Mac P. Lorne widmet sich in seinem Zweiteiler rund um Horatio Nelson dem Leben und Aufstieg des wohl bekanntesten Seehelden des Napoleonischen Zeitalters.
Zunächst begleiten wir Horatio, den jüngeren Sohn eines anglikanischen Pfarrers, der kein Erbe zu erwarten hat, auf seinen Weg zu den Kleinen Antillen, damals in englischem Besitz, wo er den sogenannten Navigation Act, also jenes Gesetzeskonvolut, das unter anderem den Handel zwischen England und den Kolonien regelt, zu überwachen hat. Denn derzeit umgehen zahlreiche vorwiegend amerikanische Schmuggler die Vorschriften. So entgehen dem Mutterland jede Menge Steuern und Zölle. Nutznießer des Schmuggels sind auch die britischen Statthalter auf den diversen Inseln, die ein komfortables Leben führen und natürlich ihre Privilegien nicht aufgeben wollen. Und genau mit diesen Statthaltern und Teilen der Bevölkerung, die vom Schmuggel profitieren, legt sich der junge Nelson an, denn er hält sich strikt an seine Befehle. Während die beschlagnahmten Schiffe der britischen Flotte einverleibt werden, gehört ein Anteil an der Schmuggelware ihm und seiner Mannschaft. Diese Vorgabe der britischen Krone soll die Kosten für eine stehende Flotte gering halten, denn die Kapitäne werden auf Halbsold gesetzt, wenn sie kein Kommando über ein Schiff führen.
So ist es nicht ganz verwunderlich, dass Horation Nelson jede unverheiratete oder verwitwete Frau nach ihrem zu erwartenden Vermögen taxiert. Dabei stellt er sich nicht unbedingt geschickt an und so muss er nach der Hochzeit mit Frances „Fanny“ Nisbet, einer Witwe, entdecken, dass weder die Mitgift noch die monatliche Rente seinen Erwartungen entspricht. Das Paar kehrt nach England zurück und muss sich fünf Jahre einschränken.
Erst 1793 als Frankreich England den Krieg erklärt und es gilt, die französische Flotte im Mittelmeer zu besiegen, erhält Horatio Nelson sein Kommando zurück. Die Belagerung von Toulon beschert ihm einen Todfeind: Napoleon Bonaparte und ein Aufenthalt in Neapel, eine neue Liebe, Emma Hamilton, die blöderweise mit dem britischen Botschafter verheiratet ist.
Wobei die nächsten vier Jahre hat Nelson nicht allzu viel Zeit für Liebschaften, denn er hat einige Seegefechte zu bestehen, bei denen er auch verwundet wird.
Meine Meinung:
Wie Autor Mac P. Lorne in seinem Nachwort erzählt, gibt es zwar einige historische Romane rund die Royal Navy während der Napoleonischen Kriege, doch keinen, der sich eingehend mit Horatio Nelson beschäftigt. Das hat er bei seinen Recherchen zu seinem anderen Roman „Jack Bannister“ entdeckt. Was lag daher näher, als einen eigenen historischen Roman über den Seehelden zu schreiben, der in der Seechlacht vor Kap Trafalgar 1805 seinen Tod findet? Aber, soweit sind wir ja noch nicht.
Dieser erste Teil widmet sich dem Aufstieg, der auf Grund Nelsons geradlinigem Charakter nicht ganz friktionsfrei verläuft. Kein Vorgesetzter, im Zivilleben und schon gar nicht beim Militär, kann es akzeptieren, wenn seinen Anordnungen nicht Folge geleistet wird. Mehrmals steht er knapp vor einem Verfahren wegen Insubordination dem Kriegsgericht. So auch 1797 vor Kap St. Vincent als er eine günstige Gelegenheit wittert, sich über alle Befehle hinwegsetzt und die spanische Flotte zerstört. Dass er die Schlacht gewinnt, rettet Nelson vor dem Kriegsgericht, bringt ihm aber, eine Menge Feinde ein wie auf S. 361 zu lesen ist. Denn nicht alle Kapitäne der Flotte stehen auf seiner Seite, wie Admiral John Jervis:.
„Mag sein, Mr. Calder. Der Unterschied ist nur: Admiral John Byung hat die Schlacht verloren, wir sie gewonnen. Eine unvorschriftsmäßige Abweichung von der vorgeschriebenen Angriffsmethode waren Commodore Nelsons Handlungen gewiss. Doch wenn Ihr jemals auf diese Weise gegen Eure Befehle verstoßen solltet, könnt Ihr sicher sein, dass ich Euch ebenfalls vergeben werde.“
Einige Handlungen von Nelson muss man im dem historischen Kontext sehen. In den Familien mit mehreren Söhnen erbt nur der Älteste, die anderen müssen schauen wo sie bleiben. Bei Nelson kommt noch dazu, dass sein Vater nur anglikanischer Pfarrer ist und über wenig Vermögen verfügt. Daher beleibt ihm nur wenig übrig, als reich zu heiraten, was auch nicht ganz so einfach ist, denn die Klassen blieben unter sich. Als er sich in die hübsche Witwe Fanny Nesbit verliebt, glaubt er das große Los gezogen zu haben, denn ihr Onkel ist ein reicher und gewiefter Kaufmann. Doch der hält sein Vermögen zusammen und düpiert Nelson mit der bescheidenen Mitgift und kargen Rente. Viel schwerer wiegt, dass Fanny ihm verschwiegen hat, dass sie nach der Geburt ihres Sohnes aus erster Ehe, keine Kinder mehr bekommen kann. Das wäre sogar nach katholischem Recht ein Grund die Ehe annullieren zu lassen. Dass er das nicht tut, ist vermutlich seinem strengen Ehrgefühl geschuldet.
Sehr gut sind seine Führungsqualitäten herausgearbeitet. Dort, wo üblicherweise die Peitsche regiert, setzt er auf den Ehrgeiz der Männer. Bei Exerzieren schenkt er seinen Männern nichts, denn jeder Handgriff muss einfach sitzen. Die Mannschaft muss sich blind aufeinander verlassen können. Nelson macht genau dasselbe, wie Napoleon aus den verwahrlosten Truppen seiner Italienarmee oder auch Arthur Wellington aus deinen Bataillonen.
Der Schreibstil ist lebendig und die Schlachtszenen sind nicht voyeuristisch beschrieben. Die langjährige Recherche beschert uns authentische Seegefechte.
Fazit:
Ich freue mich schon auf den zweiten Teil, auch wenn ich weiß, wie Horatio Nelsons Leben endet. Dem ersten Teil gebe ich 5 Sterne und eine Leseempfehlung.