Blick in die Zukunft
Seit Kindesbeinen an, sieht Julian Marker an anderen Menschen. Gesichter werden verdeckt, Oberkörper scheinen auf roten Wolken durch die Luft zu schweben, giftiger Nebel wallt aus den Augen. Bilder, die ...
Seit Kindesbeinen an, sieht Julian Marker an anderen Menschen. Gesichter werden verdeckt, Oberkörper scheinen auf roten Wolken durch die Luft zu schweben, giftiger Nebel wallt aus den Augen. Bilder, die kleinen Kindern nicht nur Angst einjagen, sondern regelrecht Panik auslösen. Dank Medikamente und Therapie bekommt Julian seine Angst in den Griff und ist endlich bereit, sein Leben in den Griff zu bekommen! Mutig zieht er in ein Studentenwohnheim, findet neue Freunde, baut sich eine Zukunft auf. Bis einies Tages die Marker zurückkehren und Julian klar wird, dass sein Geist ihm keinen Streich spielt, sondern das ihm ein Blick in die Zukunft gewährt wird.
Kein schöner Blick...
Das Cover zeigt die verschieden Markerformen, die Julian an anderen Menschen wahrnehmen kann. Böse, alles verschlingende Schlieren, die einen Blick auf den Hintergrund schier unmöglich machen. Wie alles verschlingende Wolkengebilde türmen sich die Marker auf und bedrohen nicht nur das dahinter liegende. Ich finde das Bild sehr gut zu Titel und Inhalt des Buches gewählt, da es die Bedrohlichkeit verdeutlicht, aber auch die Möglichkeit der Änderung, da es sich um wabenderde Schlieren oder dichten Nebel handelt, der mit viel Wind vertrieben werden kann.
Ich bin ein absoluter Fan von Ursula Poznanski und liebe jedes ihrer Bücher! So ist es mit Sicherheit keine große Überraschung, dass die Autorin mich auch mit ihrem neusten Werk - Oracle - mal wieder in ihren Bann ziehen konnte! Ich liebe Bücher, die Gedankenspielerein zu lassen und sich nicht strickt an die dröge Realität klammern. Ursula Poznanski gibt mir genug Raum, eigene Ideen zu entwickeln und meine Gedanken schweifen zu lassen, was ich sehr genoss. Und doch ist es nicht so, dass meine Gedanken von den eigentlichen Geschehnissen des Buches abschweiften und sie mich verlor, ganz im Gegenteil! Sie erschuf ein packendes Konstrukt von - ich nenne es mal Hellseherei - , das mich einludt, selbstständig zu überlegen, was ein Blick in die Zukunft alles bewirken könnte. Es ist nicht der einfache Blick auf die Lottozahlen, sondern auf den nahenden Tod oder eine schwere Verletzung von Personen, denen man auf der Straße begegnet. Warnen? Es sein lassen? Was für Konsequenzen hat eine Änderung der Zukunft?
Viele Gedanken, die mich beschäftigten, plagten auch Julian und machten ihn so für mich nahbar. Ich konnte seine Handlungen nachvollziehen, auch wenn viele Entscheidungen von ihm der Ungestümheit der Jugend zuzuschreiben war. Aber gerade das genoss ich, da meine Welt von zu viel Überlegungen geprägt ist und nicht mehr aus dem Bauch heraus. Ein klassisches Jugendbuch eben, in meinen Augen.
Julians Kampf nicht nur ums Erwachsen werden, sondern auch mit einer Gabe gesegnet zu sein, die oft mehr Fluch als Segen ist. Diesen Spagat meistert Julian, oder eher Ursula Poznanski meisterhaft und interessant. Besonders bewegt hat mich Julians Kampf um die Freundschaft zu seinem Zimmergenossen Robin, bzw. zu anderen Mitstudierenden. Auf Grund seiner Angststörung hatte er bisher wenig bis gar keinen Kontakt zu Gleichaltrigen und genießt diesen jetzt. Allerdings hat Julian auch keine Erfahrung mit Freundschaft und geht wacklige erste Schritte in dieser Beziehung, die ich spannend zu beobachten fand.
Mein Fazit
Tolle Handlung! Tolle Charaktere! Rund herum mal wieder ein packender Jugendroman, der mich gefesselt und begeistert hat!