Spannend, aber flache Charaktere
Düster und kalt, so präsentiert sich dieser Thriller. Genau was ich von nordländischen Autoren kenne. Yrsa Sigurdardóttir schließt sich dieser typischen Erzähl- und Schreibstil an. Jahreszeitlich passt ...
Düster und kalt, so präsentiert sich dieser Thriller. Genau was ich von nordländischen Autoren kenne. Yrsa Sigurdardóttir schließt sich dieser typischen Erzähl- und Schreibstil an. Jahreszeitlich passt der Thriller auch gerade gut, auch wenn der Winter erst bevorsteht.
Der Klappentext verrät eigentlich schon recht viel über den Plot. Man kann sich natürlich erst mal gar nicht vorstellen, warum ein Teenager eine Todesliste schreibt. Handelt es sich tatsächlich um einen Mörder, oder war er einfach nur so voller Hass auf diese Leute und suchte ein Ventil für seine Gefühle? Kommissar Huldar geht dieser Frage nach und bittet Kinderpsychologin Freya um ihre Mithilfe. Leser von Band 1 DNA kennen ihre private und berufliche Geschichte. Mir war sie unbekannt, störte mich aber nicht um den aktuellen Fall zu verstehen. Ihr beider Gefühle füreinander sind mir aber doch rätselhaft. Denn diese Sympathie des einen für sie und der Ich-weiss-nicht-was-ich-für-ihn-empfinden-soll von ihr für ihn kratzt doch extrem nur an der Oberfläche und ist mitunter auch recht kindisch. Im Privat- und Berufsleben der Hauptcharaktere herrscht ein einziges Tohuwabohu. Es war mir manchmal schleierhaft wie dieser Fall gelöst werden kann, denn mitunter wirkten die Figuren sehr unreif.
Trotz dieser Diskrepanzen ist SOG ein packender Thriller. Man findet sich in einem regelrechten Sog aus Hass, Verzweiflung und Angst. Rätselhaft und undurchschaubar erst, bis man langsam die erschütternde Wahrheit vor Augen hat. Mord, Verstümmelung und Folter sind der Autorin aber offenbar nicht genug an Grausamkeit. Nein, sie lässt ihre Leser auch noch einen detaillierten Blick auf ein Tatortfoto werfen. Offenbar reicht es nicht, das Kinder Opfer von Gewalt sind, man muss das auch noch bildhaft dargestellt bekommen. Das hat mich mehr schockiert als die Grausamkeit der Morde und fand ich ehrlich gesagt „to much“. Aber die Autorin hat ein gutes Geflecht konstruiert, dessen Ende zeigt, welche Auswirkungen es haben kann, wenn Menschen sich für Geld und Macht entscheiden anstelle von Recht und Gerechtigkeit.
Mit den Charakteren konnte ich mich nicht wirklich. anfreunden. Jeder einzelne hat so seine Probleme zu tragen, das ist ja ok. Aber keiner der beteiligten Charaktere konnte mich emotional fesseln, alle wirkten recht oberflächlich und kalt. Am meisten störten mich die weiblichen Charakter. Zickereien und schlechte Laune ziehen sich quer durch die Seiten. Der Umgangston recht derb auch im Ermittlungsbüro. Ich wunderte mich tatsächlich, dass dieses Team überhaupt funktioniert!
Mein Fazit:
Eigentlich recht spannender düsterer Thriller mit einem guten Stil. Wenn da die unsympathischen unverständlichen Charaktere nicht wären. Sind Isländer wirklich so oberflächlich, zickig, kindisch? Können sie emotional nicht mehr Tiefgang bieten? Außer einen Hang zu recht makabren Humor, den ich aber nicht negativ werden möchte. Damit komme ich gut klar. Ja, schade eigentlich, denn von der Handlung, Spannung und Umsetzung hat mir der Thriller gut gefallen. Wären die Charakter jetzt noch stärker und als kompetente Ermittler mehr zu erkennen, wäre ich von SOG tatsächlich begeistert! Vielleicht versteht man die Charaktere aber besser, wenn man auch Band 1 der Reihe kennt. Ich kenne ihn nicht, werde das aber nachholen.