Sieht so die Zukunft aus ?
Stell dir vor, du bekommst einen Brief vom Gesundheitsministerium und wirst darin aufgefordert, ein Sterbepille zu schlucken, um mit deinem Ableben die Kosten zu senken und somit die Allgemeinheit zu entlasten ...
Stell dir vor, du bekommst einen Brief vom Gesundheitsministerium und wirst darin aufgefordert, ein Sterbepille zu schlucken, um mit deinem Ableben die Kosten zu senken und somit die Allgemeinheit zu entlasten .... Genau das passiert Nadja, Anna, Max und Fred, denn sie halten eben genau jenen Brief in den Händen und sollen sich ins Hotel Paradies auf Fehmarn begeben, um dort über die freiwillige Einnahme der Pille aufgeklärt zu werden. Freiwillig ? Doch warum kehrt keiner von der Insel zurück, der an solch einem Seminar teilgenommen hat ?
Die Insel Fehmarn ist meine zweite Heimat und von daher lese ich natürlich alles, was an Romanen, Krimis und Liebesgeschichten zu finden gibt, die auf meiner Insel ihre Handlung angesiedelt haben. Doch wer, wie ich, die Insel wie seine Westentasche kennt, der wird bitter enttäuscht sein, dass die goldene Krone im blauen Meer hier so verunglimpft wird. Es fängt schon damit an, dass die Orte auf der Insel und das Wahrzeichen, die Fehmarnsundbrücke, nicht namentlich erwähnt und nur Andeutungen diesbezüglich gemacht werden. Wenn die Protagonisten schon über den größten Kleiderbügel Deutschlands auf die Insel fahren, dann sollte das doch auch genauso im Buch wiederzufinden sein, um eine gewisse Authentizität zu gewährleisten. Zwar werden die Ortschaften recht bildlich beschrieben, aber um ganz ehrlich zu sein, könnte eben jene Beschreibung auf so gut wie jedes Dorf an Nord- oder Ostsee zutreffen, denn die Klinkerbauweise ist im Norden ja doch recht typisch und daher häufig zu finden. Eine Assoziation mit den Ortschaften auf der Insel fehlt mir leider komplett. Es gibt auch noch so manch Ungereimtheit, die den Fehmarn-Kenner hier zum Stirnrunzeln verleitet und mehr als einmal einen fragenden Ausdruck im Gesicht hinterlässt. Gerade haben die Dänen mit dem Bau der sehr umstrittenen festen Belt-Querung begonnen und die Autorin lässt ihr Hotel Paradies am Tunnel aus dem Boden wachsen - es erinnert aber eher von seiner Lage an das Hotel Dania in Puttgarden.
Die Handlung würde ich jetzt nicht unbedingt als Krimi, sondern als düsteres Zukunftsszenario beschreiben. Was die Ptrotagonisten erleben, ist schon sehr grenzwertig und gerade jetzt, wenn die Sterbezahlen während der Corona-Pandemie in die Höhe schnellen und die staatliche Unterstützung über horrende Summen läuft, fragt man sich schon das eine oder andere mal, was passieren könnte, wenn die Rückführung der Staatssschulden nicht mehr von der Allgemeinheit geschultert werden kann. Ich kann die vier Schlüsselfiguren verstehen, dass sie hier mehr als besorgt und ängstlich sind und eine Aufklärung durch die Journalistin wünschen, der sie ihr ganzes Vertrauen schenken.
Die sehr kurz gehaltenen Kapitel wirken manchmal wie ein Stakkato , das mit sein en Ereignissen regelrecht auf den Leser herunterprasselt, aber die doch sehr nüchterne und klare Abhandlung des Geschehens sorgt dafür, dass man sich doch recht oft zurücknimmt und das ganze mehr von außen betrachtet, als in der Handlung gefangen zu sein. Zwar baut man eine gewisse Nähe zu Nadja auf, da man aus ihrer Sicht den Verlauf der Geschichte erzählt bekommt, aber auch hier vermisse ich Verbundenheit und, gerade bei diesem brisaten Thema, Intimität. Ihre Gefühls- & Gedankenwelt öffnet sich nur ein Stück für mich, sodass ich mich ein klein wenig in sie hineinfühlen kann. Die anderen Protagonisten laufen eher als Statisten in der Handlung mit - sehr schade.
Die Grundidee ist wirlkich genial, aber die Umsetzung finde ich jetzt nicht ganz so gut gelungen. Die Rahmenhandlung bietet wirklich so viele Möglichkeiten, um Spannung und Nervenkitzel aufzubauen, um so den Leser zu begeistern. Die Frage, ob wir tatsächlich alle einmal eine solche Pille schlucken sollen, bleibt haften und man überlegt sich nach Beendigung des Buches, ob nicht doch ein Körnchen Realität hinter all dem Stecken könnte.