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10,99
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  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Ersterscheinung: 24.06.2020
  • ISBN: 9783257610079
Marco Balzano

Ich bleibe hier

Maja Pflug (Übersetzer)

Ein idyllisches Bergdorf in Südtirol – doch die Zeiten sind hart. Die Leute werden vor die Wahl gestellt: entweder nach Deutschland auszuwandern oder als Bürger zweiter Klasse in Italien zu bleiben. Trina entscheidet sich für ihr Dorf, ihr Zuhause. Als die Faschisten ihr verbieten, als Lehrerin tätig zu sein, unterrichtet sie heimlich. Und als ein Energiekonzern für einen Stausee Felder und Häuser überfluten will, leistet sie Widerstand – mit Leib und Seele.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.02.2021

Gelungener Roman

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Es ist ein bemerkenswerter Roman, der Marco Balzano hier gelungen ist. Auf nur 280 Seiten gelingt es dem Autor, die bedrückende Situation, die Sorgen und Nöte der Bauern Südtirols zu Zeiten des Faschismus ...

Es ist ein bemerkenswerter Roman, der Marco Balzano hier gelungen ist. Auf nur 280 Seiten gelingt es dem Autor, die bedrückende Situation, die Sorgen und Nöte der Bauern Südtirols zu Zeiten des Faschismus und Nationalsozialismus detailliert und brillant festzuhalten. Die Geschichte handelt von Vertrauen, von Zusammenhalt, von der Bewusslosigkeit und Machtlosigkeit gegenüber des Regimes, aber auch vom Aufbruch in eine andere Ära.

Dabei verknüpft er die historisch, belegte und brutale Realität mit einer erdachten Geschichte um die Bewohner der Bergregion Südtirols. Dort soll ein Staudamm errichtet werden, bei dessen Fertigstellung einige Dörfer nicht mehr vorhanden sein werden.

Als wäre die Zeit damals nicht schon schlimm genug gewesen, kommt nun auch noch die bevorstehende Umsiedlung und Zwangsenteignung der verorteten Bauern dazu. Das Ganze geschah tatsächlich und vor Allem ohne eine wirkliche Entschädigung der Bauern, welche ihres sämtlichen Hab und Guts beraubt wurden.

Erzählt wird die Geschichte aus Sicht der Lehrerin Trina Hauser, die unschlüssig zwischen Aufbruch und der Liebe zur Heimat schwankt. Der Schreibstil ist großartig. Einfach aber sehr berührend fesselt mich die Geschichte sofort ab der ersten Seite.

Ich wusste zwar, dass es am Reschenpass diesen großen See gibt, in dessen Mitte ein Kirchturm herausragt, der heute LEIDER nurmehr als Touristenattraktion für das eine oder andere Selfie herhalten muss, aber ich wusste bisher leider nichts über dessen Geschichte. Wenn man diesen Roman gelesen hat, wird man beim nächsten Halt am Stausee sicherlich anders darüber denken.

Ein Absatz aus dem Buch beschreibt es ziemlich gut:

„Auch die Wunden, die nicht heilen, hören früher oder später zu bluten auf. Die Wut, sogar über die erlittene Gewalt, ist wie alles dazu bestimmt, nachzulassen, sich etwas Größerem zu fügen, dessen Name ich nicht kenne. Man müsste die Berge befragen können, um zu erfahren, was hier geschehen ist“.

Ein toller Roman und eine definitive, klare Leseempfehlung.

Ich habe den Roman in einer schön gebundenen Lizenzausgabe (siehe Abb.) der Büchergilde Gutenberg gelesen. Lesekultur pur!

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Veröffentlicht am 30.08.2020

Unglaublich gut und tiefgründig

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"Sie machen Fotos mit dem Turm im Hintergrund und setzen alle das gleiche blöde Lächeln auf. Als wären unter dem Wasser nicht die Wurzeln der alten Lärchen, die Fundamente unserer Häuser, der Platz, auf ...

"Sie machen Fotos mit dem Turm im Hintergrund und setzen alle das gleiche blöde Lächeln auf. Als wären unter dem Wasser nicht die Wurzeln der alten Lärchen, die Fundamente unserer Häuser, der Platz, auf dem wir uns versammeltem. Als hätte es die Geschichte nicht gegeben."

Trina wächst in Graun in Südtirol auf. Dort sind ihre Wurzeln, ihre Familie; dort heiratet sie Erich und bekommt zwei Kinder. Immer wieder wird sie vor die Entscheidung gestellt: will sie gehen oder bleiben? Nach dem ersten Weltkrieg gehört Südtirol zu Italien und wird nach und nach "Italianisiert", die deutsche Sprache wird verboten, die Menschen sind gezwungen Italienisch zu lernen oder auszuwandern. Trina, die vor kurzem die Lehrerausbildung abgeschlossen hat, darf nicht unterrichten. Sie lernt Italienisch und beschließt, die Kinder des Dorfes heimlich auf Deutsch zu unterrichten - ein gefährliches Unterfangen. Immer wieder wird von einem geplanten Staudamm in Reschen und Graun gesprochen. Mit dem zweiten Weltkrieg kommt nach dem Anschluss Österreichs ans Deutsche Reich erneut eine Entscheidung: soll man ins Hitler Deutschland auswandern? Trina und Erich entscheiden sich dagegen. Im Krieg flüchten sie in die Berge und überleben nur knapp. Nach dem Krieg folgt der bittere Kampf der Dorfbewohner gegen den Staudamm - vergeblich.

Dieser Roman wird mich noch lange verfolgen. Ursprünglich erschien er unter dem Namen "Resto qui" und wurde von Maja Pflug ins Deutsche übersetzt. Marco Balzano versteht was vom Schreiben. Seine Sprache ist wunderbar unaufgeregt und doch poetisch. Mir gefällt die kluge und kämpferische Protagonistin Trina und die geschichtlichen Aspekte. Ich bin voll in die Geschichte eingetaucht und wollte nicht mehr hochkommen. Ein wahnsinnig gutes Buch!

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Veröffentlicht am 31.07.2020

Wahl der Qual

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Nach dem Ersten Weltkrieg hofften die Bewohner eines idyllisches Bergdorf in Südtirol, dass nun alles besser wird. Doch da kamen die Faschisten und die Leute wurden vor die Wahl gestellt: entweder nach ...

Nach dem Ersten Weltkrieg hofften die Bewohner eines idyllisches Bergdorf in Südtirol, dass nun alles besser wird. Doch da kamen die Faschisten und die Leute wurden vor die Wahl gestellt: entweder nach Deutschland auszuwandern oder als Bürger zweiter Klasse in Italien zu bleiben. Trina kann sich kein anderes Leben, weit weg von ihrem Heimatdorf, vorstellen und bleibt. Trotz dem ihr aufgelegten Berufsverbot als Lehrerin, unterrichtet sie heimlich in Kellern und Scheunen. Doch als ein Stausee gebaut werden soll, der ihr Dorf unter Wasser stellen soll, muss sie aktiv werden. Und das, obwohl die Welt in einem weiteren Krieg versinkt.

Es ist immer wieder eindrücklich, wie der Zweite Weltkrieg sich auf unterschiedliche Regionen ausgewirkt hat. Da der Autor sich an Fakten über die echte Gemeinde Graun gehalten hat, erscheint dieser Roman wie ein Zeitzeuge. Da die Geschichte zudem eine Erzählung einer Mutter an ihre verschollene Tochter ist, wirkt sie sehr persönlich. Im Vordergrund steht der Kampf ums Überleben. Vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg. Und es zeigt sich: Im Leben kann man nicht immer des eigenen Glückes Schmid sein, sondern die äusseren Umständen machen mit einem, was sie wollen.

Ich fand den Roman sehr eindrücklich und da er ziemlich kurz ist, liest man ihn auch schnell weg. Eindeutig empfehlenswert mit 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 22.07.2020

Wahrheitsgetreu und ungeschönt

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Trina lebt mit ihrer Familie in Graun. Als Lehrerin in den Katakombenschulen erfährt sie die Unterdrückung der Faschisten am eigenen Leib. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges ändert sich ihr Leben von ...

Trina lebt mit ihrer Familie in Graun. Als Lehrerin in den Katakombenschulen erfährt sie die Unterdrückung der Faschisten am eigenen Leib. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges ändert sich ihr Leben von Grund auf und hinzu kommt noch die Bedrohung des Staudammes, in dem ihr Heimatdorf versinken soll.

Detailliert erzählt das Buch die Südtiroler Geschichte vom Ende des Ersten Weltkrieges, über die Italianisierung, den Einzug der Nazis und die Nachkriegszeit. Durch die Charaktere Trina und Erich bekommt man einen guten Eindruck, wie die Südtiroler diese Zeit erlebt haben, die sie bis heute prägt. Der Autor schafft es durch seine schnelle Erzählweise, viele Jahrzehnte in wenige Seiten zu packen, ohne das Wesentliche und die wichtigen Ereignisse dieser Zeit aus dem Auge zu verlieren.

Dieses Buch hat mich persönlich sehr berührt. Die Geschichte erzählt von den harten Zeiten der Südtiroler. Von allen Einschränkungen, die sie in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg erfahren mussten. Heute noch zeugt der Kirchturm im Reschensee von den Gräueltaten dieser Zeit und erinnert uns an die Opfer unserer Vorfahren und den langen Weg in die Autonomie.
Ich bin bereits mit hohen Erwartungen an das Buch rangegangen und wurde nicht enttäuscht. Jeden kann ich es weiterempfehlen. Besonders denjenigen, die sich gerne mit Geschichte, Unterdrückung, Minderheiten und dem Kampf fürs Richtige auseinandersetzen.

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Veröffentlicht am 03.07.2020

Das versunkene Dorf - eine menschliche Tragödie

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Sehr viele Italienurlauber kennen das Titelbild des Buches – den Kirchturm, der aus dem Reschensee ragt und an das ehemalige Dorf Graun erinnert.

Das Buch teilt sich ganz klar in drei Teile – Die Jahre, ...

Sehr viele Italienurlauber kennen das Titelbild des Buches – den Kirchturm, der aus dem Reschensee ragt und an das ehemalige Dorf Graun erinnert.

Das Buch teilt sich ganz klar in drei Teile – Die Jahre, Auf der Flucht und Das Wasser. Bereits daraus ersieht man die Dramatik der Geschichte.

Um diese Geschehnisse zu erzählen, hat der Autor die Romanfigur Trina aus Graun einen Brief an ihre Tochter Marcia schreiben lassen. Es beginnt mit ihren Träumen an die Zukunft als Lehrerin in Südtirol. Leider kommt Mussolini dazwischen und Südtirol wird italianisiert. Es ist für die Einheimischen eine schreckliche Zeit, denn sie dürfen nicht mehr deutsch sprechen und haben in ihrer Heimat kein Sagen mehr, sondern werden von Italienern bevormundet. Durch den Pfarrer ermutigt, unterrichtet Trina im Untergrund. Dann kommt Hitler und spaltet die Bevölkerung, jede Familie muß sich die Frage stellen, ob sie bleiben will oder ob sie bevorzugt, wegzugehen. Der eventuell bevorstehende Krieg und auch der geplante Staudamm schweben wie ein Damoklesschwert über der Bevölkerung. Nach Kriegsende ist ihre Leidenszeit nicht zu Ende, denn der Staudamm wird gebaut gegen den Widerstand der Dorfbewohner und das Ende des Dorfes ist besiegelt.



Der Mailänder Marco Balzano hat dieses Kapitel der Südtiroler Geschichte in einem Roman verarbeitet. Es finden sich viele historische Fakten und zur Abrundung hat er beispielhaft die fiktive Geschichte von Trinas Familie beschrieben. Sehr eindringlich, bewegend und emotional schildert er die Vorkommnisse. Als Leser konnte man sich sehr gut in die Personen hineinversetzen – hat mit ihnen gelitten und auch gekämpft. Wer will schon freiwillig den Ort verlassen, in dem man aufgewachsen ist, seine Wurzeln hat und eng verbunden ist. Sie wollten bleiben und haben schlußendlich ihren Heimatort verloren und zum Hohn mit einer skandalös niedrigen Abfindung.

Mittlerweile erinnern sich nur noch die Alten an das Ausmaß der ganzen Begebenheiten, gerade deshalb finde ich dieses Buch sehr interessant und lesenswert. Es war für mich ein berührendes Buch, das ich auf jeden Fall in Erinnerung behalten werden und hoffe, daß es viele Leser finden wird.

Von mir auf jeden Fall eine Leseempfehlung!

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