Spätes Auflodern
Ein Krimi über einen Feuerteufel – und der Funke springt erstmal nicht über. Was eigentlich schade ist, denn seine Hauptfigur, Schwester Melody, ist großartig gezeichnet. Leider schafft Margot Douaihy ...
Ein Krimi über einen Feuerteufel – und der Funke springt erstmal nicht über. Was eigentlich schade ist, denn seine Hauptfigur, Schwester Melody, ist großartig gezeichnet. Leider schafft Margot Douaihy es trotz aller Bemühen nicht, New Orleans als Kulisse aufzubauen. Macht aber nichts, denn hinten raus wird das Buch spannend und macht Lust auf mehr.
Ein Feuer bricht an der Saint Sebastian Klosterschule aus, Hausmeister Jack stürzt tot aus einem Fenster, zwei Schüler werden in letzter Sekunde von Schwester Holiday lebensgefährlich verletzt aus dem brennenden Gebäude gerettet. Während die Nonne selbst unter Verdacht gerät, macht sie sich auf die Suche nach den Schuldigen. Und auf ihrer Verdachtsliste stehen so manche Personen – von einer missmutigen Nonne über eine Physiklehrerin bis zu einem Krawallschüler. Aber so richtig scheint nichts zu passen, während Sachen aus ihrem eigenen Fundus verschwinden und in der Nähe weiterer Tatort auftauchen.
Ich bin kein ausgemachter Krimileser, daher fehlt mir ein bisschen der Quervergleich zu verwandten Büchern. Aber der Fall ist durchaus spannend, manchmal scheinen ein paar Logiklöcher eher mühevoll gestopft zu sein und mein erster Täterverdacht sollte sich als richtig erweisen. Dennoch ist es ein Buch mit zwei Geschichten, denn neben des Kriminalfalls geht es vor allem um Holiday Walsh, frühere Punkrock-Sängerin, die ihre Tattoos im Klosterleben abdecken und ihre Vergangenheit verstecken muss. Immer mehr Details werden verraten, von ihrer großen Liebe Nina, von ihrer Familientragödie. Und tatsächlich macht es sehr viel Freude (und auch Leid), in Holidays Leben einzutauchen und mehr über ihren Weg von New Yorker Konzertbühnen in das Kloster in The Big Easy zu erfahren.
Der Einstieg ist dennoch etwas zäh, die am Anfang recht langen Kapitel – am Ende erhöht sich die Schlagzahl deutlich, die Abschnitte sind oft nur noch wenige Seiten lang – machten mir den Beginn, trotz des ersten Feuers auf den ersten Seiten, etwas mühevoll. Fast klischeemäßig beschreibt Douaihy die Schwüle von New Orleans, den Jazz, alles irgendwie zu bekannt und ohne, dass ich persönlich in die Welt Nahe des Missisippi-Deltas hineingezogen wurde.
Aber die Stärken des Buch sind andere, vor allem die Figuren, die noch viel Potenzial für die Folgebände bieten. Vom zweiten Hausmeister Bernand über die Antagonistin und potenzielle neue Love Interest in Form der Physiklehrerin Rosemary Flynn, den Geschichtslehrer John mit seiner an ALS-erkrankten Frau, den Ermittlern und natürlich die Mitschwestern im Kloster Saint Sebastian. Und nein, nicht alles ist perfekt, vielleicht fehlt an manchen Stellen auch die Tiefe, aber irgendwann, nach so 100, vielleicht 150 der etwas über 350 Seiten, wird „Verbrannte Gnade“ zu einem durchaus charmanten, sehr lesenswerten Pageturner.
Auch wenn ich es am Anfang nicht erwartet hätte, ein sehr lesenswerter Krimi mit einem brandheißen Fall, einer tollen Hauptfigur und spannenden Nebencharaketeren und ein guter Einstieg in eine neue Serie. Und falls das jemand befürchtet oder erhofft: Nein, das Buch ist kein Stück blasphemisch. Trotz Punkrock und Queerness. Oder vielleicht sogar genau deswegen.