„Ein Herz ist schnell gebrochen, doch es dauert lange, bis es wieder heilt.“
(Die Haushälterin zu Natalie in Beyond the stars)
Worum geht’s?
Als die Gesangstrainerin Natalie Winter das Angebot bekommt, einem der größten Rockstars der Welt aus einer Stimmkrise zu helfen, ist sie überwältigt von dieser beruflichen Chance. Kurzerhand packt sie ihre Koffer, um die nächsten Wochen bei ihm in Kanada zu verbringen. Doch Pascal Girard, der Leadsänger der Band Renard, verhält sich nicht so kooperativ wie sein Management versprochen hat. Natalie ist dennoch überzeugt, seine Stimme retten zu können – wenn er sie nur lassen würde. Dass Pascal auch noch unverschämt attraktiv ist, bringt Natalies Vorsatz, sich niemals mit einem Klienten einzulassen, gefährlich ins Wanken.
Beyond the stars ist Band 1 der Reihe um die Band Renard. Die Geschichte ist in sich geschlossen.
Inhaltliche Hinweise
Die Geschichte wird durch den einen personalen Erzähler erzählt. Das Buch beinhaltet potenziell triggernde Themen.
Meine Meinung
Manchmal gibt es Bücher, auf die man sich enorm freut, bei denen man dann aber feststellen muss, dass man aus einem Klappentext einfach eine komplett falsche Erwartung abgeleitet hat. Das ist natürlich ein Verschulden auf meiner Seite, denn aus Erfahrungswerten und einer falsch interpretierten Triggerwarnung kann eine ganz eigene Geschichte entstehen – die dann aber von der im Buch abweicht. So war es hier.
Arge Schwierigkeiten hatte ich von Anfang an mit der Erzählperspektive. Aus dritter Sicht erzählt, aber immerhin in personaler Form, fehlte mir von Anfang an der Zugang zu den Charakteren. Natalie wirkt einerseits total reif und im Leben angekommen, gleichzeitig überrascht sie mit teils befremdlicher Naivität. Sie hat eine gescheiterte Musikkarriere, da sie nach dem Verlust ihrer Mutter nicht mehr auf der Bühne stehen kann. Stattdessen ist sie Stimmtrainerin, Vocal Coach und in beratender Funktion für Künstler zuständig. Hierbei weichen ihre Methoden offenbar sehr von denen der Branche ab. Jedenfalls erhält sie eines Tages einen Anruf, ob sie Pascal helfen kann, der nach einer heftigen Welttournee nun ausgebrannt ist und eine Stimm- (und Sinn-) Krise hat. Und so fliegt sie zu ihm, zieht in sein Haus ein und mit vielen fliegenden Fetzen wird zusammenarbeitet.
Das Problem an der Sache war, dass ich nicht so ganz wusste, was die Autorin bei dem Buch in den Fokus stellt. Die Wahrheit ist: Es liest sich wie eine sehr interessante Abhandlung über die Möglichkeiten, wie man Sängern helfen kann, aber nicht wie ein Liebesroman. Daran ist einmal die Erzählperspektive schuld, aber auch der fehlende Mut der Autorin. Sämtliche Themen, die wirklich emotionalen Balast in die Story bringen könnten, werden am Rande abgehandelt oder nur kurz erwähnt. Das fand ich unfassbar schade, denn ich bin ehrlich: Dafür war ich eigentlich hier. In der Triggerwarnung werden sehr viele Punkte aufgezählt, die meisten kommen aber wirklich nur in einem Satz erwähnt vor. Natürlich ist eine Triggerwarnung in erster Linie gedacht, um Leute eben zu warnen, aber wenn hier zB Krieg erwähnt wird, „erwarte“ ich, dass auch Krieg in irgendeiner Form ein Thema ist. War es hier aber nicht, außer dass der Vater der Protagonistin Soldat war. Bei den Punkten, die man von einem durchschnittlichen Rockstar-Romance-Roman erwartet (bei Pascal insbesondere die Thematik um Depressionen, Alkohol und seine Vergangenheit), gibt es insgesamt wahnsinnig wenig. Ich fühlte mich dem ehrlich gesagt auch etwas beraubt, denn zwar gibt es hier und da einmal einen Satz, wie Pascal sich fühlt, wie es auf Tour war, aber wirklich erleben tut man es nicht.
Das Buch ist insgesamt schon nicht sonderlich dick. Etwas über 300 Seiten, es lässt sich sehr fix durchlesen. Und wirklich, der Aspekt mit dem Stimmtraining war unfassbar interessant. So war mir nie bewusst, wie groß die Belastung für einen Sänger auf einer riesigen Tournee ist, wie Körper und Geist zusammenspielen. Anfangs war ich – genauso wie Pascal – entsprechend skeptisch hinsichtlich der Methoden von Natalie. Aber die Ergebnisse sprechen für sich und der Prozess, der lange Weg mit Rückschlägen und jeder Menge Hoffnung hat mir gut gefallen. Es wird viel auch bezüglich Stimmtraining, Warmup für Sänger und Methoden zur besseren Atmung eingebaut. Man merkt, dass die Autorin diesbezüglich Fachfrau ist. Ich entdecke gern neue Sachen und lese mich in neue Thematiken ein und den ein oder anderen interessanten Aspekt kann auch der normale, nichtsingende Leser mitnehmen. Natalie muss viel Häme der Umfeld akzeptieren, sie steht aber sehr für ihre Methoden ein. Manchmal fand ich sie leider aber auch zu pushy, zu sehr von sich überzeugt und zu rücksichtslos. Es ist gut, an seine Arbeit zu glauben, aber ein wenig Rundum-Blick und individuelle Herangehensweise dürften nicht schaden. Deswegen geraten Pascal und sie anfangs auch andauernd aneinander und das Problem war für mich, dass sicher einige der Momente durch eine bessere Kommunikation vermeidbar gewesen wären. Auch ist das Buch hauptsächlich so aufgebaut, dass grundsätzlich fast jeder in Pascals Umfeld nur das Geld und nicht ihn im Fokus hat und Natalie wirbelt so alles (von Ernährung über Sport bis zu den Proben der Band) durcheinander. Das war mir manchmal etwas zu viel. Dafür gab es aber auch einige interessante Einblicke in die Branche, das rücksichtslose Miteinander. Leider muss ich aber sagen, dass ich hier vieles vorhersehbar oder zumindest erwartbar gefunden habe. Entsprechend gab es für mich keine wirklichen Twists oder Überraschungsmomente. Die Charaktere sind alle einfach sehr stereotypisch. Kurios fand ich allerdings, dass Natalies beste Freundin Amy einfach plötzlich mit in die Villa einzieht, mit der Band abhängt und dort ihr Leben lebt. Das passte weder zu Natalies unglaublich professioneller Art noch war es für die Handlung in irgendeiner Art förderlich, außer dass ich mich permanent über sie aufgeregt habe.
Die Liebesgeschichte des Buches konnte mich leider nicht begeistern. Natalie und Pascal sind sehr gegensätzlich, öffnen sich aber füreinander und lernen voneinander. Das hat mir gut gefallen. Wieso zwischen beiden eine romantische Beziehung entstand, war für mich nicht greifbar. Es gab kein Prickeln oder irgendetwas, woran man es hätte ausmachen können. Natalie kämpft für Pascal wie eine Löwin, aber wieso es mehr als Freundschaft war, erschloss sich mir nicht. Stimmig fand ich allerdings, dass es auch keine expliziten Szenen zwischen den beiden gibt, denn das hätte für mich erst recht nicht gepasst. Es fühlte sich oft so an, als würde der Autorin der Mut fehlen, ihren Charakteren Tiefe zu geben, sie wirklich richtig etwas fühlen zu lassen. Alles, was irgendwie emotional hätte sein können, ging unter. Das ist auch der Grund, wieso ich die Reihe nicht weiter verfolgen werde, denn das handwerkliche Geschick von Natalie war interessant, aber ich bin hier für eine Rockstar-Romance gewesen und die habe ich leider nicht bekommen.
Mein Fazit
Beyond the stars ist ein zum Teil sehr interessantes Buch über das Handwerk vom Stimmtraining, aber leider kein Liebesroman. Den Charakteren fehlt die Tiefe, es gibt kaum Gefühl in der Geschichte. Schade, hier hätte man so viel mehr machen können.
[Diese Rezension basiert auf einem Rezensionsexemplar, das mir freundlicherweise vom Verlag überlassen wurde. Meine Meinung ist hiervon nicht beeinflusst.]