Heiligabend: Die einflussreichsten Personen Deutschlands werden in ihren Häusern eingesperrt – und ihre Geiselnahmen live übertragen. Der Showmaster tritt vor die Kamera und erklärt die Spielregeln: »Zwar wählen die Menschen ihre Regierung, die Macht liegt jedoch längst nicht mehr beim Volk. Heute präsentieren wir Ihnen diejenigen, die wirklich entscheiden, wer zum Gewinner und wer zum Verlierer des Systems wird. Und glauben Sie mir, jeder von ihnen hat mindestens eine Leiche im Keller.« Nun haben die Zuschauer die Wahl, wer mit einem blauen Auge davonkommt und wer bluten muss. Während die Menschen wie gebannt vor ihren Bildschirmen sitzen, wird eine Frage immer lauter: Wer sind die Drahtzieher hinter der Reality Show?
An Heiligabend dringen bewaffnete Gruppen in die Häuser von zehn sehr einflussreichen Menschen ein, die gemeinsam haben, dass sie durch das, womit sie selbst reich wurden, anderen Menschen geschadet haben. ...
An Heiligabend dringen bewaffnete Gruppen in die Häuser von zehn sehr einflussreichen Menschen ein, die gemeinsam haben, dass sie durch das, womit sie selbst reich wurden, anderen Menschen geschadet haben. Die Eindringlinge bedrohen sie und ihre Familien und lassen sie quasi an einer "Reality Show" teilnehmen, die live auf jedem Fernsehsender in die Wohnzimmer der Familien übertragen wird, die ihre Weihnachtsfeiern ebenfalls unterbrechen, als sich herumspricht, was gerade passiert. Auch sie dürfen an der Show teilhaben, indem sie über das Schicksal der an den Pranger gestellten Mächtigen mitentscheiden und Teile deren Vermögens gewinnen können.
Die Idee hinter dem Buch hat mir sehr gut gefallen und ich fand es auch gut, dass eine ordentliche Dosis Gesellschaftskritik enthalten ist und auch dem Leser selbst teilweise der Spiegel vorgehalten wird. Was mich aber total überfordert hat, waren die vielen verschiedenen Personen, die teilweise sogar noch abwechseln mit ihrem Codenamen und ihrem echten Namen erwähnt wurden. Da habe ich einfach nicht mehr durchgeblickt und ich denke, es wäre besser gewesen, sich zumindest auf die Hälfte zu beschränken. Auch dann wäre noch ausreichend Stoff vorhanden gewesen. Für mich hätten auch die "Vergehen" der Mächtigen noch mehr im Mittelpunkt stehen dürfen und dafür hätte ich auf manche Informationen zum Privatleben der verschiedensten Personen verzichten können.
Nichtsdestotrotz ist der Roman sehr interessant zu lesen und man sieht manche Dinge, die man selbstverständlich mitmacht, im Nachhinein vielleicht mit etwas anderen Augen. Der Erzählstil der Autorin ist sehr gut lesbar und anschaulich.
„Reality Show“ ist nicht einfach ein Thriller, es ist ein Buch über Persönlichkeiten. Anne Freytag gelingt es in ihrem Roman, Einzelschicksale hervorzuheben und zugleich eine intelligente Geschichte mir ...
„Reality Show“ ist nicht einfach ein Thriller, es ist ein Buch über Persönlichkeiten. Anne Freytag gelingt es in ihrem Roman, Einzelschicksale hervorzuheben und zugleich eine intelligente Geschichte mir einer spannenden Prämisse zu erzählen. Ein tolles Buch, das sich nur manchmal ein wenig in ihren vielen Handlungssträngen verheddert.
Es könnte der Beginn eines perfiden Psychothrillers sein: Zehn prominente Menschen werden in ihren Häusern als Geisel genommen und gezwungen, in einer Fernsehshow aufzutreten. Das Ziel: Sie sollen vor aller Welt für Ihre Taten verurteilt werden. Schnell wird jedoch klar, dass es nicht um das Zufügen von Leid geht, sondern um Gerechtigkeit, denn diese zehn Menschen haben schamlos vom kapitalistischen System profitiert und sollen nun von der Bevölkerung ihrer gerechten Strafe zugeführt werden. An einem Heiligabend in der nahen Zukunft sitzen in Deutschland also Millionen von Menschen vor ihren Fernsehgeräten und halten Gericht über die oberen 0,1 Prozent. Eine absolut originelle Prämisse!
Das Spiel steht jedoch nur vordergründig im Fokus des Buchs, denn das Wichtige sind eigentlich die Geschichten hinter den Figuren: Was bewegt die Drahtzieherinnen? Was haben die zehn Angeklagten getan – und wie empfinden sie ihre missliche Lage? Wie erleben die Zuschauerinnen das bizarre Schauspiel im Fernseher? Eine Vielzahl an Stimmen kommt in Anne Freytags Roman zu Wort, die mit ihren unterschiedlichen Perspektiven zu einem faszinierenden Kaleidoskop einer Gesellschaft beitragen.
Genau dieser Aspekt ist jedoch leider auch eine Schwäche von „Reality Show“. Gerade zu Beginn des Buchs wirken die unzähligen Handlungsstränge etwas wirr und unzusammenhängend, und es fällt teilweise schwer, sie in ein Gesamtgefüge einzuordnen. Ein paar Stimmen weniger hätten dem Buch sicher nicht geschadet! Man muss der Autorin jedoch zugutehalten, dass sie es zuletzt schafft, all die losen Enden wieder miteinander zu verknüpfen, sodass ich als Leserin zum Schluss doch sehr zufrieden aus dem Leseerlebnis herausgegangen bin.
Ein spannender Roman, der in vielerlei Hinsicht dazu anregt, sich mit den eigenen Prinzipien und Idealen auseinanderzusetzen – denn stets schwingt die Frage mit: Wie würde ich als Zuschauer*in in dieser Situation richten? Was ist eine gerechte Strafe? Sehr lesenswert!
"Reality Show" ist das zweite Buch, dass ich von Anne Fretyag gelesen habe. Auch in diesem Buch sind die Idee und ihr Schreibstil nach wie vor genial und einzigartig. Sie schafft es zum einen, die Leser:innen ...
"Reality Show" ist das zweite Buch, dass ich von Anne Fretyag gelesen habe. Auch in diesem Buch sind die Idee und ihr Schreibstil nach wie vor genial und einzigartig. Sie schafft es zum einen, die Leser:innen in einen Bann zu ziehen, aus dem man so schnell nicht wieder rauskommt. Zum anderen ist das Buch kritisch, regt auf jeden Fall zum Nachdenken an und beschäftigt einen auch noch lange, nachdem man es beendet hat. Vor allem hinterfragt man sich selbst und überlegt stets, wie man selbst handeln würde, wenn man als Zuschauer:in an der Reality Show teilnehmen würde. Würde ich abstimmen?
Die kurzen Kapitel und Perspektivwechsel lassen die Seiten nur so dahinfliegen und man hat einen schnellen Lesefortschritt.
Obwohl es mir nach und nach gelungen ist, einen besseren Überblick über die Vielzahl an Figuren zu erhalten, ist es mir leider bis zu Ende nicht gelungen die Figuren gut zu kennen, sodass man eine Beziehung aufbauen hätte können. Aus diesem Grund gibt es auch einen Stern Abzug.
Das Buch ist auf jeden Fall eine Empfehlung für Leser:innen, die sich kritisch und reflektiert mit einem Buch auseinandersetzen wollen.
"Ich dachte, ich kenne sie. Ich dachte, ich weiß, wer sie ist, wie sie tickt, was sie antreibt. Aber wann kennt man jemanden schon? Ich meine, wirklich? Nicht nur die Oberfläche, ...
Meine Meinung und Inhalt
"Ich dachte, ich kenne sie. Ich dachte, ich weiß, wer sie ist, wie sie tickt, was sie antreibt. Aber wann kennt man jemanden schon? Ich meine, wirklich? Nicht nur die Oberfläche, nicht nur das, was sie einem zeigen, nicht nur bis knapp unter die Haut, sondern weiter, bis in die Schichten, in denen es wehtut. In denen wir unsere Geheimnisse begraben, wie Leichen auf einem Friedhof. Wir kultivieren sie mit unseren Gedanken, düngen sie mit unserem Schweigen, halten den Deckel darauf, damit sie nicht wieder zurück an die Oberfläche finden aus den Höhlen unseres Unterbewusstseins, Herzkammern, Nieren. Wir wollen sie in uns." (ZITAT)
Heiligabend:
Die einflussreichsten Personen Deutschlands werden in ihren Häusern eingesperrt – und ihre Geiselnahmen live übertragen.
Der Showmaster tritt vor die Kamera und erklärt die Spielregeln.
Nun haben die Zuschauer die Wahl, wer mit einem blauen Auge davonkommt und wer bluten muss.
Ich liebe den Schreibstil von Anne Freytag. Sie hat mich mit ihrem Buch wirklich fesseln können. Das Cover, die Kapitelunterteilung, d.h. die Vorstellung der einzelnen Charaktere, haben mir sehr gut gefallen. Ich hatte stellenweise etwas Probleme den Überblick zu behalten, was durch die vielen Wendungen nicht leichter geworden ist.
Mit Reality Show konnte mich Anne Freytag gleichermaßen überraschen und faszinieren und bekommt von mir eine Leseempfehlung!
Anne Freytag hat International Management studiert und als Grafikdesignerin und Desktop-Publisherin gearbeitet, bevor sie sich ganz dem Schreiben von Erwachsenen- und All-Age-Romanen widmete. Für ihre ersten beiden Jugendbücher wurde die Autorin zwei Mal in Folge für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. Für »Nicht weg und nicht da« wurde sie mit dem Bayerischen Kunstförderpreis 2018 in der Sparte Literatur ausgezeichnet.
Meine Meinung
Anne Freytag hat mein Leserherz durch ihre Jugendromane schon vor Jahren höher schlagen lassen. Dass sie nun langsam die Richtung wechselt und sich mit ihren neuen Veröffentlichungen eher ...
Meine Meinung
Anne Freytag hat mein Leserherz durch ihre Jugendromane schon vor Jahren höher schlagen lassen. Dass sie nun langsam die Richtung wechselt und sich mit ihren neuen Veröffentlichungen eher an erwachsenere Leser:innen richtet, hält mich absolut nicht davon ab, immer noch jeden neuen Roman zu verschlingen. Mit „Aus schwarzem Wasser“ hat sie mich schon absolut begeistern können, weswegen ich nun super gespannt auf „Reality Show“ war – der Klappentext klingt auf jeden Fall schon mal wahnsinnig vielversprechend!
In „Reality Show“ geht es um Deutschlands einflussreichste Menschen, die außerhalb der Öffentlichkeit als Strippenzieher der Gesellschaft fungieren. Diese werden nun von Unbekannten in ihren eigenen Häusern eingesperrt und in die Reality Show gezerrt – moderiert von einem Showmaster, der nun sämtliche Fäden in der Hand hält und die Zuschauer über das Schicksal der Geisel entscheiden lässt.
Die Geschichte wird aus zahlreichen verschiedenen Perspektiven erzählt, sodass ich kaum alle nennen könnte. Wir erleben die Geschehnisse aus den Perspektiven der reichen und machthabenden Menschen, der Macher der Reality Show, der Polizei und der Menschen, die vor den Fernsehern sitzen und das ganze Geschehen live mit verfolgen. Jedes neue Kapitel beschäftigt sich mit einer neuen Perspektive und so werden wirklich zahlreiche Charaktere eingeführt, die ich teilweise kaum voneinander unterscheiden konnte. Einerseits war ich von diesem Erzählstil sehr begeistert, weil er so gut zur Geschichte passte, andererseits war er allerdings auch sehr verwirrend, besonders der Start wurde mir dadurch nicht sonderlich leicht gemacht. Dazu kommt noch, dass keiner der Charaktere mich besonders begeistern oder in den Bann ziehen konnte – keiner sticht sonderlich heraus und gleichzeitig waren sie alle sehr interessant. Besonders die Konstellation von ihnen hat mir wahnsinnig gut gefallen, doch leider fehlte mir einfach der Bezug zu ihnen.
Und auch sonst ist die Erzählweise der Autorin hier sehr interessant. Während die Perspektiven häufig wechseln, wird auch immer wieder zwischen der Ich-Form und der Er/Sie-Form gewechselt, was die Unterschiede der Charaktere nur noch mehr hervorhebt, hat mir sehr gefallen. Zusätzlich wird auch noch in der Zeit gesprungen, um die Anfänge und Entstehung der Reality Show besser darstellen zu können.
Der Roman beginnt mit einer Schnell-Vorstellung einiger „Gäste“ der Show. Wir beobachten jeden kurz an seinem Heiligabend und erhalten einen ersten Eindruck darüber, welche Art von Menschen sie sind. Auch wenn es zunächst ein wenig verwirrend war, weil so viele neue Charaktere so schnell hintereinander vorgestellt worden sind, hat mir diese Umsetzung wirklich sehr gut gefallen.
Darauf folgt auch schon schnell die Vorstellung der Personen, die hinter der Show stecken. Dazu möchte ich natürlich nicht zu viel sagen, deswegen belasse ich es erstmal dabei. Es war auf jeden Fall sehr interessant, das Ganze mitzuverfolgen und mitzuerleben, wie aus eine kleinen Idee etwas so Großes wird.
Leider muss ich dazu sagen, dass ich mir einfach mehr von der Show an sich gewünscht hätte. Denn während man die Gruppe hinter der Show begleitet, ihren Plan in die Tat umzusetzen und die zahlreichen Charaktere kennen lernt, fiel die Show selbst in meinen Augen viel zu kurz aus. Denn schon die erste Ansprache des Showmasters zog sich in meinen Augen ziemlich und obwohl so viele Charaktere vorgestellt worden sind, werden mir zu wenige in der tatsächlichen Show behandelt, was ich ein wenig schade fand.
Das Ende hingegen hat mich wieder absolut abholen können. Die Spannungskurve baut sich im Laufe der Handlung immer wieder auf, weswegen ich das Buch auch einfach nicht aus der Hand legen konnte, doch besonders das letzte Viertel hat mich da sehr überzeugen können!
Fazit
Insgesamt behandelt der Roman Thematiken, die hochaktuell und sehr wichtig sind, was mir sehr gefallen hat. Es ist eine ordentliche Gesellschaftskritik, die besonders das System der Super-Reichen und ihre verstecke Macht auf die Gesellschaft kritisiert. Die Masse an Charakteren macht es leider immer wieder ein wenig wirr, was ich sehr schade fand, besonders weil die Zusammenstellung der verschiedenen Protagonist:innen wirklich sehr gelungen war. Es war ein sehr spannendes und aktuelles Buch, das mich insgesamt wirklich sehr begeistern konnte.