Roman | Ein intensives Porträt der Frau, die Magda Goebbels wurde | Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2024
»Ein furchtloser Roman über Mittäterschaft und darüber, wie aus dem kleinen Bösen das große Böse wächst. Kann man denn über das ›Dritte Reich‹ erzählen? Die Frage wird oft gestellt, nicht zu Unrecht. Nora Bossong beantwortet sie mit diesem großartigen Buch, indem sie es tut – vielschichtig, besonnen und erbarmungslos.« Daniel Kehlmann
Als Hans die junge und schöne Stiefmutter seines Schulfreunds Hellmut Quandt kennenlernt, ahnt er noch nicht, welche Rolle Magda in seinem Leben spielen wird, für ihn persönlich, aber auch Jahre später als fanatische Nationalsozialistin und Vorzeigemutter des »Dritten Reichs«. Noch ist die Weimarer Republik im Aufbruch und Hans so heftig wie hoffnungslos in Hellmut verliebt. Doch nach einem Unglücksfall beginnen Hans und Magda eine Affäre, von der sie sich Trost und Vorteile versprechen: Sie will aus ihrer Ehe ausbrechen, er seine Homosexualität verbergen. Erst als Magda Joseph Goebbels kennenlernt und der NSDAP beitritt, kommt es zwischen Hans und ihr zum Bruch. Während Magda mit ihren Kindern bald in der Wochenschau auftritt, gerät Hans zunehmend in Gefahr. Ein Roman, der über zwanzig Jahre den Weg zweier Menschen und eines Landes erzählt, der nicht unausweichlich war.
Nora Bossong zeichnet in ihrem neuen Roman das intensive Porträt der Frau, die Magda Goebbels wurde, und ihres jungen Liebhabers. Zwei Menschen in der Maschinerie der historischen Ereignisse, unterschiedlich verstrickt, unterschiedlich schuldig geworden. Auch an sich selbst.
Auf Nora Bossongs „Reichskanzlerplatz“ bin ich durch den deutschen Buchpreis gekommen.
Es geht um einen homosexuellen jungen Mann zur Zeit des dritten Reiches.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Ich ...
Auf Nora Bossongs „Reichskanzlerplatz“ bin ich durch den deutschen Buchpreis gekommen.
Es geht um einen homosexuellen jungen Mann zur Zeit des dritten Reiches.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Ich konnte den Schreibstil sehr gut folgen und wollte das Buch gar nicht mehr weglegen.
Ein große Empfehlung! 5/5⭐️
Der Name Magda Goebbels und der Reichskanzlerplatz waren mir noch Begriffe aus den Erzählungen von meinen Großeltern, deswegen fiel mir das Buch sofort ins Auge. Es ist ein Roman von Nora Bossong, erschienen ...
Der Name Magda Goebbels und der Reichskanzlerplatz waren mir noch Begriffe aus den Erzählungen von meinen Großeltern, deswegen fiel mir das Buch sofort ins Auge. Es ist ein Roman von Nora Bossong, erschienen im Suhrkamp Verlag. Der lose Buchumschlag dazu wirkt schrill, bunt, kalt und auch explosiv. Der Roman zeichnet das intensive Porträt der Frau, die Magda Goebbels wurde, die Vorzeigemutter und First Lady des Dritten Reichs. Vieles davon, was Nora Bossong hier recherchiert hat, kenne ich noch aus den Erzählungen meiner Großeltern bzw. Eltern. Ich begegne hier Charakteren, denen ich heute so nicht mehr begegnen möchte, die in der Vergangenheit aber bekannte Größen waren. Nora Bossong hat einen mitreißenden Schreibstil, hier wurde gekonnt historisches mit fiktiven Geschehnissen in Szenen gesetzt. Ich bin mit über den Kurfürstendamm flaniert, habe an Festessen teil genommen, Walzer getanzt, habe aber zusätzlich noch viel über die damalige Zeit erfahren können. Die Charaktere Magda und Hans sind sehr lebendig gezeichnet. Auch die Ortschaften hat man stets vor Augen. Es macht total Spaß den Roman zu lesen und durch die Zeit von 1919 - 1944 zu reisen. Ein Buch, das man unbedingt lesen sollte.
„Reichskanzlerplatz“ spielt in der Zeit von 1919 – 1945 und Nora Bossong verknüpft biographische Daten von Magda Goebbels mit der fiktiven Figur des Hans Kesselbach, dem Erzähler der Geschichte. Hans lernt ...
„Reichskanzlerplatz“ spielt in der Zeit von 1919 – 1945 und Nora Bossong verknüpft biographische Daten von Magda Goebbels mit der fiktiven Figur des Hans Kesselbach, dem Erzähler der Geschichte. Hans lernt Magda Quandt durch seinen Schulkameraden Hellmut Quandt, dem Stiefsohn der nur wenige Jahre älteren Magda kennen. Hans ist verliebt in Hellmuth, doch kann ihm diese Liebe nicht gestehen, da ein Bekenntnis zur Homosexualität in dieser Zeit einem gesellschaftlichen Selbstmord gleichkommt bzw. geradezu lebensgefährlich ist. Nach dem frühen Tod von Hellmuth beginnen die in Scheidung lebende Magda und Hans eine kurze Affäre, sie wohl eher aus Langeweile, er um seine Homosexualität zu kaschieren. Auch nach Ende ihrer Liaison haben Magda und Hans immer wieder sporadisch Kontakt; Magda heiratet Joseph Goebbels und steigt zur glühenden Verfechterin und blonden Vorzeige-Ikone des Nationalsozialismus auf, während Hans weiterhin seine homosexuellen Neigungen versteckt, um sich bzw. seine Karriere als Ministerialbeamter nicht zu gefährden.
Auch wenn „Reichskanzlerplatz“ als „das intensive Porträt der Frau, die Magda Goebbels wurde, und ihres Liebhabers Hans“ beworben wird, ist es für mich doch eher die Geschichte von Hans Kesselbach, eines opportunistischen Mitläufers, der von den Nationalsozialisten verfolgten Freunden in Not nicht hilft, sondern wegschaut und verdrängt. Magda bleibt eher blass, ist eine, wenn auch wichtige, Nebenfigur, die ihre Entscheidungen immer bewusst trifft. Ihr Ziel ist es, eine prominente Stellung in der Gesellschaft zu erreichen, jemand zu sein. Auch wenn sie dafür einiges in Kauf nehmen muss, ist sie für mich eine eiskalte, emotionslose Figur, der selbst die Schicksale ihres jüdischen Stiefvaters sowie ihres jüdischen Jugendfreundes völlig gleichgültig sind. Da kommt bei mir auch kein Mitleid auf, dass sie unter den Affären ihres Mannes, Joseph Goebbels, zu leiden hat.
Nora Bosseng hat ein beeindruckendes Porträt der NS-Zeit geschrieben, spannend, aber auch beklemmend. Ein lesenswertes Buch, das zum Nachdenken anregt. Mir graust es, wenn ich Parallelen zwischen der damaligen Zeit und der aktuellen politischen Lage ziehe….
“Reichskanzlerplatz” erzählt die Geschichte Magda Goebbels’ aus der Sicht des fiktiven Liebhabers Hans Kesselbach, der über einen zwanzigjährigen Zeitraum immer wieder Kontakt zu ihr hat. Diese ungewöhnliche ...
“Reichskanzlerplatz” erzählt die Geschichte Magda Goebbels’ aus der Sicht des fiktiven Liebhabers Hans Kesselbach, der über einen zwanzigjährigen Zeitraum immer wieder Kontakt zu ihr hat. Diese ungewöhnliche Perspektive finde ich gut gewählt.
Es ist aber keine reine Biografie, vielmehr ist es ein Porträt des Dritten Reiches, vom Aufkommen bis zum Ende, welches aufzeigt, wie schnell man (Mit-)Täter wird.
Während Magda aktiv zur überzeugten Nationalsozialistin konvertiert, lädt Hans sich Schuld auf, indem er wegschaut und verdrängt, versucht, sich selbst zu schützen - denn durch seine Homosexualität schwebt er selbst in großer Gefahr.
Der Schreibstil ist sehr sachlich und jeder Satz scheint Bedeutung zu haben - weswegen das Buch etwas Konzentration bedarf. Außerdem wird einiges Wissen vorausgesetzt.
Die beiden Protagonist*innen werden trotz ihrer Rollen sehr menschlich dargestellt und ihre verschiedene Charakterzüge beleuchtet.
Ich persönlich konnte durch die distanzierte Erzählart jedoch keinen guten Bezug zu ihnen oder der Geschichte aufbauen, weshalb ich das Buch trotz des schockierenden Inhalts als nicht allzu intensiv wahrgenommen habe.
Dennoch empfehle ich den Roman, da er gekonnt ein Kapitel deutscher Geschichte beleuchtet, welches nicht wiederholt werden darf und eindrücklich zeigt, wie schnell man zum Schuldigen wird, selbst wenn man sich selbst zu den Guten zählt - was aktueller denn je ist.
⭐️4/5⭐️
Magda Goebbels ist vielen bekannt als die Vorzeigemutter des NS-Staates und überzeugte Nationalsozialistin. In Nora Bossongs Roman lernen wir jedoch eine andere Seite von ihr kennen: die junge, schüchterne ...
Magda Goebbels ist vielen bekannt als die Vorzeigemutter des NS-Staates und überzeugte Nationalsozialistin. In Nora Bossongs Roman lernen wir jedoch eine andere Seite von ihr kennen: die junge, schüchterne Magda Friedländer, Stieftochter eines jüdischen Kaufmanns. Sie heiratet zunächst den Industriellen Günther Quandt und später Joseph Goebbels.
Die Geschichte wird aus der Sicht von Hans erzählt, einem fiktiven Freund von Magdas Stiefsohn, der homosexuell ist. Hans’ Perspektive verwebt sich mit Magdas Lebensweg, während die politischen Entwicklungen von der Weimarer Republik bis zur NS-Zeit eng mit ihren persönlichen Entscheidungen verknüpft sind. Deutlich wird dabei, dass Magda Goebbels ihre Entscheidungen stets bewusst traf; ihr Weg, so zeigt es der Roman, war von ihr selbstbestimmt und gewollt.
Hans ist eine erfundene Figur, doch es gibt Gerüchte über eine reale Affäre Magdas. Wer dieser Geliebte war, bleibt bis heute unklar, was Bossongs fiktionale Darstellung noch interessanter macht.
Bossongs Roman ist eine beeindruckende Mischung aus Fakten und Fiktion, einfühlsam und bildreich erzählt. Sie ermöglicht den Lesenden, in die komplexe Entwicklung ihrer Protagonisten einzutauchen, und erzählt die Geschichte auf eine Weise, die einfühlsam und ehrlich ist, ohne dabei eine Entlastung von Schuld anzubieten.
Von der jüdischen Stieftochter zur glühenden Nationalsozialistin – Bossong schafft es, die Widersprüche und Entwicklungen von Magda Goebbels’ Leben lebendig und differenziert darzustellen.