Ausschweifender Erzählstil, der fesselt
Wem die Wallander oder Wisting Krimis gefallen, der wird sicherlich auch Freude an „Sommersonnenwende“ haben. Mich haben die knapp 600 Seiten sehr gut unterhalten. Dem Autorenduo gelingt es, sowohl ausschweifend ...
Wem die Wallander oder Wisting Krimis gefallen, der wird sicherlich auch Freude an „Sommersonnenwende“ haben. Mich haben die knapp 600 Seiten sehr gut unterhalten. Dem Autorenduo gelingt es, sowohl ausschweifend und ruhig zu erzählen und trotzdem den Leser an die Handlung zu fesseln. Teilweise passiert gar nicht zu viel, aber mir war zu keiner Zeit langweilig.
Die Liebe zum Detail muss man allerdings mögen. Ich musste manchmal schon schmunzeln, wie genau die Straßen und deren Namen beschrieben werden, in die jemand abbiegt. Ich könnte diese Wege nun problemlos auch selber finden.
Wir haben hier zwei Hauptcharaktere. Zum einen Kommissar Tomas Wolf, der sich nach einem Kriegseinsatz schwer tut, in seinem alten Leben anzukommen. Und zum anderen die Journalistin Vera, die verzweifelt versucht, auf einen grünen Zweig zu kommen, obwohl ihr Geldsorgen und sonstige Probleme immer wieder in die Quere kommen.
„Sommersonnenwende“ ist ein sehr charakterfokussierter Krimi. Wir tauchen tief in das Privatleben von Tomas und Vera ein, dass höchstens am Rande mit dem Kriminalfall zu tun hat. Ich fand es interessant, die beiden so gut kennenzulernen und kann mir vorstellen, dass diese Insights in künftigen Büchern noch wichtig werden. Vera mag ich ausgesprochen gerne. Sie kämpft wie eine Löwin für einen Jungen, der nicht ihr leibliches Kind ist und ist eine überdurchschnittliche engagierte Journalistin. Leider kapituliert sie sich wegen Regelverstößen, die man ihr als Leser nicht übel nehmen kann, immer wieder ins Abseits.
Mit Tomas bin ich leider nicht warm geworden. Die Autoren säen erfolgreich Zweifel an seiner Integrität. Da es allerdings weitere Bände gibt, ist es im Grunde klar, dass er einer von den Guten sein muss.
Der Fall um einige ermordete Flüchtlingsfrauen bleibt lange mysteriös und ich bin erfolgreich auf eine falsche Fährte reingefallen. Im Kontrast zum ansonsten eher gemächlichen Tempo stand der überraschend rasante Showdown, der die Spannungskurve extrem in die Höhe schnellen lässt.
Auch gut gefallen hat mir, dass der Krimi 1994 spielt. Die Atmosphäre von heißen Sommerabenden und der Euphorie während der Fußball-WM wurde ausgesprochen gut eingefangen. Manchmal habe ich beim Lesen kurz vergessen, dass wir uns in den 90er Jahren befinden und musste kurz lachen, wenn mal wieder ein Fax geschickt wurde oder ein Polizist eine Adresse im Telefonbuch nachschlägt.
Nun bin ich auf den zweiten Fall für Vera und Tomas gespannt.