Ein Krimi mit viel Lokalkolorit
Bram Stoker war nie in Rumänien, hat trotzdem seinen Dracula in dem Land platziert. Lioba
Werrelmann war in Rumänien, hat ihre Hausaufgaben gemacht, Gut fundierte Kenntnisse
über Land und Leute, ihre Mentalität, ...
Bram Stoker war nie in Rumänien, hat trotzdem seinen Dracula in dem Land platziert. Lioba
Werrelmann war in Rumänien, hat ihre Hausaufgaben gemacht, Gut fundierte Kenntnisse
über Land und Leute, ihre Mentalität, ihr Leben einst und heute und über die unglaublich
leckere und einfache Küche. Ich liebe Palukes mit Milch!
Die Beschreibungen eines siebenbürgischen Dorfes, seiner Bräuche und Sitten haben mich
beeindruckt. Auch die Korruption, die in Rumänien in allen Bereichen grassiert, findet einen
festen Platz in diesem Buch. Neben der Holzmafia ist auch die Müllmafia leider sehr aktiv in
Rumänien. In diesem Buch sind die Geschäfte mit Giftmüll im Vordergrund. Paul
Schwartzmüller, ein “Heruntergekommener”, wie in Siebenbürger nach Westdeutschland
Ausgewanderte und zu Besuch Gekommene genannt werden, ist ein typischer
Siebenbürger. Es passieren ihm lauter schlimme bis schräge Sachen. Und was macht er? Er
sucht zuerst die Schuld bei sich. Ob er schlafwandelt, oder besoffen war, oder sonst etwas,
er fühlt sich schuldig. Dass andere ihn vergiften wollten, das kommt ihm nicht in den Sinn,
dass andere ihm Böses wollen oder nicht ehrlich zu ihm sind, auf den Gedanken kommt er
überhaupt nicht oder nur sehr schwer. Dafür aber ist ihm nicht bewusst, welch schwere
Schuld er als vierzehnjähriger auf sich geladen hatte, mit einem langen Aufsatz über seine
Ferienaufenthalte bei seiner geliebten Tante Zinzi und was für eine heilkundige Frau sie war.
In seiner kindlichen Naivität schildert er Zinzis gute Taten und Heilungen, ohne zu wissen,
die Tante hat illegale Abreibungen vorgenommen. Im kommunistischen Rumänien waren
Abtreibungen strikt verboten, wurden mit schweren Gefängnisstrafen geahndet. Paul schrieb
in seinem Aufsatz von Frauen “die nachts weinend an ihr Tor klopfen”, die Tante nahm sie
mit in ihre Stube “und wie diese Frauen im Morgengrauen blass, aber lächelnd vom Hof
schlichen”. (S. 243).Damit hat Paul die Tante praktisch den Behörden ausgeliefert. Diese
schwere Schuld war Paul 35 Jahre lang nicht bewusst. Er trug sie zwar latent mit sich, ohne
zu wissen, worin genau seine Schuld bestand. Deswegen sucht er bei all den schlechten
Begebenheiten, die ihm im Dorf widerfahren, die Schuld bei sich, auch wenn er bei diesen
Sachen unschuldig ist.
Das Buch ist sehr spannend geschrieben, es erfolgen auch mehrere Showdowns, so richtig
hollywoodreif. Letztlich wird aber der Mörder entlarvt Paul Schwartzmüller kehrt zurück nach
Deutschland zu seinem Job bei der Zeitung. Das Buch schreit direkt nach einer Fortsetzung.
Einige Fragen sind nicht restlos geklärt. Was ist mit dem fehlenden Finger des Pfarrers?
Verfügt Maia über magische Kräfte eigentlich? Was ist mit den Lieferanten des Giftmülls?
Die Deponie wird zwar saniert, aber wo wird die nächste heimlich eröffnet? Maia und Paul -
könnte da was werden? Das sind so Fragen, die hoffentlich genug Stoff für ein nächstes
Buch liefern.
Das Titelbild ist das Braner Schloss, wie es seit hunderten von Jahren steht.
Geheimnisumwittert beflügelt es die Phantasie. Auch wenn Vlad der Pfähler, eines der
Vorlagen für Stokers Dracula, nie in diesem Schloss geweilt hat. Der ganze Kitsch, der um
das Schloss herum in Holzbuden verkauft wird, dient nur der Geschäftemacherei. Falls Ihr,
werte Leser mal nach Siebenbürgen reisen wollt, bloß nicht dem Tand zu Fußen des
Schlosses verfallen!