Die Verschworenen ist eine sehr gelungene Fortsetzung, die ihren Vorgänger zwar nicht übertrifft, doch immerhin ganz gut mit ihm mithalten kann und den Leser später noch richtig zu fesseln vermag.
Der Beginn ist eher ruhig und unspektakulär, allerdings dennoch interessant. Man lernt ein paar Gebräuche des Clans der Schwarzdornen besser kennen; erkundet die vielen, endlosen Gänge der Stadt unter der Stadt; sorgt sich um Tomma, deren Schicksal einen nicht kalt lässt, obgleich man sie nicht mehr besonders mag; sieht zu, wie Aureljo und Dantorian mit Quirins Hilfe an ihrem Entschluss nach Vienna 2 zu gelangen arbeiten; sortiert gemeinsam mit Ria die unzähligen Bücher im Tiefspeicher, wobei sie schließlich ein paar Seiten aus Jordans Chronik findet.
Ria ist eine sehr sympathische Protagonistin. Sie ist ausgesprochen intelligent und zu rein logischem Denken erzogen worden, hat aber trotzdem Herz und ist zu viel Mitgefühl fähig. Sie stand wirklich hinter den Zielen, die der Sphärenbund ihr glaubhaft vermittelt hat, nämlich den Außenbewohnern zu helfen und sie nicht zu vernichten. Daher fällt es ihr immer noch schwer zu glauben, zu welchen grauenvollen Taten er fähig ist, obwohl sie inzwischen einiges mit eigenen Augen gesehen oder am eigenen Leib erfahren hat.
Während Ria selbst nicht darüber erfreut ist und glaubt ihr Training zu vernachlässigen, empfindet man ihre Veränderungen als Leser sehr positiv. Diese ständige Emotionskontrolle muss extrem anstrengend sein und es ist viel angenehmer, wenn Ria ihre Gefühle ab und zu offen zeigt wie ein normaler Mensch. Denn selbst wenn ihr Gesicht ist unbewegt bleibt, wütet im Inneren manchmal ein Sturm, den man nicht zwangsläufig verstecken muss.
Die drei Jungs der Gruppe, insbesondere Dantorian und Aureljo, bleiben ziemlich blass und sind schwer einzuschätzen. Dass Ria sich allmählich immer mehr von Aureljo entfernt, trägt ebenfalls nicht dazu bei das zu ändern. Lediglich Tycho hat seinen ganz eigenen Charakter und macht deutlich, wenn ihm etwas nicht passt oder ihn bedrückt.
Dafür lernt man ein paar der Außenbewohner besser kennen, allen voran den zukünftigen Anführer Sandor, den man mehr und mehr ins Herz schließt, weil er Ria auf das Leben draußen vorbereitet und gelegentlich Ausflüge an die Oberfläche mit ihr unternimmt. Dabei kommen sie sich, wie nicht anders zu erwarten, langsam näher, wodurch es Ursula Poznanski gelingt ein bisschen Romantik in ihre Dystopie zu integrieren. Ihre Gefühle zu einander sind nachvollziehbar, ihre Beziehung beschränkt sich jedoch auf wenige Momente und drängt sich nie in den Vordergrund. Dadurch wirkt sie auch viel authentischer, denn die Beiden haben weitaus größere Sorgen und Probleme als ihre Herzensangelegenheiten.
Die genauen Details von Aureljos Plan bekommt man nur am Rande mit und da die Handlung wieder aus der Perspektive von Ria erzählt wird, hat man ebenso wie sie nicht viel Vertrauen in dieses Vorhaben, das Quirin nach wie vor befürwortet, unterstützt und voran treibt. Dass Aureljo und Dantorian unbedingt in eine Sphäre zurück wollen um Antworten zu finden, wohingegen Ria und Tycho das Risiko einfach zu groß ist und sie für ihr Überleben lieber die Unwissenheit in Kauf nehmen, führt zu einer Spaltung der ohnehin schon kleinen Gruppe in zwei Lager und verursacht häufig ergebnislose Diskussionen. Letztere haben mit den Sphären bereits abgeschlossen und sind bereit für ein Leben in der Außenwelt, obwohl sie bestimmte Dinge des sicheren Lebens dort natürlich vermissen und nun entbehren müssen.
Ria sucht stattdessen in der Chronik nach Antworten. Zumindest bis ein einschneidendes Ereignis die Aufdeckung der angeblichen Verschwörung für sie ebenfalls unerlässlich werden lässt.
Die wenigen Seiten, die sie gefunden hat, sind zudem leider nicht allzu aufschlussreich. Man erfährt zwar, dass Jordan auch aus einer Sphäre geflohen sein muss, es werden aber insgesamt mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet, zum Beispiel welche schreckliche Entdeckung ihn zu diesem drastischen Schritt veranlasst hat.
Richtig spannend wird es zum ersten Mal als es an der Oberfläche zu heftigen Kämpfen zwischen den Schwarzdornen und Feindclans mit vielen Opfern kommt. Die Sphären haben sie möglicherweise dazu angestachelt um Ria und den anderen auf die Spur zu kommen und trotzdem können sie nichts tun um zu helfen.
Als sie sich dann letztlich auf den Weg nach Vienna 2 begeben, nimmt die Spannung sogar noch zu, insbesondere da das bloße Betreten der Sphäre noch ihre leichteste Aufgabe ist. Über ihnen schwebt die ständige Angst enttarnt zu werden und sie haben keine Ahnung, wie wahrscheinlich das ist, weil sie nicht wissen, wem und wie oft ihre Bilder gezeigt wurden. Darüber hinaus müssen sie sehr geduldig sein, was vor allem Ria ziemlich schwer fällt.
Ihr Ziel war es herauszufinden, warum sie sterben sollten, doch gerade anfangs sind sie hauptsächlich damit beschäftigt nicht aufzufallen. Die Lebensbedingungen der Arbeiter sind nicht annähernd so rosig wie die von Studenten und die geistig vielleicht nicht sonderlich anspruchsvollen Aufgaben sind dafür körperlich umso anstrengender. In ihrer niedrigen Stellung ist es darüber hinaus ausgesprochen schwierig an bedeutsame Informationen zu gelangen und all ihre diesbezüglichen Pläne sind äußerst riskant. Wenn man sie beim Spionieren erwischt oder gar erkennt, könnte das immerhin eine sofortige Exekution nach sich ziehen.
Es ist Ria, die schließlich die entscheidenden Hinweise findet. Von den Schlüssen, die sie daraus zieht, ist sie jedoch so schockiert, dass sie es zunächst nicht einmal wagt sie in ihren Gedanken zuzulassen und inständig hofft sich zu irren, sodass man als Leser noch ein wenig länger im Dunkeln tappt und bis zur finalen Aussprache nur spekulieren kann.
Was sich letztendlich hinter allem verbirgt, ist nicht nur absolut überraschend, sondern ebenso unfassbar grauenvoll. Einigen Prims hat die Gruppe bedingungslos vertraut, was sich bei einer Person als schrecklicher Fehler entpuppt, weil sie alle diese vollkommen falsch eingeschätzt haben und die Wahrheit ist nur schwer zu ertragen. Mit so einer Wendung hätte man wahrlich nie gerechnet, sodass dieser perfide Plan einen völlig aus der Bahn wirft, wodurch man Rias ähnliche Gefühle sehr gut nachvollziehen kann. Welche Ausmaße diese komplexe Verstrickung einnimmt, hätte man nie vermutet und die unglaubliche Niederträchtigkeit des Ganzen ist sowohl erstaunlich als auch erschreckend. Viele vorherige Gespräche erscheinen nun in einem völlig neuen Licht, es erweisen sich noch viel mehr Dinge als Lüge als bisher angenommen und Rias ganze Welt wird erneut auf den Kopf gestellt.
Nach diesen Enthüllungen möchte man den dritten Band am liebsten sofort im Anschluss lesen. Man ahnt, worum es im Finale geht und möchte so schnell wie möglich wissen, ob es Ria gelingen wird das Schlimmste zu verhindern. Im letzten Teil steht für etliche Menschen alles auf dem Spiel und es wird keinesfalls leicht sein, nicht nur Leben zu retten, sondern vielleicht ebenfalls die Fronten aufzuweichen um die Menschen friedlich zu vereinen. Außerdem hofft man natürlich auf die Antworten zu den zahlreichen noch ungeklärten Fragen.
FAZIT
Mit Die Verschworenen hat Ursula Poznanski bewiesen, dass sie nicht nur fesselnde Einzelbände schreibt, sondern auch ein Talent für Serien besitzt. Ihre nicht nur spannende, sondern ebenso komplexe Geschichte benötigt diesen Raum außerdem um sich zu langsam zu entfalten und könnte somit gar nicht in nur einem einzigen Buch erzählt werden.
Den Abschluss der Reihe kann man nach diesem Ende und vor allem den Enthüllungen, die einen völlig sprachlos zurücklassen, jedenfalls kaum noch erwarten!