Cover-Bild Die Wand
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10,00
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  • Verlag: Ullstein Taschenbuch Verlag
  • Themenbereich: Belletristik - Fantasy: Magischer Realismus
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 288
  • Ersterscheinung: 05.10.2012
  • ISBN: 9783548610665
Marlen Haushofer

Die Wand

Roman | Ein unnachahmliches Gleichnis für das unüberwindliche Einsamsein

'Verdutzt streckte ich die Hand aus und berührte etwas Glattes und Kühles: einen glatten, kühlen Widerstand an einer Stelle, an der doch gar nichts sein konnte als Luft. Zögernd versuchte ich es noch einmal, und wieder ruhte meine Hand wie auf der Scheibe eines Fensters. Dann hörte ich lautes Pochen und sah um mich, ehe ich begriff, daß es mein eigener Herzschlag war, der mir in den Ohren dröhnte. Mein Herz hatte sich schon gefürchtet, ehe ich es wußte.'

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.12.2024

(K)Ein Buch für eine Depression?

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Marlen Haushofers „Die Wand“ war unser Juni-Buch im feministischen Buchclub. Das Buch ist nicht neu, sein Inhalt vielen bekannt, und wer noch nie von diesem Werk gehört hat, dem sei die Handlung mit wenigen ...

Marlen Haushofers „Die Wand“ war unser Juni-Buch im feministischen Buchclub. Das Buch ist nicht neu, sein Inhalt vielen bekannt, und wer noch nie von diesem Werk gehört hat, dem sei die Handlung mit wenigen Worten erklärt: Eine Frau besucht ihre Cousine in den Bergen, eines Morgens wacht sie auf und findet Weg ins Dorf von einer durchsichtigen Barriere versperrt. Was sie fortan als die Wand bezeichnet, trennt sie vom Rest der Welt, der auf der anderen Seite zu leblosen Figuren erstarrt ist. Und innerhalb dieser Wand lebt sie als letzter Mensch mit einigen Tieren, um die sie sich kümmert.

Was die Wand in Marlen Haushofers wohl bekanntestem Werk ist, darüber ist sich die Literaturwissenschaft bis heute nicht einig. Die Wand ist eine Grenze, klar, aber zu wem oder was? - Ich glaube, die Wand bedeutet für jede:n etwas anderes, und das auch in verschiedenen Stadien des eigenen Lebens. Ich habe das Buch erstmals vor 15 oder 16 Jahren gelesen, als ich in meinen Zwanzigern war. Damals habe ich gerade eine Depression hinter mir gehabt, für mich war die damals gelesene Wand eine Entfremdung; keine Verbindung zu den Menschen in unmittelbarer Nähe zu haben. Was für eine Ironie, dass ich mich aktuell in einer ähnlichen Situation befinde und mich an manchen Tagen dem Gefüge der Welt entzogen fühle.
Entsprechend schwer fiel es mir, das Buch erneut in dieser Lage zu lesen und darüber zu sprechen. Meine gegenwärtige Einsamkeit ist mir so fremd und ängstigt mich, denn in dem Alleinsein meines Lebens als selbstgewählter Single mit gemütlicher Wohnung gab es kaum Momente, in denen ich mich tatsächlich einsam gefühlt hab. Und während sich meine Tränen Bahn gebrochen haben, fand ich in den anwesenden Frauen des Buchclubs einen so wohltuenden Trost. Ein bisschen hab ich mich der Welt wieder näher gefühlt, und glaube: das geht vorbei.

Haushofers Roman ist so viel mehr. Er ist Emanzipation von einem früheren Leben und einer Weiblichkeit, die sowohl die Protagonistin als auch ihre Erschafferin als einschränkend und hinderlich wahrnehmen. Das frühere Leben als Frau, deren Sphäre Heim und Kinderbetreuung sind, streift sie ab, um so gut es geht im Einklang mit der Natur zu leben, in der sie die ihr anvertrauten Tiere nicht nur versorgt, sondern auch als Gefährt:innen wahrnimmt, und um Felder zu bestellen. Durch den Mangel an handwerklichen und praktischen Fähigkeiten und die nie verschwindende Abscheu, Wild töten zu müssen um der Nahrung Willen wird Haushofers Protagonistin nicht zu dem, was einen Mann ausmacht, ist aber auch keine Frau mehr. Sie wird zu einem geschlechtlosen Wesen zwischen den beiden Polen der früheren Zivilisation, die hinter der Mauer verschwunden ist.
Für diesen Roman gibt es keine richtige und keine falsche Zeit, um es zu lesen. Der Moment ist immer richtig, weil man zu jedem Zeitpunkt etwas anderes für sich aus der Geschichte ziehen wird.

Veröffentlicht am 27.09.2020

Ein ganz besonderes Buch

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"Und heute [...] saß ich im Wald allein mit einer Kuh, einem Hund und einer Katze, und ich besaß nichts mehr von allem, was vierzig Jahre lang mein Leben ausgemacht hatte."


Die Handlung selbst ist schnell ...

"Und heute [...] saß ich im Wald allein mit einer Kuh, einem Hund und einer Katze, und ich besaß nichts mehr von allem, was vierzig Jahre lang mein Leben ausgemacht hatte."


Die Handlung selbst ist schnell erzählt: Eine Frau, die mit Freunden übers Wochenende in die Berge fährt, abends allein in der Hütte bleibt und nach dem Aufwachen feststellen muss, dass eine Art unsichtbare Wand sie vom Dorf und der restlichen Außenwelt trennt. Nicht nur das: Sie scheint das einzige menschliche Wesen zu sein, das sich diesseits der Wand befindet, während außerhalb alles menschliche und tierische Leben wie zu Stein erstarrt wirkt. Von nun an geht es also ums bloße Überleben allein in der Natur.

Geschrieben ist das Buch aus der Perspektive der Frau, die übrigens namenlos bleibt, in zwei verschiedenen Zeitebenen; es handelt sich bei dem Roman um einen Bericht, den die Frau verfasst, um sich vom Alleinsein abzulenken und eine Gedankenstütze zu haben. Sie beginnt etwa zweieinhalb Jahre nach dem Erscheinen der Wand mit dem Schreiben und berichtet rückblickend von den Ereignissen seit jenem Tag; immer wieder greift sie jedoch auch vor, indem sie Anmerkungen über die aktuelle Situation macht.


Ich habe das Buch nun zum zweiten Mal gelesen und bin nach wie vor begeistert; nach dem zweiten Mal vielleicht sogar noch etwas mehr als nach dem ersten Mal, denn es gibt immer wieder etwas zu entdecken, was einem vorher entgangen ist. Keinesfalls wird es langweilig vom Alltag der Frau zu lesen, und immer wieder verliert sie sich in teils philosophischen Gedankengängen, Fragen über den Sinn des Daseins, der Zeit etc. Während des Lesens und auch noch danach habe ich mich immer wieder dabei erwischt, wie ich versuchte mir vorzustellen, selbst in einer solchen Situation zu sein. Man beginnt unweigerlich, Fragestellungen aus dem Buch aufzugreifen und sich selbst zu stellen; ein Buch also, das definitiv zum Nachdenken anregt.

Für mich hat sich "Die Wand" mühelos 5 Sterne verdient und in meinem imaginären Bücherregal einen Ehrenplatz erhalten; Ich werde sie definitiv noch öfter zur Hand nehmen.

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Veröffentlicht am 24.01.2020

Existentiell

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Die Wand – Marlen Haushofer

Der Klappentext in aller Kürze: "Eine Frau wacht eines Morgens in einer Jagdhütte in den Bergen auf und findet sich eingeschlossen von einer unsichtbaren Wand, hinter der kein ...

Die Wand – Marlen Haushofer

Der Klappentext in aller Kürze: "Eine Frau wacht eines Morgens in einer Jagdhütte in den Bergen auf und findet sich eingeschlossen von einer unsichtbaren Wand, hinter der kein Leben mehr existiert..."
Damit beginnt ein spannendes Gedankenexperiment.

Diesen Roman kann man meiner Meinung nach nicht angemessen beurteilen, ohne sich mit der Biografie Marlen Haushofers auseinandergesetzt zu haben. Eine Frau, die sich in ihrem bürgerlichen Leben zutiefst eingeengt, gefangen fühlte, von Menschen missverstanden. Ihre schriftstellerische Tätigkeit konnte sie nur heimlich und nebenbei ausüben.
An unzähligen Stellen kommt die Verzweiflung der Autorin durch, gar eine Sehnsucht nach Einsamkeit. Und so fügt sich die namenlose Protagonistin sehr schnell in ihr Schicksal und verlegt sich darauf, eine Überlebensstrategie zu entwickeln. In weiten Teilen hat der Roman somit etwas von einer Robinsonade. Nur Berge, statt Insel.

"Vielleicht war die Wand auch nur der letzte verzweifelte Versuch eines gequälten Menschen, der ausbrechen musste, ausbrechen oder wahnsinnig werden." Seite 110

"Während des langen Rückwegs dachte ich über mein früheres Leben nach und fand es in jeder Hinsicht ungenügend. Ich hatte wenig erreicht von allem, was ich gewollt hatte, und alles, was ich erreicht hatte, hatte ich nicht mehr gewollt." Seite 61

Immer wieder klingt deutliche Gesellschaftskritik an, auch die Rolle der Frau und ihre damit einhergehende Unzufriedenheit, spricht sie immer wieder an, von daher wurde das Werk auch von der Frauenbewegung aufgegriffen. Generell liegen ihr Tiere näher als Menschen.

Dieses Buch ist geradezu gespickt von Lebensweisheiten, mit denen jeder schon einmal zu kämpfen hatte, die aber nur selten ausgesprochen werden. Auch wenn die Protagonistin versucht, sich mit Arbeit und der Sorge um ihre Tiere abzulenken, bleiben grundlegende Fragen nicht aus, wie die nach dem Sinn des Lebens etwa. Oder ob menschliche Gesellschaft erstrebenswert wäre…

Dieser Roman hat mich mit seiner stillen Eindringlichkeit sehr beeindruckt. Auch wenn dieses Konstrukt der Wand nicht zu erklären und schwer zu fassen ist, wenn man über die Hauptfigur den Kopf schüttelt, sie bemitleidet, gar an ihrem Verstand zweifeln mag. Von der ersten Seite an, glaubt man alles ganz deutlich vor sich zu sehen, ich hatte oft Gänsehaut vor Grusel angesichts der ausweglosen Situation.
Gerade wenn man an die Biografie der Autorin denkt, hat man immer wieder tiefes Verständnis für deren Nöte und Gedankengänge.

Zweifellos ein Buch, das man gelesen haben sollte. Ein wahrer Schatz im Bücherregal. Ein Buch, das seinen Leser so existentiell berührt, dass er es wohl nie mehr vergessen wird. Schade, dass Haushofer nicht mehr Zeit und Muse zum Schreiben fand. Zu allem Überfluss starb sie nämlich auch noch sehr früh mit kaum fünfzig Jahren.


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Veröffentlicht am 26.01.2018

Selten hat mich ein Buch so berührt wie dieses

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Ich mache mir sehr viele Gedanken darüber, was wäre, wenn dieses Buch Realität wäre.

Eine Frau macht mit einem befreundeten Pärchen einen Ausflug übers Wochenende in die Österreichischen Berge. Die ...

Ich mache mir sehr viele Gedanken darüber, was wäre, wenn dieses Buch Realität wäre.

Eine Frau macht mit einem befreundeten Pärchen einen Ausflug übers Wochenende in die Österreichischen Berge. Die Jagdhütte, wo sie das Wochenende verbringen werden, liegt schön idyllisch an einem See. Gegen Abend beschliesst das Pärchen, dass sie noch ins Dorf runter fahren um etwas zu trinken. Die Frau bleibt zusammen mit dem Hund in der Jagdhütte zurück.. Sie geht schlafen und am nächsten Morgen stellt sie fest, dass ihre Freunde nicht zurück gekommen sind. Zusammen mit dem Hund wandert sie die Strasse entlang Richtung Dorf bis sie von etwas Durchsichtigen am weiter laufen gehindert wird. Sie hat den Kopf an der Scheibe angeschlagen und tastet sich daran weiter, immer wieder aufs neue. Schliesslich muss sie feststellen, dass sie in einem riesen grossen"Glaspalast" eingeschlossen ist.
Sie beginnt Gemüse, Kartoffeln etc. selber anzubauen, geht auf die Jagd und in den Wald zum Beeren pflücken und Pilze sammeln. Ihr Radius wird grösser und schliesslich findet sie eine Kuh, die trächtig ist. So nimmt ihr Leben seinen Lauf.

Das Buch ist unheimlich spannend geschrieben. Wenn man nur den Klappentext liest, könnte man einen langweiligen Roman erwarten, dem ist aber überhaupt nicht so. Die Ängste, die Hoffnungen, das Leben etc. wird so detailliert beschrieben, ich liebe es.

Veröffentlicht am 01.04.2017

Die Wand

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Die Wand ist ein durchwachsenes Buch. Friedlich und ruhig und doch so aufwühlend und beängstigend. Man wird gefangen genommen von der Einsamkeit der Berge, der Natur, des Waldes. Als Leser muss man diese ...

Die Wand ist ein durchwachsenes Buch. Friedlich und ruhig und doch so aufwühlend und beängstigend. Man wird gefangen genommen von der Einsamkeit der Berge, der Natur, des Waldes. Als Leser muss man diese Einsamkeit bei sich selbst zulassen, um die Tragweite des Romans im ganzen Ausmaß verstehen zu können. Man wird wirklich einsam, wenn man dieses Buch liest, und freut sich dann auf echte Unterhaltungen mit lieben Menschen, wenn man die Wand zur realen Welt durchbrechen kann.

Die Frau, sie hat keinen Namen, sie hat schon einen, aber den verrät sie uns nicht, weil er irrelevant im Bezug auf ihre Geschichte ist und wer sollte den Namen schon benützen, wenn sie von sich selbst schreibt und mutterseelenallein in den Bergen lebt? Jedenfalls, diese Frau schreibt einen Bericht über ihr Leben, gefangen, allein, ums Überleben kämpfend, verantwortlich für die Tiere und deswegen unmöglich aus dem monotonen Leben, zum Beispiel durch den Tod, auszubrechen und zu fliehen. Die Tiere geben ihr einen Grund weiterzuleben.

Monoton ist auch die Geschichte, aber das stört, wenn man sich darauf einlässt, nur im geringsten. Freunde des Abenteuers, des Actionreichtums, der Spannung und auch der Liebe, finden hier in diesem Buch wahrscheinlich keine Lektüre, die ihnen gefällt. Hier geht es doch mehr um die Bedeutung und die Beudeutungslosigkeit von Dingen, Erwartungen, Einstellungen und des Menschen an sich.

Der Schreibstil ist gewöhnungsbedürftig. Es ist halt doch ein Buch, wo die Autorin schon lange tot ist und es eben zu einer Zeit geschrieben wurde, zu der viele von uns keinen Bezug haben. Aber es liest sich ziemlich flüssig und angenehm. Ein kleines Manko ist, dass alles in einer Wurscht durchgeschrieben ist. Es gibt keine Kapiteleinteilungen, keine Abstände, keine Leerzeilen. Da muss man mitten im Geschehen abbrechen, wenn man mal aufhören will.

Das Ende bleibt offen und es ermöglicht so dem Leser eine eigene Geschichte weiterzustricken. Am Ende passiert dann auch endlich was spannendes und man wünscht sich, einfach mehr über das Geschehene in Erfahrung zu bringen.


Fazit

Aufwühlend gut, beängstigend ruhig. Ein Buch, dem man Zeit geben muss und das mit der Zeit dann doch mehr Überwindung benötigt. Man muss allein sein und die Ruhe vor dem Sturm der Gedanken genießen können.