auf der Flucht vor Konflikten.”

Und dann gibt es noch Jirka und Leander….



Was für mich die große Faszination dieses Romans ausmacht, ist das Geschehen zwischen den Zeilen. Es gibt Geheimnisse, es gibt Verletzungen, es gibt Vergangenheit, doch nichts davon wird ausgeschrieben.

Es gibt leise, subtile Andeutungen einer Kindheit voller Gewalt und erzieherischem Druck durch den despotischen Vater.
Es gibt Andeutungen von traumatischen Ereignissen in der Vergangenheit.
Es gibt auch Andeutungen von Liebe, die nie ausgesprochen wurde.

Das alles hängt zwischen den Zeilen und über der heißen flirrenden Luft des Hofes.

Sprachlich punktet Linhof für mich literarisches Hochwertigkeit. Ich lese ihren doppelbödigen Stil unglaublich gerne, er ist gleichzeitig kraftvoll und verletzlich. Mag ich sehr, sehr gerne!

„Seine Augen schimmern im Kerzenlicht, und es ist wieder dieser Blick, der mich trifft und aufbricht.“

Und ja, es wird Enthüllungen geben, aber Linhof schafft es, nicht die Ereignisse in den Vordergrund zu rücken, sondern die Gefühle ihrer Figuren. Das mag ich und es ist eine ungewohnte Abwechslung zur sonstigen voyeuristischen Ausschlachtung traumatischer Geschehnisse (die ich aber natürlich auch mag).

„Krummes Holz” ist für mich eines der stärksten Debüts dieses Jahr, so far. Und natürlich eine Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 17.02.2024

Tristesse

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Nach Jahren kehrt der mittlerweile 19jährige Jirka zurück auf den elterlichen Hof. Bald nach seiner Ankunft beobachtet er, wie aus einer Unterhaltung zwischen Malene, seiner Schwester und Leander, dem ...

Nach Jahren kehrt der mittlerweile 19jährige Jirka zurück auf den elterlichen Hof. Bald nach seiner Ankunft beobachtet er, wie aus einer Unterhaltung zwischen Malene, seiner Schwester und Leander, dem Sohn des ehemaligen Verwalters, Streit entbrennt. „Vielleicht ist das der Moment, in dem meine Schwester erfährt, dass Leander mich wenige Stunden zuvor auf der Straße aufgelesen hat.“ Denn keiner erwartet ihn, keiner heißt ihn willkommen. Im Gegenteil, ihm begegnen Kälte und Schweigen seitens seiner Schwester und seine demente Großmutter erkennt ihn nicht mehr. Lediglich Leander redet mit ihm. Hätte er nicht herkommen sollen?

Er liegt in seinem ehemaligen Zimmer auf einer schäbigen Matratze, starrt den brauen Wasserfleck an der Decke an und denkt an früher. Wie Georg, sein Vater, ihn nicht nur einmal im Hundezwinger eingesperrt und Vilém, der Verwalter, ihn immer wieder befreit hat. Er denkt auch an seine früh verstorbene Mutter. Es war eine lieblose Kindheit, eine trostlose Zeit und wie es aussieht, hat sich in dieser Familie nichts verändert.

Julja Linhof hat mit „Krummes Holz“ ihren Debütroman vorgelegt und wie sie selbst ausführt, muss aus einem krummen Holz nicht zwangsläufig ein krummes Leben werden. Die Kindheit prägt, das steht außer Frage und auch hier finden sich in den Figuren prägende Eigenheiten, die das weitere Leben beeinflussen, die tief im Inneren verborgen sind.

Nachdem ich mich an das Buch herangetastet und Seite um Seite gelesen habe, mochte sich kein Sog einstellen. Die Tristesse und Düsternis zieht sich durch Jirkas Geschichte, ich hab sie eher als eine episodische Aneinanderreihung empfunden, der Funke mochte nicht überspringen. Es ist wie ein Aufarbeiten der lieblosen Kindheit und ein sich jetzt Hineindrängen in das Leben der Schwester, die nichts von ihm wissen will, denn der Hof ist ihr Zuhause. Man könnte es durchaus als Familiendrama bezeichnen, das von der Gegenwart immer wieder in die Vergangenheit führt mit einem Ende, das sich schon früh ankündigt, das mich aber dennoch nicht gerade versöhnlich zurücklässt.

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Veröffentlicht am 17.02.2024

Geschichte einer Rückkehr

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Es ist die Geschichte einer Rückkehr und einer beschädigten Familie.

Es wird sorgsam erzählt, mit einer sensiblen Hauptfigur. Der junge Jirga kehrt auf den elterlichen Hof zurück. Eine ganz starke Figur ...

Es ist die Geschichte einer Rückkehr und einer beschädigten Familie.

Es wird sorgsam erzählt, mit einer sensiblen Hauptfigur. Der junge Jirga kehrt auf den elterlichen Hof zurück. Eine ganz starke Figur ist seine toughe Schwester Malene. Der Vater Georg hingegen ist abwesend und strahlt dennoch eine Kälte und Gefahr aus.

Man muss der Autorin für ihre einfühlsame Art, zu erzählen und mit den Figuren umzugehen, dankbar sein.
Bruchstückhaft erfährt man davon, was mit der Familie los ist und der Gewalt der Vergangenheit.
Als Leser ist man vom Text gefesselt. Ein wirklich guter Roman!