Etwas verwirrendes Schauermärchen
Opal lebt mit ihrem Bruder Jasper nahezu mittellos in einem Motel in der Kleinstadt Eden, Kentucky, von der sich die Bewohner erzählen, dass sie seit langem verflucht ist. Seit die Mutter von Opal starb, ...
Opal lebt mit ihrem Bruder Jasper nahezu mittellos in einem Motel in der Kleinstadt Eden, Kentucky, von der sich die Bewohner erzählen, dass sie seit langem verflucht ist. Seit die Mutter von Opal starb, kümmert sie sich um ihren jüngeren Bruder, möchte diesen unbedingt aus der unwirtlichen Gegend fortbringen. Immer wieder träumt sie von dem Unglück, bei dem sie ihre Mutter im Stich gelassen hat und von einem alten Herrenhaus, über das man sich Legenden erzählt. Die Einwohner meiden es und selten sieht man in Starling House Anzeichen dafür, dass es überhaupt noch bewohnt ist. Opal zieht es magisch dorthin. Sie trifft auf den wortkargen Erben, der ihr, obwohl er es nicht will, einen Job als Haushaltshilfe anbietet. Das Haus scheint zu leben. Doch tief darin lauern die Dämonen der Vergangenheit.
Optisch ist Starling House ein echtes Schmuckstück, das mir sofort aufgefallen ist. Mit Farbschnitt ist es noch edler. Vielleicht habe ich mich etwas davon blenden lassen oder aber ich hatte die Beschreibung anders interpretiert. Jedenfalls war ich etwas irritiert, als ich angefangen habe zu lesen. Der Schreibstil wirkt sehr ausgefeilt, mit vielen sprachlichen Bildern und Vergleichen, manchmal etwas hochtrabend und aus einer anderen Zeit, dann wieder derb, weil Opal, die Protagonistin, eben redet, wie ihr der Schnabel gewachsen ist. Ich habe lange gebraucht, um in ihre Gedankenwelt und damit in die Welt von Starling House einzutauchen. Teilweise waren mir die Dinge zu langgezogen geschildert und zu komplex erzählt. Als wollte die Autorin absichtlich die Hintergründe möglichst lange verschleiern. Durch die ersten 100 Seiten habe ich mich wirklich durchbeißen müssen und kam nicht recht vorwärts. Ich konnte mir keinen Reim auf das Haus machen und Opal wirkt, obwohl sie sich um ihren Bruder kümmert und das Beste für ihn will, in meinen Augen nicht gerade sympathisch. Oft macht sie sich das Leben selbst noch zusätzlich schwer, mit der Ehrlichkeit nimmt sie es alles andere als genau und macht eigenwillig immer das, wovon man ihr abrät. Aber sie ist tough und selbstständig. Ihre Verbindung zum Haus bleibt lange Zeit ein Rätsel. Überhaupt ist es schwierig, dieses Buch einem Genre zuzuordnen. Schauermärchen, Fantasy-Traumwelt, Gesellschaftskritik. Passt alles irgendwie.
Was da unter Starling House lauert und warum, das will ich hier gar nicht verraten, denn das war der Punkt, der mich dazu gebracht hat, weiterzulesen. Allerdings hätte das Ganze meiner Meinung nach eine gehörige Portion mehr Spannung vertragen können, stattdessen gab es viele Wiederholungen. Geschickt wird die Geschichte des Hauses immer wieder von "Zeugen" anders geschildert. Das Körnchen Wahrheit in jeder zu finden, ist wohl Opals Aufgabe. Ein bisschen Romantik gibt es auch, aber wegen der sollte man das Buch nicht lesen. Es geht eher um Träume und Albträume, die Einfluss nehmen auf das eigene Leben, aber auch auf die, die nach uns kommen. Um Schuld und Rache, aber auch darum, über diese hinwegzukommen. Zudem werden ganz nebenbei die Missetaten alter weißer Männer von damals bis heute verteufelt, wie zum Beispiel die Profitgier beim Kohleabbau in Eden. Das Ende war wie der Rest des Buches für mich etwas verwirrend, nicht real, aber auch nicht wirklich Fantasy. Insgesamt war die Geschichte und ihr Aufbau für mich ein schwieriges, etwas abgehobenes Konstrukt und weniger fesselnd, als ich gehofft hatte. Daher leider nur 3 Sterne