Cover-Bild Bei Licht ist alles zerbrechlich
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24,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 320
  • Ersterscheinung: 21.08.2024
  • ISBN: 9783257073126
Gianni Solla

Bei Licht ist alles zerbrechlich

Verena von Koskull (Übersetzer)

Davide und Teresa träumen sich schon lange fort von ihrem Dorf, fort von den vorgezeichneten Wegen. Doch an einem Tag im Jahr 1942 taucht plötzlich Nicolas in ihrem Leben auf, ein zwangsumgesiedelter jüdischer Junge aus Neapel. Es wird der Sommer ihres Lebens. Bis der Krieg auch ihr Dorf erreicht – und die zarten Bindungen zwischen den drei Jugendlichen zerreißt. Sie verlieren sich aus den Augen, doch nie ganz aus dem Sinn. Jahre später kommt es zu einem Wiedersehen, und alles ist vertraut und doch verwirrend anders.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.09.2024

Bewegender Roman über Freundschaft und Individualität

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Dieses Buch hat mich sehr bewegt. Aus der Perspektive des Schweinehirten Davide erfährt der Leser die Geschichte von drei jungen, sehr unterschiedlichen Menschen, die in schwierigen Zeiten des Krieges ...

Dieses Buch hat mich sehr bewegt. Aus der Perspektive des Schweinehirten Davide erfährt der Leser die Geschichte von drei jungen, sehr unterschiedlichen Menschen, die in schwierigen Zeiten des Krieges zu Freunden werden und sich dann verlieren. Davide, der aus ärmlichen Verhältnissen kommt und nicht lesen und schreiben kann. Teresa, bürgerliche Tochter eines Seilmachers, die selbstbewusst und klug ist. Und Nicolas, ein gebildeter Jude aus Neapel, der unfreiwillig mit seinem Vater in das kleine Dorf kommt. Davide lernt bei ihnen Lesen und den Mut, aus seinem vorgezeichneten Leben auszubrechen. Zwischen ihnen entwickelt sich eine tiefe Freundschaft, die durch die erste Liebe zwischen Teresa und Nicolas jäh unterbrochen wird. Davide, der in Teresa verliebt ist, aber auch eine große Bewunderung für Nicolas empfindet, fühlt sich verraten. Dennoch hilft er Nicolas, sich vor den Deutschen zu verstecken. Als dieser entdeckt wird und flieht, verschwindet auch Davide. Viele Jahre verbringt er in Neapel. Er wird Schauspieler und ist dennoch nicht glücklich. Eines Tages gelingt es ihm, Teresa wiederzufinden. Doch auch sie ist ihm fremd geworden. Als er in das Dorf seiner Heimat zurückkehrt, begegnet er Nicolas. Die Rollen sind vertauscht und dennoch ist die Nähe wieder da. Doch die gemeinsame Zeit ist nur kurz. Ein bewegend geschriebener Roman, bei dem jeder Satz und jedes Wort auf den Punkt gebracht ist. So werden aus kleinen, alltäglichen Begebenheiten, besondere Momente. Ich glaube mich als Leser beinahe als stiller Beobachter, der den Figuren sehr nahe kommt. Insbesondere Davide beeindruckt mich, mit seiner Stärke und dem Willen, sein Leben eigenmächtig zu verändern. Ein Buch, das noch lange nachwirken wird.

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Veröffentlicht am 23.08.2024

Die Macht der Worte

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»Mein erstes Lesebuch war ein Zettel, auf dem die Prinzipien der Rassengesetze abgedruckt waren, deren Bedeutung mir ein jüdischer Lehrer erklärte … Während ich sie las, wurde mir klar, dass es keine guten ...

»Mein erstes Lesebuch war ein Zettel, auf dem die Prinzipien der Rassengesetze abgedruckt waren, deren Bedeutung mir ein jüdischer Lehrer erklärte … Während ich sie las, wurde mir klar, dass es keine guten und schlechten Wörter gab. Alles hing von den Taten ab.« S.127

Das Leben in Tora e Piccilli scheint für alle vorbestimmt, so auch für Davide, Sohn eines Schweinehirten und Faschisten. Davide wäre gern wie die anderen Kinder, doch er wird von ihnen ausgeschlossen und verspottet, weil er den Gestank der Schweine nicht loswird und einen Gehfehler hat. Teresa, die Tochter eines Seilers, ist die Einzige, die zu ihm hält, ihn verteidigt und ihm das geben kann, wonach er sich am meisten sehnt – schreiben zu lernen. Sie ist ein willenstarkes Mädchen, sie weiß, dass sie die Enge des Dorfes eines Tages verlassen wird. Je mehr Zeit Davide mit ihr verbringt, umso deutlicher spürt er die Magie der Worte, die er lernt, die er heimlich in gestohlene Hefte schreibt. Schreiben wird für ihn zum Akt der Rebellion gegen seinen despotischen Vater, denn er fühlt, dass in den Worten eine andere Zukunft für ihn liegt.
Im Sommer 1942 wird sich das Leben im Dorf verändern, als 36 Juden aus Neapel auf Anordnung des Duce zur Zwangsarbeit umgesiedelt werden. Davide ist von dem gleichaltrigen Nicolas sofort angetan und weiß, dass er einmal werden will wie er. Davide sieht in ihm, was er nicht ist: Nicolas ist gebildet, sauber, gutaussehend. Nicolas’ Vater wird ihn heimlich unterrichten. Die drei verbringen den Sommer zusammen, der sie alle verändern wird. Bis die Ereignisse sie zwingen, sich zu trennen und erwachsen zu werden. Doch die verwirrende Freundschaft wird Davide immer begleiten und ihn Jahre später motivieren, sich auf die Suche nach den beiden zu machen.

Das Buch strotz vor Lebendigkeit und Authentizität, vor meinem inneren Auge entstehen Bilder von der unendlich Feldern und Wäldern, ich rieche den Schweinegestank an Davides Kleidung, fühle aber auch der Engstirnigkeit und Hörigkeit der Dorfbewohner, die Solla so treffend in knappen Sätzen zu skizzieren weiß.

»…(die) sonntags schwatzend auf dem Kirchplatz am Podestà standen, um allen zu zeigen, an was sie glaubten: an die Kirche und an den Faschismus, einen Gott im Himmel und einen auf Erden.« S.29

Es ist berührend, wenn Davide dem Klang der neuen Worte nachspürt, die ihm neue Horizonte eröffnen, ihm erlauben zu träumen, ein anderer zu werden, ein Mensch mit eigenem Willen. Wenn er über die Nachahmung hinauskommt, wenn aus unbeholfenen Kringeln und Kreisen Worte in seinen Heften, in seinem Kopf entstehen, die Ordnung und Verständnis in seine Welt bringen.

»Schweine. Ich versuchte es. Ich schob das Sch zwischen den Zähnen hervor und schürzte die Unterlippe, um das w auszusprechen. Es klang wie ein neues Wort. Das war nicht mehr das Viehzeug, das ich kannte. Ich sah die Tiere in einem neuen Licht, den Unterschied zwischen ihnen und uns.« S.61

Solla ist ein sehr einfühlsamer, tiefgründiger Entwicklungsroman gelungen, der mich direkt ins Herz des Protagonisten geführt hat. Er schreibt sehr eindrucksvoll von der Kraft der Worte, die die Macht haben, sich zu finden, über sich selbst hinauszuwachsen, den gesellschaftlichen Zwängen zu entkommen ohne die Verbindung zu seiner Herkunft zu verlieren. Eine berührende Geschichte über Freundschaft, über die Verwirrung der Liebe, über Mut und Rebellion. Sollas Sprache ist klar, jeder Satz hat seine Bedeutung für den Fortgang der Geschichte. Vielleicht ist auch deshalb der Mittelteil des Buches deutlich geraffter, denn alles führt auf das Ende hin, bei dem sich Kreise schließen werden und das mich zutiefst berührt hat.

Ein großartiges Stück italienische Literatur, dessen Worte man sich auf der Zunge zergehen lassen sollte, wie es Davide getan hat.

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Veröffentlicht am 04.10.2024

Der Sommer, der alles verändert

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Wir schreiben das Jahr 1942. Das kleine süditalienische Dorf Tora e Piccilli liegt weitab von großen Städten, vom Weltgeschehen und dem Krieg bekommt man hier nicht viel mit, bis eines Tages Juden aus ...

Wir schreiben das Jahr 1942. Das kleine süditalienische Dorf Tora e Piccilli liegt weitab von großen Städten, vom Weltgeschehen und dem Krieg bekommt man hier nicht viel mit, bis eines Tages Juden aus Neapel in ihren Ort zwangsumgesiedelt werden. Einer dieser Juden ist der junge Nicolas, der den Bauernjungen Davide durch sein Aussehen und seine Ausstrahlung sofort in seinen Bann zieht.
Davide, der wie die meisten Dorfbewohner Analphabet ist, sucht Nicolas‘ Nähe und mit der Zeit entwickelt sich eine Freundschaft zwischen den beiden. Darüber hinaus lernt Davide von Nicolas und dessen Vater Lesen und Schreiben, was Davides Vater, einen bösartigen Rohling, dermaßen in Rage bringt, dass er sich grausam an Davide rächt. Davides Jugendfreundin Teresa findet ebenfalls Gefallen an Nicolas, woraufhin Davide sich verletzt zurückzieht.
Bei der ersten sich bietenden Gelegenheit verlässt er das Dorf und lebt von da an in Neapel. Dort schlägt er sich zunächst mit Gelegenheitsarbeiten durch, doch durch Zufall entdeckt er die Welt des Theaters für sich. Er wird zum gefeierten Schauspieler und Autor, doch findet er nie wieder Freundschaften wie mit Teresa und Nicolas. Nach einigen Jahren beschließt er, die beiden ausfindig zu machen.
„Bei Licht ist alles zerbrechlich“ ist ein Roman, der sehr eindrücklich die Entwicklung des körperlich eingeschränkten Sohns eines Schweinezüchters zum gefeierten Bühnenschauspieler, aber auch dessen bildungsfernes Aufwachsen in einem lieblosen Elternhaus und seine spätere Einsamkeit in der Großstadt beschreibt. Mich hat dieses Buch sehr berührt.

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Veröffentlicht am 21.08.2024

Authentisch und wunderschön

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„Wir wussten nicht, dass wir Motten waren, die sich zu nah ans Feuer wagten: Angezogen vom strahlenden Licht, enden sie mit versengten Flügeln in diesem letzten Tanz, bei dem die Freude die Angst überwiegt.“ ...

„Wir wussten nicht, dass wir Motten waren, die sich zu nah ans Feuer wagten: Angezogen vom strahlenden Licht, enden sie mit versengten Flügeln in diesem letzten Tanz, bei dem die Freude die Angst überwiegt.“ (Tolino S. 82)

BEI LICHT IST ALLES ZERBRECHLICH
Gianni Solla

1942:
Davide wächst in Tora e Piccilli, einem kleinen italienischen Dorf, in der Nähe Neapels, als Sohn eines Schweinezüchters, auf. Er ist der Spott der Kinder und Jugendlichen, da er humpelt und den Geruch der Schweine nicht ablegen kann.
Sein Traum ist es, eines Tages wegzugehen, dem Dorf den Rücken zu kehren und den Klauen seines Vaters, dem Patriarchen der Familie, zu entkommen.
Teresa, die Tochter des Seilmachers, teilt mit ihm diesen Traum. Wenn Davide es schafft, sich heimlich aus dem Stall zu entfernen, verbringen sie die Nachmittage gemeinsam. Teresa hat ihm einige Buchstaben gelehrt, denn sein Vater verbot ihm die Schule zu besuchen.
Eines Nachmittags werden ein paar Juden in das Dorf gebracht. Kein anderes Dorf wollte diese haben und auch die Dorfbewohner Toras sind wenig begeistert von diesen Eindringlingen. Doch Davide ist von der äußerlichen Erscheinung des jungen jüdischen Nicolas angetan und sucht seine Nähe. Ganz langsam beginnt eine Freundschaft, die auch Teresa einbindet. Nicolas Vater, einst Lehrer in Neapel, sieht in Davide einen begabten Jungen und lehrt ihm Lesen und Schreiben.
Die zarte Freundschaft der drei jungen Menschen kommt zu einem jähen Ende, als die Deutschen ins Dorf kommen, um alle Juden zu deportieren.

Was für eine zarte und eindringliche Geschichte eines Jungen, der gefangen in seinem oktroyierten Leben ist.
Der erste Teil, der mehr als die Hälfte des Buches ausmacht, konnte mich sofort und ganz für sich einnehmen. Die Beschreibungen waren fein und ausgeschmückt, sie erweckten Bilder in meinem Kopf, die noch lange nachwirken werden.
Der zweite Teil konnte mich hingegen nicht ganz greifen: Diese großen Zeitsprünge und die Geschichte als solche war mir zu farblos, die Erzählungen, rund ums Theater, zu lang. Davide drohte mir zu entgleiten, doch der dritte Teil brachte ihn mir zurück und ich konnte alle Teile als ein großes Ganzes für mich zusammenfügen.

Insgesamt ein tolles Buch. Authentisch und wunderschön geschrieben. Ich freue mich jetzt schon auf weitere Sollas, die es hoffentlich bald geben wird.
Große Leseempfehlung von mir.
4½/ 5

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Veröffentlicht am 17.10.2024

Atmosphärisch gelungen

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Das Buch von Gianni Solla beginnt 1942 in einem kleinen, abgelegenen italienischen Dorf namens Tora e Piccilli. Davide ist Schweinehirte, kann nicht lesen und schreiben, hat eine Gehbehinderung und wird ...

Das Buch von Gianni Solla beginnt 1942 in einem kleinen, abgelegenen italienischen Dorf namens Tora e Piccilli. Davide ist Schweinehirte, kann nicht lesen und schreiben, hat eine Gehbehinderung und wird von seinem Vater kleingehalten. Teresa dagegen darf zur Schule gehen und hilft nach der Schule in der Seilerei ihres Vaters aus. Beide sind wissbegierig und sehnen sich nach einem Leben außerhalb ihrer begrenzten Welt, doch ihr Alltag ist alles andere als abwechslungsreich. Das ändert sich, als jüdische Zwangsarbeiter in ihr Dorf kommen, darunter Nicolas und sein Vater. Davide ist sofort fasziniert von Nicolas‘ Ausstrahlung. Nicolas scheint all das zu sein, was Davide auch gerne wäre. Trotz der vermeintlichen Ungleichheit freunden sie sich an und auch Nicolas Vater erkennt schnell Davides Potenzial, als er ihn heimlich unterrichtet. Zusammen mit Teresa erleben die Freunde unbeschwerte Stunden, doch schnell ziehen Schatten auf. Eifersucht, Liebe und die Verfolgung der jüdischen Bevölkerung bringt das Trio auseinander. Ihre Leben verlaufen danach ganz anders als vorhergesehen, beinhalten viele Kämpfe und Rückschläge, und doch können sie sich in all der Zeit nicht vergessen. Erst viele, viele Jahre später sehen sie sich wieder. Ein Aufeinandertreffen, das nicht nur Licht in die Vergangenheit bringt, sondern auch massive Auswirkungen auf die Gegenwart und Zukunft hat.
Besonders beeindruckt hat mich, wie gelungen Gianni Solla mit der Stimmung die Handlung des Buches widergespiegelt bzw. inszeniert hat. So wurde die Geschichte z.B. erst mit Eintreffen von Nicolas in Tora fröhlicher, hoffnungsvoller. Dieses besondere Feingefühl zeigt der Autor auch bei der charakterlichen Ausarbeitung von Davide, aus dessen Sicht die Geschichte erzählt wird, und dessen Findungs- und Reifeprozess. Von Beginn der Freundschaft an sieht Davide in Nicholas das Vorbild, das ihm bisher in seinem Leben fehlte, und dem er nacheifern möchte. Sein von Sehnsucht und Eifer getriebenes Handeln nimmt ungeahnte Ausmaße an, sodass man sich bald fragt, was davon tatsächlich noch seiner wahren Persönlichkeit entspricht. Soviel sei verraten, am Ende des Buches wird nicht nur diese Frage geklärt. Und doch hat mich das Ende eiskalt erwischt.
Im Übrigen finde ich die Wahl des Buchtitels sehr gelungen, da er genau den Inhalt widerspiegelt.
Wer auf der Suche nach einem bewegenden, atmosphärischen Roman ist, liegt mit „Bei Licht ist alles zerbrechlich“ goldrichtig. Von mir gibt es 4 Sterne (von 5 Sternen).

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