Unverwechselbar Kent Haruf
Dieses ist das dritte Buch von Kent Haruf, das ich gelesen habe, und ich kann nicht genug davon bekommen. Dabei finden wir hier keine großartige Handlung, sondern lernen in Episoden einzelne Menschen des ...
Dieses ist das dritte Buch von Kent Haruf, das ich gelesen habe, und ich kann nicht genug davon bekommen. Dabei finden wir hier keine großartige Handlung, sondern lernen in Episoden einzelne Menschen des fiktiven Ortes Holt kennen, gelegen in der Weite des US-Staates Colorado, zwei Stunden entfernt von Denver.
In diesem Buch geht es vordergründig um das Sterben des alten Eisenwarenhändlers Dad Lewis, wir erleben mit ihm seine letzten Tage, seine Wünsche, seine Sorgen, seine Lebensgeschichte, die ihm immer wieder in Episoden durch den Kopf geht, weil ihm bewusst wird, dass er einiges im Leben hätte anders machen können. Aber hinter den Zeilen geht es um so viel mehr. Aktionsgeladene Spannung findet der Leser nicht, jedoch ein eindrucksvolles Gemälde des sozialen Lebens in dieser Kleinstadt.
Wir lernen Personen kennen, die alle irgendwie mit Familie Lewis zu tun haben, als Nachbarn, als Freunde, als Dienstleistende.....allen gemeinsam ist eine gewisse Einsamkeit, die mehr oder weniger gut verarbeitet wird. Die meisten dieser Menschen haben Schicksalsschläge hinter sich, die nachwirken. Aber sie geben nicht auf, sondern helfen sich auch untereinander. Dies empfinde ich als rührend und anrührend zugleich. Sie unterstützen sich gegenseitig und helfen einander in Notsituationen. Faszinierend ist es, das soziale Gefüge in dieser Stadt zu erleben. Da wird geholfen und unterstützt, wie man es im heutigen Stadtleben kaum noch kennt. Man erkennt die Sorgen und Nöte der anderen und versucht, eine Lösung zu finden. Ich muss gestehen, dass mir bisweilen Tränen in die Augen traten, weil die Protagonisten so einfühlsam und fürsorglich agierten. Oder auch, als Dad Lewis sich von seiner Tochter Lorraine, noch ein letztes Mal zu prägnanten Orten in Holt fahren lässt....
Originell und typisch ist Kent Harufs Schreibstil, der zwar einfach gehalten ist, aber sehr viel Atmosphäre wiederspiegelt. Da sehe ich mich dann auf der riesigen Viehweide als Beobachter am riesigen Trog stehen oder empfinde die drückende Schwüle des Sommers in Colorado. Interessant ist die fehlende Zeichensetzung bei der wörtlichen Rede, alles ist Erzählung und geht ineinander über, man gewöhnt sich schnell daran. Vereinzelt gibt es auch Rückblicke auf die Vorgängerbände, was ich sehr lesenswert fand, aber man muss die anderen Bücher nicht vorher gelesen haben.
Alles in allem ein sehr empfehlenswertes Buch, das zu Herzen geht, nicht auf kitschige Weise, sondern voller Empathie und Optimismus.