Zerrissen
Nach der Wende macht sich das junge Paar René und Ella aus der DDR auf in den Urlaub nach Frankreich. Auf einem Zwischenstopp stranden sie in einem alten Chateau bei Bordeaux und lernen die Gräfin Charlotte ...
Nach der Wende macht sich das junge Paar René und Ella aus der DDR auf in den Urlaub nach Frankreich. Auf einem Zwischenstopp stranden sie in einem alten Chateau bei Bordeaux und lernen die Gräfin Charlotte de Violet, ihren Sohn Alain und den Diener Vincent kennen. Was zunächst traumhaft beginnt, führt schnell zu einer albtraumartigen Belastungsprobe des Pärchens. Nach einem großen Streit reist René mit Alain nach Paris, während Ella im Schloss zurück bleibt. In Paris wird René vom Liebeskummer abgelenkt, indem er von Alain mit den Vorzügen und Schattenseiten der Philosophie des Westens konfrontiert wird. Ella hingegen nutzt Renés Abwesenheit, um sich selbst und ihre Motive in Frage zu stellen. Kann ihre Liebe eine Zukunft haben?
„Die Paradiese von gestern“ ist Mario Schneiders Romandebüt. Ein opulenter Roman, der große Themen berührt und sich dabei doch immer eine gewisse Leichtigkeit bewahrt. Der eigentlich eher ausufernde Sprachstil begeisterte mich dennoch mit bildhaften Beschreibungen und Eloquenz. Auch das französische Flair ist bei mir sehr gut angekommen.
Inhaltlich bin ich in meiner Meinung jedoch etwas hin- und hergerissen. Obwohl die Handlung aufgrund diverser Erinnerungen einzelner Beteiligter oder Nebenhandlungen eigentlich kaum voran kam, konnte ich das Buch oft nicht aus den Händen legen. Stets wollte ich wissen, wie es weiter geht. Der Autor faszinierte mich mit seinem Roman, der gefühlt eigentlich keine Struktur hat, ständig in seinen Perspektiven wechselt und in der Handlung hin und her springt. Eigentlich ein wirres Potpourri, was mir normalerweise so gar nicht liegt – und doch erkennt man einen roten Faden. Das hat mich sehr beeindruckt. Zum Ende hin hatte ich allerdings immer mehr das Gefühl, dass sich der Roman dann doch etwas zu sehr ausmehrt. Nicht zuletzt lag dies auch an der mir nicht sonderlich sympathischen Figur Ella. Die eigentlich erwartete französische Liebesgeschichte kam für meinen Geschmack insgesamt zu kurz – es wurden so viele Themen behandelt, Nebengeschichten erzählt, Vergangenheiten bestaunt und dann kaum Luft für die eigentlichen Liebesbeziehungen gelassen. Dennoch ist der Roman vor allem eins: atmosphärisch. Und ob seiner Besonderheit kann ich ihn nur weiterempfehlen.