Bedrückende Enttäuschung
Wenn ich bisher in meinen Rezensionen ein Buch als tiefgängig beschrieben habe, dann habe ich damit gleichzeitig auch gemeint, dass es mich wirklich berühren konnte. Es war für mich immer klar, wenn ich ...
Wenn ich bisher in meinen Rezensionen ein Buch als tiefgängig beschrieben habe, dann habe ich damit gleichzeitig auch gemeint, dass es mich wirklich berühren konnte. Es war für mich immer klar, wenn ich sage, das Buch hat Tiefe, ist ernst und traurig, dann meine ich das im positiven Sinne. Und nun habe ich „Eines Tages für immer“ gelesen, und bin mir nicht mehr sicher…
Aber von vorne: Worum geht es in dem Buch?
Der Roman ist aufgebaut aus zwei Handlungssträngen, die sich in jedem Kapitel abwechseln. Es gibt die Handlung aus DAMALS (1972). Hier geht es um die 19-jährige Kunststudentin Alice. Sie ist talentiert und als sie im Musiker Jake ihre große Liebe findet, scheint sie ein wundervolles Leben vor sich haben. Sie wird schnell schwanger, beide freuen sich auf das Baby. Bis die schwere Vergangenheit der zwei sie einholt.
Der zweite Handlungsstrang spielt im HEUTE, oder besser gesagt im Jahr 2000. Luke ist hier der Protagonist. Von klein auf wusste er, dass er adoptiert worden war - und litt auch immer darunter. Denn für ihn gab es nichts wichtigeres, als seine leiblichen Eltern. Und nun hat er sie endlich gefunden. Alice und sein Vater Rick sind bald Teil der Familie. Aber die Situation entwickelt sich nicht wie erwartet und Luke ahnt, dass Alice ein Geheimnis vor ihm hütet.
Eigentlich bin ich immer großer Fan von Perspektivenwechseln. Aber hier war es ein wenig too much. Meist dauerte ein Kapitel nur 5 Seiten, dann fand man sich in einer komplett anderen Umgebung, anderes Jahr, andere Figuren wieder. Das machte es einem unfassbar schwer, in das Buch zu finden. Wenn ich ehrlich bin, ist mir das auch nie wirklich gewonnen.
Der Schreibstil ist nicht unbedingt einfach zu lesen, in einen Lesefluss bin ich nicht gekommen. Vielmehr hat sich die Geschichte unfassbar in die Länge gezogen.
Ich hatte schnell eine Idee, was das große Geheimnis der Geschichte sein würde. Und diese bestätigte sich letztendlich auch, dazwischen war die Geschichte recht unspektakulär. Aber dennoch hat dieses Geheimnis das gesamte Buch überlagert und eine sehr bedrückende Stimmung erzeugt. Es gibt Geschichten, die bezeichnet man gerne als „Wohlfühlbuch“. „Eines Tages für immer“ ist für mich exakt das Gegenteil davon. Ich hatte etwas ganz anderes erwartet, weshalb ich offen gestanden einfach enttäuscht bin.
Erst gegen Ende hin, nahm die Handlung an Fahrt auf, aber gleichzeitig wurde sie mir zu, hmmm wie soll ich sagen?! Verrückt, abgedreht. Aber nicht im Sinne von unnatürlich, sondern einfach nicht greifbar.
Und dann noch ein Punkt, in dem ich sehr zweigespalten bin: Die Charaktere. Es gibt eine wirklich große Menge an Figuren. Doch ich habe nur zu den wenigsten einen Draht gefunden. Und leider gar nicht zu den Protagonisten. Luke hat mich ziemlich die Nerven gekostet. Ich konnte zwar verstehen, wieso ihn die Autorin so darstellt, aber das ändert nichts daran, dass der Protagonist es ist, der einem eine Geschichte nahebringen muss. Der den Leser mit ins Geschehen hineinzieht. Und wenn man Probleme mit dem Protagonisten hat, dann hat man in der Regel auch Probleme mit der Story an sich.
Insgesamt hat mir der frühere Handlungsstrang aus 1972 besser gefallen, weil ich Alice am Anfang wirklich gern hatte. Aber Alice taucht sowohl im DAMALS als auch im HEUTE auf- und diese zwei, komplett verschiedenen Versionen von ihr haben mich so sehr verwirrt, dass auch diese Sympathie zum Ende hin verschwand.
Fazit:
Wenn ich ehrlich bin, dann hat mich „Eines Tages für immer“ ziemlich enttäuscht. Es ist eine sehr ernste, traurige Geschichte. Aber außer, dass sie zu lesen bedrückend ist, kamen bei mir nur wenige Emotionen auf. Ich hatte sowohl mit den Figuren, als auch mit dem Schreibstil ein Problem. Letztendlich bin ich mir auch nicht sicher, was das Buch mir sagen möchte.
Die halbe Handlung, die aus 1972, gefiel mir zwar recht gut, aber sie macht eben nur die Hälfte des Buch aus. Und weil ich mir wirklich schwer tue, diesen Roman zu bewerten, werde ich das eben genau so in Sternen darstellen. Die Hälfte hat mir gefallen, also 2,5 von 5 Sternen. Eigentlich bewerte ich Bücher nicht gerne mit so wenigen Sterne, weshalb es mir auch irgendwie leid tut. Aber es ist nicht zu leugnen, dass ich enttäuscht von der Geschichte bin …