Zeit aus Glas von Ulrike Renk – Eine dramatische Familiengeschichte, die auf wahren Begebenheiten beruht.
Zerbrechliches Glück.
1938: Nach der Pogromnacht ist im Leben von Ruth und ihrer Familie nichts mehr, wie es war. Die Übergriffe lasten schwer auf ihnen und ihren Freunden. Wer kann, verlässt die Heimat, um den immer massiveren Anfeindungen zu entgehen. Auch die Meyers bemühen sich um Visa, doch die Chancen, das Land schnell verlassen zu können, stehen schlecht. Vor allem wollen sie eines: als Familie zusammenbleiben. Dann passiert, wovor sich alle gefürchtet haben: Ruths Vater wird verhaftet. Ruth sieht keine andere Möglichkeit, als auf eigene Faust zu versuchen, ins Ausland zu kommen: Nur so, glaubt sie, ihren Vater und ihre Familie retten zu können …
Meine Meinung:
Zeit aus Glas ist der zweite Band der Seidenstadt-Saga. Die Handlung spielt diesmal in der Zeit von 1938 bis 1939.
Ich möchte eines vorweg schreiben: dieser Roman ist nicht für Quereinsteiger gedacht, denn er schließt nahtlos an den ersten an.
Die mittlerweile 17jährige Ruth muss mitansehen, wie sich der braune Hass gegenüber Juden immer weiter und weiter in Deutschland ausbreitet. Häuser, in den jüdische Menschen wohnen, werden mutwillig zerstört oder gehen in Flammen auf, Synagogen werden angezündet und Menschen gedemütigt oder gar getötet. Zum Glück kann sich Ruths Familie in Sicherheit bringen, aber wie lange noch. Ihre Ausreise ist zwar bewilligt, aber werden sie es rechtzeitig schaffen Deutschland zu verlassen. Die politische und familiäre Umstände bringen Ruth dazu, es auf eigene Faust zu probieren, die Familie in Sicherheit zu bringen. Sie möchte ins Ausland gehen, um von dort aus, die Ausreisepapiere für ihre Eltern und Schwester zu beantragen. Allerdings ist sie noch nicht alt genug, aber das hält sie nicht auf. Im Gegenteil, aber ihr Plan ist strafbar. Wird sie es dennoch wagen um ins Ausland zu kommen?
Obwohl Ruth erst 17 Jahre alt ist, ist sie eine starke Persönlichkeit und lässt nichts unversucht sich und ihre Familie vor den Nazis zu retten. Selbst vor Gefahren schreckt sie nicht zurück. Wow, was für eine selbstbewusste und taffe junge Frau.
Ruths Mutter Martha, die an Depressionen leidet, wurde sehr authentisch dargestellt. Zum einen voller Hoffnung und dann kam dieses unendliche Tief, dass sie vollkommen aus der Bahn warf.
Vater Karl, der ehemalige erfolgreiche Schuhverkäufer, der für sich und seiner Familie ein Heim geschaffen hat und dies jetzt verlor. Wie er alle Hebel in Bewegung setzt, um das bisschen was im geblieben ist, zu retten.
Ruths Schwester Ilse, die in ihren jungen Jahren solchen Hass ausgesetzt wird, denn sie in ihrem Alter noch gar nicht verkraften kann. Aber wer konnte dies schon?
Mein Fazit:
Ulrike Renk hat erneut bewiesen, dass sie zu Recht eine der erfolgreichsten Autorin dieser Zeit ist. Ich bin immer wieder erstaunt, wie sie in akribischer Kleinstarbeit Fakten und Hintergrundinformationen zusammenträgt, um so eine bewegende und fesselnde Geschichte zu schreiben. Der flüssige Schreibstil holt den Leser sofort ab und lässt ihn in diese grausamen Schicksalsjahre ein und abtauchen. In der Schule hatte ich schon vieles gehört, aber das hier ist so lebendig und anschaulich erzählt, dass ich mich gut in die Zeit und Charaktere hineinversetzen konnte.
Wer historische und gut recherchierte Romane liebt, sollte die Bücher von Ulrike Renk unbedingt lesen. Das was man hier erfährt, lernt man auf keiner Schule. Für mich ist dieser Roman 5 Sterne wert und ich kann ihn nur jedem ans Herz legen.