Berührt und regt zum Nachdenken an
Lena hat mit ihrem Freund Kurt ein Haus in Brandenburg gekauft. Kurt teilt sich das Sorgerecht für seinen kleinen Sohn, der ebenfalls Kurt heißt, mit Jana. Damit der kleine Kurt ein richtiges Zuhause hat, ...
Lena hat mit ihrem Freund Kurt ein Haus in Brandenburg gekauft. Kurt teilt sich das Sorgerecht für seinen kleinen Sohn, der ebenfalls Kurt heißt, mit Jana. Damit der kleine Kurt ein richtiges Zuhause hat, wenn er Zeit bei Lena und Kurt verbringt, renovieren die beiden das Haus, beginnen einen Garten anzulegen und beziehen den kleinen Kurt mit ein. Als der kleine Kurt vollkommen unverhofft stirbt, ist für Lena, Kurt und Jana nichts mehr so, wie es vorher war. Die Trauer schlägt mit aller Macht zu und lähmt die Zurückgebliebenen. Wie soll Lena mit diesem Schicksalsschlag umgehen? Wie viel Trauer ist für sie erlaubt? Haben die echten Eltern nicht viel mehr Anspruch darauf? Und wie soll sie für den großen Kurt da sein, wenn er sich vollkommen in seiner Trauer vergräbt? Kann ihre Beziehung das aushalten?
Sarah Kuttner erzählt diese emotionale Geschichte aus der Sicht von Lena. Sie ist die Lebensgefährtin des großen Kurts und kennt auch den kleinen Kurt schon längere Zeit. Da sie nicht die richtige Mutter ist, denkt sie häufig darüber nach, welchen Platz sie in dieser Patchworkfamilie für den kleinen Kurt eigentlich einnimmt. Was ist für sie erlaubt, was wird erwartet und was könnte als anmaßende Einmischung angesehen werden?
Der Einstieg in die Handlung gelingt mühelos, denn Sarah Kuttners Schreibstil wirkt so lebendig, dass man sofort mitten im Geschehen ist. Man kann sich das gerade gekaufte Haus in Brandenburg vorstellen, beobachtet die Renovierungsarbeiten, die beginnende Gestaltung des Gartens und den Umgang zwischen Lena, dem großen und dem kleinen Kurt. Die drei scheinen ein hervorragendes Team zu sein, man kann die Liebe regelrecht spüren. Doch manchmal scheint Lena zu zweifeln, was für sie im Umgang mit dem kleinen Kurt angemessen ist und ist deshalb auch Jana gegenüber etwas unsicher. Gerade diese Zweifel lassen Lena so authentisch wirken. Man kann sich mit ihr identifizieren und folgt deshalb gerne der Erzählung. Doch von einem Moment auf den anderen ändert sich die Grundstimmung. Denn plötzlich ist nichts mehr so, wie es vorher war.
Sarah Kuttner gelingt es auf sehr emotionale Art und Weise, Lenas Gefühle zu beschreiben. Man beobachtet, wie sie versucht, ihre Trauer zu bewältigen. Doch wie soll ihr das gelingen, wo sie doch gar nicht die richtige Mutter ist? Hat Lena überhaupt ein Anrecht auf große Gefühle? Oder soll sie sich darauf beschränken, den großen Kurt aufzufangen? Doch will er das eigentlich? Wie soll sie zu ihm durchdringen? Was ist angemessen und was wird erwartet? Und wer ist eigentlich für Lena da?
Dieser Roman hat mich sehr berührt. Denn Sarah Kuttner ist es gelungen, mit ganz in den Bann der Ereignisse zu ziehen. Durch ihren unverblümten Schreibstil war ich sofort mitten im Geschehen. Dabei wirkte alles so echt auf mich, dass ich mich sofort mit Lena identifizieren konnte. Ich habe mit ihr gehofft, gezweifelt, geweint und getrauert. Doch zwischendurch gab es auch immer wieder Lichtblicke, die mich zum Schmunzeln bringen konnten. Diese Erzählung hat mich tief berührt und zum Nachdenken angeregt!