Hesekiel 18,20
P.S. Das findet der interessierte Leser in der Bibel
„Fassungslos sah Keunert, wie der Polizeipfarrer in die Tiefe stürzte, wie er mit den Armen ruderte und, nach einem viel zu langen Fall, aufrecht ...
P.S. Das findet der interessierte Leser in der Bibel
„Fassungslos sah Keunert, wie der Polizeipfarrer in die Tiefe stürzte, wie er mit den Armen ruderte und, nach einem viel zu langen Fall, aufrecht und mit den Füßen voran die dunkle Oberfläche des Flusses zum Platzen brachte.
Keunert keuchte. „So ein Arschloch!“
Dann sprang er hinterher.“
Eigentlich haben Polizeipfarrer Martin Bauer und Polizeimeister Walter Keunert einiges gemeinsam – beide sind verheiratet, haben ein 15-jähriges Kind. Doch gegen Keunert wird ermittelt wegen Bestechlichkeit; er will von der Rheinbrücke aus Selbstmord begehen. Und deshalb provoziert ihn Pfarrer Bauer, wird selbst zum Hilfsbedürftigen für Keunert und dessen langjährige Polizei-Instinkte – er springt von der Brücke, um sich retten zu lassen von Keunert. Bald danach wird dessen Leiche gefunden. Und Bauer fühlt sich schuldig – schuldig, weil er Keunert für zu wütend und zu ängstlich für einen weiteren Selbstmordversuch hielt, und in der Schuld stehend gegenüber dessen Sohn in all dessen Verzweiflung.
Mir gefiel das Ermittlerduo des Buches aus Polizeipfarrer, im Einsatz für Täter, Opfer, Ermittler, und Polizistin Verena Dorn. Das ist zum einen schlicht mal eine andere Idee und birgt zum anderen verschiedene realistische Chancen für die Handlung: der Polizeipfarrer hat zwar gewisse Möglichkeiten innerhalb des „Systems“, unterliegt aber weniger den Beschränkungen des Polizeiapparates. Außerdem nutzen die beiden Autoren sehr geschickt die Zwickmühlen, in denen sich der Pfarrer flugs befindet. Nur ein Beispiel: beichtet ihm einer der Täter die Tatumstände, bindet ihn das Beichtgeheimnis, kann er dadurch aber in einem speziellen Fall die Hinterbliebenden nicht umfassend unterstützen. Themen wie Schuld und Verantwortung werden im Buch ein einer angenehm weiten Perspektive im Vergleich zum Genre diskutiert, teils umrahmt von einigen weiteren theologischen Gedankenfäden und Bibelzitaten zum Thema. Ich denke jedoch, auch nicht-Christen dürften sich von den ethischen Erörterungen nicht überflutet fühlen. Den Kontext empfand ich also als durchaus komplex, hingegen bleibt die Sprache eher einfach. Nicht unüblich für einen Krimi, jedoch fand ich gerade zu Beginn einige Sätze etwas „über“ vor Betroffenheit: „Die Küchenuhr aus verblichenem grünen Plastik zählte die Sekunden. Das tat sie schon, solange er denken konnte.“
„In den Augen des Jungen sah Bauer alles zerbrechen, was von seiner Kindheit noch übrig war.“
„Sie suchte die längst verlorene Nähe zu ihrem Sohn und opferte dafür den Vater.“
Hier hätte schlicht die jeweils erste Hälfte gereicht – und Vertrauen in die Fähigkeit des Lesers, den Rest des Bildes herzustellen. Ähnliches tun Sätze wie „Kapselkaffee mied er nicht erst seit Ninas Appellen gegen diese Umweltsauerei.“ – ja, stimmt schon – aber nicht, wenn man gleichzeitig fröhlich mit dem Auto auch gelegentlich rein als Spritztour fährt. Etwas weniger wäre also mehr gewesen – doch die Basis passt für solide 4 von 5 Sternen.