Cover-Bild Winterbienen
(13)
  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: C.H.Beck
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: Regional
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 319
  • Ersterscheinung: 26.11.2019
  • ISBN: 9783406739637
Norbert Scheuer

Winterbienen

Roman
Erasmus Scheuer (Illustrator)

Januar 1944: Während über der Eifel britische und amerikanische Bomber kreisen, gerät der wegen seiner Epilepsie nicht wehrtaugliche Egidius Arimond in höchste Gefahr. Er bringt nicht nur als Fluchthelfer jüdische Flüchtlinge in präparierten Bienenstöcken über die Grenze, er verstrickt sich auch in Frauengeschichten.
Mit großer Intensität erzählt Norbert Scheuer in "Winterbienen" einfühlsam, präzise und spannend von einer Welt, die geprägt ist von Zerstörung und dem Wunsch nach einer friedlichen Zukunft.

Dieses Produkt bei deinem lokalen Buchhändler bestellen

Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.02.2020

Ein bewegendes Buch

0

1944. Während der zweite Weltkrieg wütet, ist der Imker Egidius Arimond als einer der wenigen Männer in seinem Dorf in der Eifel geblieben. Als Epileptiker gilt er unter den Nationalsozialisten als "unwertes ...

1944. Während der zweite Weltkrieg wütet, ist der Imker Egidius Arimond als einer der wenigen Männer in seinem Dorf in der Eifel geblieben. Als Epileptiker gilt er unter den Nationalsozialisten als "unwertes Leben" - Zwangssterilisierung, Verachtung und die ständige Angst, denunziert und abgeholt zu werden, das sind für ihn die Folgen dieses Denkens. Dass Egidius' Bruder seinerseits als Flieger zu einem gefeierten Helden wird, rettet ihm so manches Mal das Leben. Doch hinter dem schweigsamen Mann, der sich nur bei seinen Bienen richtig wohl zu fühlen scheint, steckt mehr, als gedacht: in seinen Bienenstöcken transportiert er immer wieder Flüchtlinge bis an die Grenze und rettet ihnen damit das Leben.

Es ist keine einfache Geschichte, die Norbert Scheuer hier erzählt. Das liegt womöglich auch daran, dass sie wahr ist. In einem Bienenstock wurden einige der Tagebuchaufzeichnungen des echten Egidius gefunden, der sich übrigens als entfernter Verwandter des Autors herausstellen sollte. Aus diesen Aufzeichnungen ist die Handlung von "Winterbienen" gestrickt und so mischen sich oft ellenlange Abhandlungen über die Bienenzucht mit beinahe lapidaren Berichten über die Grauen des Krieges. Auch Egidius Frauengeschichten sind immer wieder Thema, ist er doch als einer der wenigen Männer im Dorf, noch dazu sterilisiert, ein perfekter Partner für sexuelle Eskapaden. Als er jedoch eine regelrechte Besessenheit für die Frau eines hohen Tieres in der NSDAP entwickelt, beginnt die Handlung zu entgleisen.

In einfacher und dennoch bewegender Sprache schildert der Autor hier das Leben eines Ausgestoßenen in Zeiten des Krieges. Durch die Wahl der Tagebucheinträge als Erzählform ist man als Leser immer ganz nah am Geschehen. Und so erfährt man unmittelbar, was der Krieg aus den Menschen macht: Mitläufer zum Beispiel, wie Egidius' Bruder, der doch eigentlich nur Fliegen will. Oder Charaktere wie den Apotheker, die solch grausame Zeiten nutzen, um sich an anderen zu bereichern und ihre Macht zu demonstrieren. Da macht es Hoffnung, dass zumindest der Protagonist sein Möglichstes tut, um zu helfen, auch wenn er am Ende ebenfalls nicht schuldlos bleibt.

Fazit: Ein bewegendes Buch, dessen Nominierung für den Deutschen Buchpreis gut nachvollziehbar ist

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.11.2019

Gelernt, im Verborgenen zu leben

0

„Ich kann nichts anderes tun, als die jetzige Welt mir so tief einzuprägen, dass ihr wirkliches Wesen und das mögliche Glück darin für mich sichtbar werden.“

Inhalt

Egidius Arimond war einst Lateinlehrer, ...

„Ich kann nichts anderes tun, als die jetzige Welt mir so tief einzuprägen, dass ihr wirkliches Wesen und das mögliche Glück darin für mich sichtbar werden.“

Inhalt

Egidius Arimond war einst Lateinlehrer, doch zu Beginn des Jahres 1944 kommt auch der Krieg in seinen kleinen Heimatort in der Eifel und schon lange ist das öffentliche Leben lahmgelegt und jeder bemüht sich, ein klein wenig Alltag aus der Vorkriegszeit zu bewahren. Egidius ist immer noch passionierter Bienenzüchter, wie einst seine Vorfahren. Doch anders als diese verdingt er sich auch als Schleuser, indem er Flüchtlinge in präparierten Bienenstöcken über die Grenze transportiert, um damit seine teuren Medikamente zu finanzieren. Als Epileptiker ist er auf regelmäßige Medikamentenzufuhr angewiesen und der ortsansässige Apotheker beäugt ihn ohnehin misstrauisch, denn jeder, der nicht an der Front fürs Vaterland kämpft, sondern daheimgeblieben ist, gilt fast als Vaterlandsverräter und wer immer wieder Anfälle hat und trotzdem mit den hübschen Frauen verkehrt, macht sich umso verdächtiger. Und während Egidius verzweifelt hofft, dass seine Notration bis Kriegsende reicht, fliegen die feindlichen Bomber immer tiefer über den Köpfen der Menschen …

Meinung

Dieser Roman aus der Feder des deutschen Autors Norbert Scheuer, hat es auf die Shortlist des Deutschen Buchpreises 2019 geschafft und beschäftigt sich mit den letzten Kriegsjahren aus Sicht eines Außenseiters, der nichts weiter möchte, als in Frieden zu leben und sein bescheidenes Dasein zu führen.

Doch die Zeit, in der er lebt, lässt keinen unbehelligt, sie fordert Opfer an allen Fronten, nicht nur in den ersten Reihen, sondern auch weit im Hinterland, wo man hoffen konnte, nicht ins Visier zu geraten, sich den Kriegswirren zu entziehen und vielleicht ein klein wenig Freude an der Unbeirrbarkeit der Natur zu finden. Und so spitzt sich die Überlebenschance für den Bienenzüchter immer weiter zu, denn seine Krankheit lähmt ihn, sie geißelt sein Bewusstsein und macht ihn abhängig von der Reaktion anderer.

Diese Ausweglosigkeit nicht nur aus dem Kriegsgeschehen heraus, sondern vielmehr wegen der persönlichen Gesundheit wird hier erschreckend deutlich. Allein die differenzierten Tagebucheinträge des Protagonisten, der anfangs noch Zeit findet, sich um die Familienchronik zu kümmern, später verzweifelt nach den Notizen seiner Auftraggeber Ausschau hält, um zuletzt den Apotheker um Gnade anzuflehen, bringen den Zustand und Verfall der bürgerlichen Welt in vollem Umfang zum Ausdruck.

Dieser Roman lebt von den Worten zwischen den Zeilen, er schlägt stille Töne an, baut auch eine gewisse Distanz auf und hält sämtliche Emotionen flach – all das passt durchaus zusammen, auch wenn ich mir persönlich gerne mehr Nähe zu Egidius und seinem Leben erhofft hätte. Doch seine Maxime lautet: nur weil ich gelernt habe, im Verborgenen zu leben, ist es mir überhaupt möglich so lange überlebt zu haben.

Fazit

Ich vergebe gute 4 Lesesterne für diesen facettenreichen, interessanten Roman, der sich sowohl der Bienenzucht als auch den Schrecken des 2. Weltkrieges widmet und nicht zuletzt die Bedrohungen einer chronischen Erkrankung in Notzeiten heraufbeschwört. Ein buntes Potpourri an Beschränkungen umgibt hier die Erzählung, führt sachlich und strikt durch die Begrenzungen einer verheerenden Epoche und widmet sich intensiv dem Überlebenswillen aller, angesichts der Kriegszerstörungen in unmittelbarer Nähe.

Wäre die Handlung etwas spannender und komprimierter in Erscheinung getreten, dann hätte mir dieser Roman sicherlich noch besser gefallen. Manchmal waren mir die Episoden aus der Vergangenheit zu langatmig und die Wirkung aller Bienen im Bienenstock mit ihren zahlreichen Aufgaben zu mühsam, während die Flüchtlinge im Bienenkorb eher unscheinbar blieben. Insgesamt jedoch ein Lesevergnügen für alle, die eine ungewöhnliche Perspektive auf das Kriegsgeschehen kennenlernen möchten.

Veröffentlicht am 12.11.2019

Eindinglich, obwohl recht emotionslos

0

Klappentext:
Januar 1944: Während über der Eifel britische und amerikanische Bomber kreisen, gerät der wegen seiner Epilepsie nicht wehrtaugliche Egidius Arimond in höchste Gefahr. Er bringt nicht nur ...

Klappentext:
Januar 1944: Während über der Eifel britische und amerikanische Bomber kreisen, gerät der wegen seiner Epilepsie nicht wehrtaugliche Egidius Arimond in höchste Gefahr. Er bringt nicht nur als Fluchthelfer jüdische Flüchtlinge in präparierten Bienenstöcken über die Grenze, er verstrickt sich auch in Frauengeschichten.

Der Schreibstil:
Der Autor erzählt diese Geschichte in Tagebuchform. Damit einhergehend erwartet man natürlich eine sehr persönliche Erzählung. Sehr schnell wird jedoch klar, dass dies nicht auf dieses Buch zutrifft. Der Erzählstil ist eher emotionslos, nahezu objektiv bzw. berichtend und sehr bildreich erzählt. Dem Tagebuchstil treu erfährt der Leser aber keine näheren Beschreibungen zum Aussehen des Erzählers oder nähere Erklärungen zu den anderen Figuren in der Geschichte, da Egidius sie ja schon kennt.
So ist der Schreibstil etwas gewöhnungsbedürftig, mir hat er aber recht gut gefallen. Ich habe mich schnell an den Erzählstil gewöhnt und fand es einfach sehr authentisch gehalten, dadurch, dass die Situation eben nicht so ausgeschmückt, sondern direkt beschrieben wurde.
Einzig anmerken möchte ich aber noch, dass anfangs ein wenig Verwirrung beim Leser eintrifft, weil recht viele Fachbegriffe genutzt werden (die erklären sich aber nach und nach).

Die Figur Egidius Arimond:
Der Hauptprotagonist der Geschichte ist ein etwas spezieller Typ. Man muss sich vorstellen, dass er schon lange mit dem Krieg lebt, sogar den ersten Weltkrieg mitbekommen hat, und durch seine Krankheit ein wenig zum Einsiedler geworden ist.
Interessant fand ich ihn besonders, weil er mehrere Handlungsstränge der Geschichte zusammenbringt. Da ist die Gegenwart mit ihm, seiner Krankheit, den Kriegsgeschehnissen, dann die Bienen und ihr Leben, seine Vergangenheit und Gegenwart mit seinem Bruder, der mitten drin ist im Kriegsgeschehen und dann noch die Geschichte seines Vorfahren, die er zu recherchieren versucht. Das macht ihn natürlich zu einem Charakter, der selber nicht so viel erlebt, dennoch viel zu erzählen hat.
Trocken, fast emotionslos erzählt Egidius von den Juden und seinem Leben. Ich fand, dass man daran sehr gut erkennen konnte, wie sehr ihn seine Lebensumstände mit dem Krieg im Rücken verändert und auch abgehärtet haben. So haben die Hintergrundgeschehnisse für mich mehr Präsenz in der Geschichte bekommen, was ich sehr gut fand.
Ich könnte Egidius jetzt keinesfalls mit nur wenigen Charaktereigenschaften beschreiben, einfach weil er recht undurchsichtig bleibt und man sich am Ende vielleicht doch die Frage stellt, inwieweit er psychisch krank ist. Diese Idee kommt dem Leser erst nach und nach und zeigt ein wenig, wie sich der Protagonist entwickelt. Diese Entwicklung fand ich allerdings sehr gut, weil man stets merkte, wieviel Einfluss das Leben auf ihn nimmt und das ihm auch einfach etwas fehlt, woran er sich festhalten kann.
Sagen kann ich aber, dass man ihm meiner Meinung nach viel andichten kann, im Prinzip vermute ich aber, dass er sich einfach nur retten will und das die ganze Geschichte über. Er ist schlau, durchschaut die Propaganda und spricht vom Ende, gleichzeitig weiß er aber auch, dass er als Epileptiker eigentlich ein Ausgestoßener ist und im Volk der Bienen schon längst kein Teil des Volkes mehr gewesen wäre.
Ich sehe ihn einfach als sehr komplexe Figur, die mir eigentlich ganz gut gefallen hat. Er passte in die Geschichte, war für mich der ideale Erzähler, denn durch ihn wurde alles ganz leise sehr eindringlich.

Zur Geschichte allgemein:
Ich weiß, dass viele die Bienen als Analogie zu Egidius Leben sehen und ständig den Vergleich suchen. Ich habe mir natürlich auch meine Gedanken gemacht, konnte aber diese These, dass man es alles vergleichen kann, nicht unterstützen. Klar gibt es Parallelen, aber für mich waren die Bienen vielmehr ein Mittel zur Verstärkung der sonstigen Erzählung.
Also, die Geschichte ist in die Jahreszeiten aufgeteilt und erzählt dann wie oben schon erwähnt in Tagebuchform. Es gibt mehrere Handlungsstränge. Darunter die Einträge des Ambrosius Arimond, die ich nicht ganz so interessant fand, aber irgendwie in den Gesamtkontext gepasst haben, und die recht objektiven und sachlichen Berichte über die Bienen.
Es fällt auf, dass das wahre Leben hier oft als Nebensächlichkeit erscheint, die weniger Beachtung bekommt, als der Leser vielleicht erwarten würde. Schließlich spielt das Ganze zu Zeiten des zweiten Weltkrieges und dann schwingt ja schon eine gewisse Erwartungshaltung und Atmosphäre mit.
Die Bienen dagegen werden sehr ausführlich beschrieben und Egidius scheint sie gänzlich zu verstehen. Ganz im Gegensatz zu dem, was die Menschen machen. Den Krieg muss man fast aus der Handlung herausfiltern. Er schlägt immer wieder brutal in die Geschichte ein, ist aber auch genauso schnell wieder verschwunden. Die Bienen dagegen haben eine gewisse Ordnung, sind aber auch nicht friedlich.
Anders als andere, habe ich die Berichte über die Bienen aber keinesfalls als eine Meinungsäußerung von Egidius verstanden, sondern als pure Sachberichte, die einfach die Menschen der Natur gegenüberstellen.
Interessant waren auch die Bilder von Flugzeugen innerhalb der Geschichte. Sie verdeutlichten nochmal, dass der Protagonist wirklich schon lange in dieser Welt lebt und soll vielleicht auch einen Zusammenhang zu den Bienen schaffen, die ebenso bedrohlich über die Menschen hinwegsurren können, wie Flugzeuge es tun. Die Bilder der Flugzeuge ähneln nämlich im weiteren Verlauf der Geschichte immer mehr den Bienen. Dies passt dann wiederum auch zum Handlungsverlauf. Zum Ende hin wird die Story immer drängender, schneller, die Tagebuchabstände sind länger, Egidius bringt den Leser immer mehr dazu, ihn zu hinterfragen.
Dieser schnellere Abschnitt war teilweise natürlich etwas verwirrend, hat die Geschichte für mich zum Ende hin aber auch noch mal wieder gerettet, weil es dann zwischendurch doch etwas langweilig wurde. Einfach, weil über einige Passagen hinweg relativ wenig passiert und die Bienen für den Leser eben auch nicht so interessant sind.

Fazit:
Ein Buch, das sicherlich viel Potential zu Diskussionen liefert. Ich würde es aber an eurer Stelle einfach offen angehen und euch überraschen lassen. Ich bin völlig ohne Erwartungen an das Buch herangegangen und konnte es am Ende dennoch für mich verstehen. Zu viele Vorkenntnisse führen, glaube ich, einfach dazu, dass man zu viel hineininterpretiert.
Die Geschichte fand ich ganz interessant und auch gut umgesetzt. Natürlich ist es nicht für jeden etwas, aber es hat erzählt, was es erzählen wollte. Einzig negativ bemerken kann ich, dass es teilweise ein paar Längen hatte und ich auch nicht alles so interessant fand.

4 von 5 Sterne von mir.