Ich habe es nicht kommen sehen
Katie Kento entführt uns in ihrem YA-Krimi Hotel Ambrosia in ein düsteres, geheimnisumwobenes Hotel, das sich perfekt für True-Crime-Fans und Liebhaber nervenaufreibender Spannung eignet.
Mit einem cleveren ...
Katie Kento entführt uns in ihrem YA-Krimi Hotel Ambrosia in ein düsteres, geheimnisumwobenes Hotel, das sich perfekt für True-Crime-Fans und Liebhaber nervenaufreibender Spannung eignet.
Mit einem cleveren Mix aus atmosphärischem Setting, beliebten Trope wie Missing Person und Cold Case sowie einer originellen Erzählstruktur schafft die Autorin ein unvergessliches Leseerlebnis.
Das Hotel Ambrosia erinnert nicht zufällig an das berüchtigte Cecil Hotel in Los Angeles, das dank Social Media in den letzten Jahren eine fast mythische Popularität erreicht hat. Zuletzt auch wegen der 4teiligen Doku auf Netflix. Sehr zu empfehlen und lustigerweise findet man nach dem Buch ein paar Parallelen dort.
Kento nutzt diese Assoziation gekonnt, um eine schaurige Grundstimmung zu erzeugen, die den Leser bereits ab der ersten Seite in ihren Bann zieht. Das Hotel selbst wird zum düsteren Protagonisten der Geschichte, ein Ort, an dem Zeit stillzustehen scheint und die Schatten der Vergangenheit greifbar sind. Auch der Satz „Das Ambrosia verschlingt seine Bewohner und spuckt sie wieder, zu den Füßen der Toten aus.“ Noch schauriger geht es kaum und allein in diesem Satz liegen so viele Informationen, dass es mir immer noch kalt den Rücken runter läuft.
Die Handlung beginnt mit der Ankunft der jugendlichen Protagonistin Michelle, im Hotel gegenüber von Robyns zu Hause. Schnell wird klar, dass das Verschwinden kein Einzelfall ist und die Wahrheit tief in den Gemäuern des Hotels verborgen liegt. Der Kriminalfall entfaltet sich in einer packenden Mischung aus klassischer Ermittlungsarbeit, beklemmenden Rückblenden und überraschenden Wendungen.
Besonders hervorzuheben ist Kentos innovative Erzählweise. Neben dem konventionellen Narrativ werden immer wieder Elemente wie E-Mails, Zeitstrahlen und fiktive Recherchedokumente eingebaut, sowie Skizzen vom Hotel und WhatsApp Verläufe. Diese verleihen der Geschichte Authentizität und erinnern an die Stilmittel moderner True-Crime-Dokus.
Die Charaktere sind facettenreich und glaubwürdig gestaltet.
Robyn überzeugt als entschlossene, zugleich verletzliche Protagonistin, die gegen innere und äußere Dämonen kämpft. Sie ist aufgrund einer Krankheit an ihr zu Hause gefesselt. Diese Krankheit crasht zum teil ihr komplettes Leben und sie ist nicht mehr in der Lage körperlich etwas zu tun. Deswegen ist sie der stille Beobachter des Ambrosia. Fortbewegen kann sie sich nur im Rollstuhl.
Nelly ihre Tante, opfert sich komplett für sie auf und versucht alles erdenkliche, um Robyn das Leben so angenehm wie möglich zu machen. Doch ist ihre Übervorsorglichkeit, nicht eventuell zu viel?
AJ, wird zum spontanen Komplizen von Robyn, als die beiden eher zufällig aufeinander treffen. Er ist super lustig, sehr offen, sehr engagiert. Doch er trägt ein Geheimnis mit sich herum, was alles ändern könnte. Was aber auch der ausschlaggebende Punkt ist, wieso er auf der Straße lebt.
Beide zusammen, AJ und Robyn geben ein super Team ab. Allerdings ist Robyn definitiv die dominantere, die alle Zügeln in der Hand halten will und die deswegen stellenweise ein wenig über das Ziel hinausschießt. Mag daran liegen, weil sie endlich eine Aufgabe hat oder aber weil der Ehrgeiz sie antreibt.
Auch die Nebenfiguren, von den undurchsichtigen Hotelangestellten bis zu den unheimlichen Gästen, tragen zur dichten Atmosphäre bei und lassen einen immer wieder an ihren Motiven zweifeln.
Was Hotel Ambrosia jedoch wirklich auszeichnet, ist Kentos Fähigkeit, die beklemmende Stimmung des Hotels fast greifbar zu machen. Jede knarrende Diele, jeder dunkle Flur und jede verschlossene Tür tragen zur unheimlichen Faszination dieses Schauplatzes bei. Fans von True Crime werden die Parallelen zu realen Cold Cases und den subtilen Verweis auf das Cecil Hotel lieben.
Es gibt Wendungen in diesem Buch, die ich habe so nicht kommen sehen. Es gibt plötzlich so viele einzelne Bausteine, die auftauchen, wieder verschwinden, an einer anderen Stelle auftauchen, dass es am Ende schwierig ist, alles miteinander zu kombinieren. Wenn am Ende dann alles an seinem Platz liegt, schüttelt man nur den Kopf und denkt sich nur: „Das hat sie nicht wirklich getan?!“
Wahnsinnig gut ausgearbeitet, wahnsinnig gut niedergeschrieben und den Leser hervorragend an der Nase herumgeführt. Und damit ich nichts verrate, gehe ich auf den Inhalt auch nicht wirklich ein. Denn die Gefahr, dass ich Spoiler ist einfach zu groß.
Aber es sei euch gesagt… ich habe es nicht kommen sehen. Erst als es scherz auf weiß im Buch stand, habe ich es geglaubt. Spannend bis zur letzten Seite und für mich ein wahnsinnig großartiges Buch, voller Rätzel, Indizien, Ideen und Spannung. Hier kommen nicht nur True Crime Fans auf den Geschmack, sondern auch alle anderen.
Meine Bewertung: 5 Sterne
Hotel Ambrosia ist ein atmosphärischer Pageturner, der mit packender Handlung, kreativen Erzähltechniken und einer düsteren Kulisse überzeugt. Katie Kento gelingt es, Horror und Krimi zu einem mitreißenden Jugendroman zu verweben, der lange nachhallt. Absolute Leseempfehlung!