Ein Roman über einen Titanen der deutschen und Weltliteratur
Thomas Mann, der Grandseigneur der deutschen Literatur ist 1930 schon der große berühmte und bekannte Autor. Auch in Litauen, an der kurischen Nehrung (ehemals Memelland), folgt ihm sein Ruhm. Ein junger ...
Thomas Mann, der Grandseigneur der deutschen Literatur ist 1930 schon der große berühmte und bekannte Autor. Auch in Litauen, an der kurischen Nehrung (ehemals Memelland), folgt ihm sein Ruhm. Ein junger Übersetzer, Zydrünas Miuleris möchte Thomas Manns Werke ins Litauische übersetzen und benötigt hierfür die Einwilligung des Autors. Aber wie soll Miuleris mit dem großen Autor in Kontakt treten, wenn Thomas Mann zurückgezogen lebt, die Öffentlichkeit scheut und jeden Kontakt nach außen ablehnt? Miuleris kommt der Wind zu Hilfe. Am Strand, in einem Strandkorb sitzt Thomas Mann nd liest einige Papiere durch, als ein Windstoß und spielende Kinder ihm die Papiere aus der Hand reißen. Sofort eilt Miuleris zu Hilfe, fängt die Papiere ein, wirft einen Blick darauf und überreicht sie Thomas Mann. So kommen sie ins Gespräch und die Geschichte nimmt ihren Lauf.
Das Memelland hat eine verzwickte historische Entwicklung im 20. Jahrhundert durchgemacht. Nach dem 1. Weltkrieg wurde es von Deutschland - Ostpreußen getrennt, war kurzzeitig unter französischen Protektorat, wurde von Litauen unter nicht ganz geklärten Umständen annektiert, dann 1939 wieder an das Deutsche Reich zurückgegeben, um danach von der Sowjetunion samt Litauen eingenommen zu werden. Doch das Jahr der Handlung im Roman ist 1930. Die Kurische Nehrung gehört offiziell zu Litauen, das Gebiet ist zweisprachig, viele Deutsche kommen her in die Sommerfrische, lassen sich da Häuser bauen, Der Tourismus blüht. Familie Mann hat sich da auch ein Haus bauen lassen und verbringt den Sommer am Strand. Die deutsche Grenze ist nicht weit. Immer wieder kommen Gruppen “national gesinnter aufrechter Deutscher” an den Memelstrand, um Stärke zu zeigen. Der Anführer solch einer Gruppe versucht, sich Thomas Mann anzubiedern, der ihn abblitzen lässt.
Mit lauter interessanten Verwicklungen entwickelt sich das Buch auch zu einem Krimi. Wir wissen, wer der Getötete ist, und wer der Täter ist, jedoch empfinden wir Mitleid mit dem unfreiwilligen Täter und nicht mit dem Opfer.
Die Geschichte wird aus der Perspektive des Zydrünas Miuleris erzählt, im hohen Alter. Sein Enkel hat ihm die Handhabung eines Computers erklärt und Miuleris schreibt nun seine Memoiren auf.
Wunderschöner Roman, der, die Leser in seinen Bann zieht. Er lässt die Atmosphäre des Sommers 1930 wieder auferstehen, als die Großdeutsche Politik noch nicht unabwendbar schien, die Sonne strahlte, das Leben so leicht und lebenswert schien.
Der Stil ist leicht umständlich, aber die litauische Sprache und die damalige Zeit waren eben so. Den Geist jener Zeit hat Tilo Eckardt unnachahmlich treffend eingefangen. Die ganze Atmosphäre versetzt den Leser in die Vergangenheit. Eine Vergangenheit in der Männer Ganzkörperbadeanzüge trugen, Thomas Mann an den Strand geht mit einem Bademantel und Strümpfen mit Strumpfhalter bekleidet.
Was mich beeindruckt hat, wenn Thomas Mann spricht, glaubt man ihn zu hören. All seine Worte und Sätze könnten aus einem seiner Romane stammen, Der Zauberberg oder Dr. Faustus oder Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull. So sagt Thomas Mann: “Ein Politiker ist dem Volk verpflichtet, ich als Künstler nur dem freien Gedanken. Aber wenn sich eine pöbelnde Bewegung anschickt, diesen johlend zu zertrampeln, dann treten außergewöhnliche Umstände ein, die mich zwingen, meine natürlichen Hemmungen zu überwinden. Dieses völkische Geschwätz verbreiten inzwischen bereits unwidersprochen Mitglieder der Akademie in Berlin.” (S. 114)
Miuleris’ Betrachtungen sind seine eigenen: “Diese Tage sind mir wahrhaftig als ein Auf und Ab der Gefühle in Erinnerung geblieben. Der stille Stolz während des Spaziergangs mit dem Dichter, gefolgt von der Scham, über den Verlust der Blätter. Die kindliche Abenteuerlust bei der Beschattung von Hofreiter, schließlich die Ernüchterung nach der Konfrontation mit Pfaffenkogel” (S. 112)
Das Buch zu lesen bereitet Freude auf jeder einzelnen Seite.