Cover-Bild Der Sprung
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 336
  • Ersterscheinung: 28.08.2019
  • ISBN: 9783257070743
Simone Lappert

Der Sprung

Eine junge Frau steht auf einem Dach und weigert sich herunterzukommen. Was geht in ihr vor? Will sie springen? Die Polizei riegelt das Gebäude ab, Schaulustige johlen, zücken ihre Handys. Der Freund der Frau, ihre Schwester, ein Polizist und sieben andere Menschen, die nah oder entfernt mit ihr zu tun haben, geraten aus dem Tritt. Sie fallen aus den Routinen ihres Alltags, verlieren den Halt – oder stürzen sich in eine nicht mehr für möglich gehaltene Freiheit.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.08.2019

Springt sie oder springt sie nicht?

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„…, also wenn du mich fragst, so gesamthaft gesehen, ist das Nichtverrücktsein die eigentliche Anomalie.“

Eine junge Frau steht auf einem Dach. Will sie springen? Die Polizei geht davon aus. Vor dem Haus ...

„…, also wenn du mich fragst, so gesamthaft gesehen, ist das Nichtverrücktsein die eigentliche Anomalie.“

Eine junge Frau steht auf einem Dach. Will sie springen? Die Polizei geht davon aus. Vor dem Haus versammeln sich viele Schaulustige. Einen Tag und eine Nacht steht die Frau auf dem Dach, während das Leben in der kleinen Stadt weitergeht und sich für andere Bewohner das Leben komplett ändert. Wie wird es mit allen weitergehen?

Was für ein Buch! Simone Lappert hat ein tolles Buch geschrieben, das man kaum aus der Hand legen kann. Ich wollte unbedingt wissen, wie es weitergeht mit Felix, Finn, Astrid & Co. Welche Entscheidungen treffen sie für ihr Leben? Wie wirkt sich das Verhalten der jungen Frau auf dem Dach auf die anderen aus? Und so habe ich den Roman regelrecht verschlungen, weil ich wissen musste, welches Ende alles nehmen wird.

Dabei habe ich gelacht, war traurig und habe wieder gelacht, gelächelt und mich mit den handelnden Personen gefreut, habe Entscheidungen begrüßt oder verflucht. Nach und nach werden die Geschichten der einzelnen Personen erzählt, so dass man mit jeder Seite mehr nachvollziehen kann, warum sie handeln wie sie handeln. Dabei ist das Ganze so meisterlich erzählt, so miteinander verwoben, dass man erst nach und nach erkennt, wie alles zusammenhängt.

Ein wirklich toll erzähltes Buch, das ich sehr gerne gelesen habe.

Veröffentlicht am 29.08.2019

Die Frau auf dem Dach

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Eine junge Frau steht auf einem Dach, was hat sie vor, will sie springen? Eine Passantin wird darauf aufmerksam und informiert die Polizei und die Rettungskräfte. Schnell läuft die übliche Maschinerie ...



Eine junge Frau steht auf einem Dach, was hat sie vor, will sie springen? Eine Passantin wird darauf aufmerksam und informiert die Polizei und die Rettungskräfte. Schnell läuft die übliche Maschinerie an. Unten vor dem Haus sammeln sich immer mehr Menschen, manche sind neugierig, andere betroffen und einige sind nur sensationslüsterne Gaffer.

Simone Lappert beleuchtet nun das Leben einiger Menschen, die in irgendeiner Form mit Manu, der jungen Frau auf dem Dach verbunden sind. Ein Polizist, der mit ihr spricht, die Passantin, die die erste Meldung machte, der Freund von Manu, ein Ehepaar, das an diesem Tag zum ersten Mal seit Jahren wieder Umsatz in ihrem kleinen Laden machen und viele mehr. Es sind Geschichten in der Geschichte, die sich allmählich zum einem Ganzen verbinden. Nach und nach klären sich die Verbindungen.

Es ist ein Roman, der mich von der ersten Seite an völlig in Bann gezogen hat. Alle Figuren sind echt und ihre Handlungsweisen authentisch, wie wirklich aus dem Leben erzählt. In Vielem kann man sich wiedererkennen. Dabei ist es eigentlich keine große Geschichte, es sind Augenblicke aus dem Leben, im Einzelnen eigentlich unspektakulär, aber jeder hat Auswirkungen auf alle Beteiligte. Es ist eine ganze Welt im Kleinen, die die Autorin zeigt und jeder Protagonist bringt seine eigene Facette in diesen Kosmos ein. Hoffnungslosigkeit, Optimismus, Trauer, neue Energie – es liegt alles ganz dicht beieinander.

Manchen Figuren widmet Simone Lappert mehr Aufmerksamkeit, gönnt ihnen eine optimistische Zukunft, manche werden nur gestreift und ihr weiteres Schicksal bleibt offen.

Ich habe diese Geschichte verschlungen, den schönen Sprachstil geradezu aufgesaugt, viele einzelne Sätze sind mir im Gedächtnis geblieben:

„Etwas das blüht, sollte man nicht umtopfen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es dabei eingeht, ist ziemlich groß.“ Antwort Manus auf den Vorschlag ihres Freundes, gemeinsam die Stadt zu verlassen

"Das sind alles Leute, die in der Schule beliebt sind oder es mal waren, dachte Winnie. Leute, die nie allein sind. Oder solche, die sich durchs Zuschauen überlegen fühlen, ihre Kraft aus der Schwäche anderer heraus entwickeln, so wie Timo." Gedanken einer gemobbten Schülerin, als sie ihren Mitschüler johlend in der Zuschauermenge sieht.

"Nie wollte sie in den Tod springen. Immer nur ins Leben." Eigentlich der wichtigste Gedanke auf dem Dach.

Ich könnte noch vieles anführen, selten habe ich so viele Markierungen beim Lesen angebracht.

Anfangs konnte ich mit der Portraitzeichnung des Titelbildes nicht viel anfangen. Es wirkte nichtssagend auf mich, aber je weiter ich gelesen habe, umso mehr gefiel mir Cover. Das Portrait einer jungen, nicht angepassten Frau passt ganz genau auf die tragende Figur dieses Romans.
Meine unbedingte Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 28.08.2019

Ein Buch prall wie das Leben, voll hinreißender Beobachtungen und interessanter Charaktere. Toller Lesestoff!

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"Nie wollte sie in den Tod springen. Immer nur ins Leben."

Manche Bücher sind wohltuende Überraschungen und "Der Sprung" gehört unbedingt dazu. Da ich Simone Lapperts Erstling "Wurfschatten" nicht kenne ...

"Nie wollte sie in den Tod springen. Immer nur ins Leben."

Manche Bücher sind wohltuende Überraschungen und "Der Sprung" gehört unbedingt dazu. Da ich Simone Lapperts Erstling "Wurfschatten" nicht kenne (was ich nach dem Genuss von "Der Sprung" zu ändern gedenke!), wusste ich nicht, was ich von ihr zu erwarten hatte. Die Prämisse des Romans jedenfalls klang interessant, auch wenn mir die Doppeldeutigkeit des Titels erst im Verlauf des Romans bewusst wurde. Aber ich greife vor.

"Der Sprung" beginnt mit... dem Sprung, der genau genommen kein Sprung, sondern ein Schritt über die Dachkante ist. Insofern ist von Anfang an klar, dass es im Roman nicht darum geht, OB gesprungen wird. Eher stellt sich die Frage nach dem Warum. Aber schnell wird klar, dass es letztlich auch nicht um das Warum geht - auch wenn ich mich das natürlich immer wieder gefragt habe, während ich das Buch las. Der Fokus liegt vielmehr auf den Geschichten um den Sprung herum, auf einigen Menschen, in deren Leben und Denken Simone Lappert uns einen kurzen, aber intensiven Einblick gewährt, während wir gleichzeitig dem Sprung entgegen lesen.

Da gibt es Felix, ein junger Polizist, dessen Frau ein Kind erwartet, der aber die Schwangerschaft nicht genießen kann, weil ihn die Vergangenheit im Griff hat. Da ist Maren, die mit Hannes zusammen lebt und sich von ihm verraten fühlt, seit er dem Genuss abgesagt hat und sich exzessiv um seine Gesundheit kümmert - und sich mehr und mehr von ihr abwendet. Da ist Theres, die mit ihrem Mann Werner ein kleines Geschäft führt, einstmals erfolgreich, aber durch die Konkurrenz von Supermärkten vor der Pleite steht - was Werner so gut wie möglich verheimlicht wird. Wir lernen Winnie, ein Schulmädchen, das ständig geärgert wird, kennen, und Henry, den Obdachlosen, Egon, der einst Hüte herstellte und verkaufte und nun als Vegetarier auf dem Schlachthof arbeitet. In seiner Freizeit sitzt er in Roswithas Café und beobachtet durch einen Feldstecher das Handygeschäft, das sich in den ehemaligen Räumen seines Hutgeschäfts befindet. Wir lernen Edna kennen, die den Ball ins Rollen bringt, als sie Manu auf dem Dach entdeckt und die Polizei ruft. Und es gibt Finn, der in Manu verliebt ist, und Roswitha, deren Café von allen besucht wird. Astrid, Manus Schwester, die mitten im Wahlkampf steckt und mit ihrem Mann ein Haus auf Usedom kaufen möchte - dafür aber die finanzielle Hilfe ihrer Schwiegermutter benötigt. Alle Personen des Romans haben Brüche in ihrer Biografie, alle sind sie unglücklich - manche mehr, manche weniger.

Es fällt mir schwer festzumachen, was mir an dem Buch besonders gut gefallen hat, denn es kommen so viele Faktoren zusammen. Zum einen die Charaktere. Sie gefallen mir - von wenigen Ausnahmen abgesehen - durchweg. Und obwohl jedem Charakter kein ganzer Roman zur Verfügung steht, sind sie alle so gut gezeichnet, dass wir am Ende das Gefühl haben, sie zu kennen.

Ich mag es, dass Simone Lappert manchmal kurz davor steht, ins Klischee- oder Märchenhafte abzugleiten (das gilt vor allem für Egons Erzählstrang), ehe sie sich wieder besinnt. Ich mag es, dass Manus Verhalten gar nicht so eindeutig ist, wie es anfangs den Anschein hat. Ich mag es, dass die Brotkrumen gelegt werden, die Leser*innen diese durchaus übersehen können, am Ende aber alles Sinn ergibt.

Ich mag es, dass sie es schafft, sich auf die einzelnen Personen zu konzentrieren, ohne dabei die übrigen Bewohner des fiktiven Städtchen - und damit uns, die Gesellschaft - aus den Augen zu verlieren. Die erschreckendsten Momente sind die, in denen die Bürger des Städtchens sich auf dem Marktplatz wie bei einem Happening versammeln und dem bevorstehenden Sprung hoffnungs- und erwartungsvoll entgegenfiebern.

Ich mag im Gegensatz dazu Simone Lapperts Beobachtungsgabe und ihre Fähigkeit, ihre Beobachtungen in tolle Sätze zu packen. Ich mag ihren Schreibstil, ihre Fähigkeit zitatereife Sätze aneinanderzufügen, ohne prätentiös zu wirken.

Vor allem aber feiere ich Simone Lappert dafür, dass sie zwar die Geschichte zu Ende erzählt hat, aber nicht jeden einzelnen Lebensweg bis zum Erbrechen erläutert. Ich mag es, dass einige Stränge, wenn auch zu Ende erzählt, dennoch offen sind. Wir wissen nicht, ob Felix mit Monique über seine Vergangenheit sprechen wird. Wir wissen nicht, ob Finn sich einen Ruck geben wird. Denn so ist das Leben: Wir wissen nicht, was noch kommen wird. Und es zeugt von Cleverness, dass Simone Lappert an genau den richtigen Stellen aufhört, weiterzuerzählen. Wir sind mitten im Leben der Personen eingestiegen, wir steigen mit in deren Leben wieder aus - aber die Geschichte selbst, die ist erzählt.

(Und nebenbei bemerkt: Ich feiere Maren! Und Winnie!)

Veröffentlicht am 28.08.2019

Wunderbar authentisch, erschreckend alltäglich und zauberhaft poetisch.

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Wie ich auf das Buch aufmerksam wurde:

Auf das Buch wurde ich durch die LitBlogCon, eine Convention für Buchblogger und Buchbloggerinnen im Verlagsgebäude von Bastei Lübbe, aufmerksam. Simone Lappert ...

Wie ich auf das Buch aufmerksam wurde:

Auf das Buch wurde ich durch die LitBlogCon, eine Convention für Buchblogger und Buchbloggerinnen im Verlagsgebäude von Bastei Lübbe, aufmerksam. Simone Lappert las dort für uns aus "Der Sprung", signierte unsere Bücher und machte mit uns eine kreative Schreibaufgabe.

Handlungsüberblick:

Eine junge Frau steht auf einem Dach und weigert sich herunter zu kommen. Keiner weiß, was sie vorhat. Wird sie springen? Der Leser erfährt aus verschiedensten Perspektiven von dieser Frau, die die Stadt einen Tag und eine Nacht in Atem hält. So erzählen unter anderem den festen Freund der Frau, ein Obdachloser, der Polizist, der die Frau vom Dach holen soll, Schaulustige und die Halbschwester der Frau, wie sie die Situation wahrnehmen.

Mein Bucheindruck:

Bei der Coverauswahl hatte Simone Lappert Mitspracherecht, was mich umso mehr freut, denn ich liebe die auf dem Cover abgebildete, starke, kurzhaarige und doch feminine Frau. Das Cover passt unheimlich gut zum Inhalt des Buches.

Mein Leseeindruck:

Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen. Es war unheimlich fesselnd, die Geschichte der Frau auf dem Dach aus den unterschiedlichsten Perspektiven zu lesen. Das Buch stimmte mich nachdenklich. Manchmal fühlte ich mich ertappt, weil ich vielleicht in solch eine Situation ähnlich Gedanken hätte. Das Buch war unheimlich authentisch.
Zunächst dachte ich, dass die vielen verschiedenen Perspektiven vielleicht verwirren könnten und ich den Überblick über die Figuren verlieren würde, aber das war überhaupt nicht der Fall. Es kam mehr auf das Einfangen einer Situation an, was Simone Lappert durch ihren sinnlichen Schreibstil unheimlich gut gelang. Als Leser hatte man das Gefühl, von Szene zu Szene und von Person zu Person zu springen und sich so ein umfangreiches Bild von der Situation machen zu können. Das gefiel mir unheimlich gut. Vor allem durch den Schreibstil verlor ich nie den Faden.
Das Buch zeigt, dass jeder eine Situation anders wahrnehmen kann, und trotzdem jede Wahrnehmung gleichberechtigt und ebenso wahr sein kann, wie die andere.
Besonders gut gefiel mir auch, dass sich im Laufe der Geschichte die Schicksale der einzelnen Figuren miteinander verknüpften.

Mein Eindruck vom Schreibstil:

Der Schreibstil hat mich sehr begeistert. Er ist unheimlich poetisch und sinnlich, es ist schwer sich dem Zog dieses Buches zu entziehen. Schon die erste Seite hat mich nicht mehr losgelassen. Es ist ein Schreibstil, der unbedingt auch laut vorgelesen werden sollte, er hat einen ganz wunderbaren Klang und ließ mich oftmals sprachlos zurück. Ich könnte mir ein Hörbuch mit verteilten Stimmen zu dem Buch unglaublich gut vorstellen.

Mein Abschlussfazit:

"Der Sprung" ist zugleich wunderbar authentisch, erschreckend alltäglich und zauberhaft poetisch.

Veröffentlicht am 28.08.2019

Simone Lappert – Der Sprung

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Thalbach, ein beschauliches Örtchen bei Freiburg. Alles geht seinen Gang wie immer, die Obdachlosen verbringen den Tag im Park, Theres und Werner sehnen sich nach den guten Zeiten in ihrem Lädchen zurück, ...

Thalbach, ein beschauliches Örtchen bei Freiburg. Alles geht seinen Gang wie immer, die Obdachlosen verbringen den Tag im Park, Theres und Werner sehnen sich nach den guten Zeiten in ihrem Lädchen zurück, Roswitha bedient mehr oder weniger übellaunig die Gäste in ihrem Café, Maren überlegt wieder einmal, wie lange sie es noch in der kaputten Beziehung mit Hannes aushalten will, Winnie muss ihrer Freundin Cosima einmal mehr aus der Patsche helfen. Doch dann unterbricht ein Ereignis das übliche Treiben: auf dem Dach eines Wohnhauses steht eine junge Frau und droht herunterzuspringen. Man kennt sie, es ist Manu, die Gärtnerin, die mit ihren Guerillamethoden den Pflanzen Raum zum Leben gibt und die Stadt erblühen lässt. Der Ort hält den Atem an und zusammen mit Rettungskräften, Polizei und sensationslüsterner Presse blickt man nach oben, voller banger Erwartung dessen, was passieren wird.

Simone Lapperts Roman ist eine Momentaufnahme mitten aus dem Leben. Sie beschränkt ihre Handlung auf einen winzigen Augenblick im Dasein ihrer Figuren, nur einen Wimpernschlag lang lässt sie uns teilhaben, aber es tritt genau jener Schmetterlingseffekt ein, der nicht vorhersehbar war und das sorgsam austarierte Gleichgewicht des Systems zum Zusammenbrechen bringt. Nur ein einziger Tag, ein singuläres Ereignis, das nicht einmal unmittelbar mit den meisten Figuren in Verbindung steht, ist jedoch so gewaltig, dass hinterher kaum mehr etwas so ist, wie zuvor.

Vieles an der Erzählung hat mich schlichtweg begeistert. Was zunächst als lose Abfolge von Einzelgeschichten erscheint, stellt sich im Laufe der Handlung als clever durchdachtes Geflecht heraus, das alle Figuren in Verbindung zueinander setzt und so unterstreicht, dass es ein individuelles unabhängiges Leben nicht gibt. Dreht nur einer an einem Schräubchen, wirkt sich dieses auf alle zwangsläufig aus. Daneben sind alle Figuren liebevoll gezeichnet: Wir haben keine Superhelden, keine Weltverbesserer, genauso wenig die drastischen Verlierer, sondern ein Sammelsurium von durchschnittlichen Existenzen, die mehr oder minder zufrieden ihr Leben meistern. Sie haben sich mit den Gegebenheiten arrangiert und glauben nicht mehr an das ganz große Glück. Sie wirken authentisch und in ihrer Natürlichkeit liebenswert.

Manu, die Frau auf dem Dach, die zum Sprung ansetzt, sollte eigentlich im Zentrum stehen, bildet aber viel mehr den Rahmen der Handlung und wird unbeabsichtigt zum dramatischen und entscheidenden Moment in zahlreichen Leben. Man lernt sie zu Beginn der Geschichte kennen, doch die Figur, die liebevoll mit den Pflanzen hantiert, will nicht zu der Person auf dem Dach passen. Ebenso wie der Leser kann sie ihr Freund Finn keinen Reim auf das Verhalten machen. In gewisser Weise ist sie eine tragische Heldin – mehr zu sagen würde das überraschende Ende vorwegnehmen.

Der kleinbürgerliche Mikrokosmus wird von Lappert überzeugend eingefangen. Eine routinierte, mühelose Erzählung, die einem in die kleine Welt eintauchen und teilhaben lässt. Für mich ist es gerade das Unaufgeregte, Unspektakuläre, das hier geschildert wird und begeistert.