„...Die Schaulustigen begnügen sich heutzutage nicht mehr mit ein paar Handyfotos aus der Ferne. Frag mal die Feuerwehrleute, was die bei Verkehrsunfällen und Hausbränden erleben!...“
Fiona Fischer, eine junge Frau, ist nach dem Tode ihrer Mutter auf der Suche nach ihrem leiblichen Vater. Bei einem Treffen im Cafè allerdings erlebt sie eine Überraschung. Ihre Suche ist nicht zu Ende. Sie hat gerade erst begonnen.
Kriminalhauptkommissarin Pia Sanders ist vor wenigen Tagen mit ihrem Mann umgezogen. Heute verlässt sie zum ersten Mal ihr neues Zuhause, um ins Kommissariat zu gehen. Dort erwartet sie ein neuer Fall. Die Zeitungsfrau hat im Wohnhaus den toten Herrn Reifenrath liegen sehen. Es stellt sich heraus, dass der Mann schon mehrere Tage in der Wohnung liegt. Als sie mit Hilfe der Nachbarin den Hund des Toten im Zwinger finden, hat der vor Hunger alte Knochen freigescharrt. Die Nachbarin erkennt, dass es ich um menschliche Knochen handelt. Plötzlich hat Pia einen zweiten Fall.
Die Autorin hat erneut einen fesselnden und vielschichtigen Krimi geschrieben. Der Schriftstil ist abwechslungsreich und lässt sich gut lesen.
Als erstes erscheint die kleine Nachbarstochter am Tatort. Sie ist gerade aus dem Urlaub zurückgekommen und wollte nach Opa Theo sehen. Ihre kommentare über die liebe Verwandtschaft des Toten lesen sich so:
„...Der Opa Theo hat immer gesagt: ' Wenn ich mal tot bin, freuen die sich alle, die Aasgeier.' ...“
Schnell stellt sich heraus, dass Theo und Rita Reifenrath jahrelang elternlose Kinder bei sich aufgenommen hatten. Glauben die Kriminalisten anfangs, dass Theo für die Toten unter dem Hundezwinger verantwortlich ist, wendet sich das Blatt bald. Es stellt sich heraus, dass alle Ermordeten um den Muttertag verschwunden sind. Plötzlich klären sich einige Altfälle, für die Kriminalhauptkommissar Oliver von Bodenstein zuständig ist.
Auflockerung erfährt die Geschichte durch den schwarzen Humor des Rechtsmediziners Hennig, Pias Ex.
Pia gelingt es, ihre Vorgesetzte zu überzeugen, den Amerikaner Dr. Harding einbeziehen zu dürfen. Er kennt sich mit der Psyche von Serientätern aus. Den Kriminalisten sitzt die Zeit im Nacken. Der nächste Muttertag ist nicht fern, und der Täter scheint noch aktiv zu sein.
Nach und nach werden die ehemaligen Zöglinge von Rita Reifenrath befragt. Interessant sind dabei die Schlussfolgerungen, die Dr. Harding daraus zieht. Gleichzeitig werden die Angehörigen der inzwischen bekannten Opfer befragt. Dabei stellt sich heraus, dass das Verschwinden der Frauen oftmals zum Zerbrechen der Restfamilie geführt hat. Wie das Zusammenspiel von Pia und Oliver funktioniert, fasst Oliver so zusammen.
„...Sehen Sie, […] das ist Arbeitsteilung. Immer, wenn ich zu höflich bin, schaltet Pia in den Rottweiler-Modus, und schon öffnen sich alle Türen...“
Sehr deutlich wird, dass die Ermittlungsergebnisse eine hohe psychische Belastung für die Kriminalisten bedeuten. Eine junge Frau verlässt deshalb das Team.
Ab und zu gibt es kurze Kapitel, bei denen ich erneut Fiona Fischer bei der Suche nach ihren Wurzeln begleiten darf.
Außerdem hat die Autorin kursiv einige Abschnitte eingeschoben, wo der Täter erzählt, wie er die Frauen in seine Gewalt gebracht hat. Allerdings bleibt sowohl das Motiv als auch die weitere Vorgehensweise im Dunkeln. Letzteres wird nach und nach durch die Ermittlungsarbeit der Kriminalisten aufgedeckt.
Gleichzeitig erfahre ich, welch unterschiedliche Lebenswege die einstigen Kinder genommen haben.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es zeigt, dass der äußere Schein und die Wirklichkeit manchmal zwei völlig unterschiedliche Seiten einer Medaille sind.