Sophie Passmann konfrontiert Sascha Lobo, Kai Diekmann, Robert Habeck und weitere einflussreiche Männer augenzwinkernd mit dem Begriff des 'alten weißen Mannes'.
Viele der Interviewten waren erstaunlich reflektiert in Bezug auf ihre Privilegien und die gesellschaftlichen Zusammenhänge.
Doch es gibt auch den Bequemen, den Ahnungslosen, den Aalglatten; den unfreiwillig Komischen, der sich mit seinen Antworten selbst entlarvt; den cool Gelangweilten; den, der bei dem Wort 'Feminismus' zusammenzuckt.
Nicht zu vergessen, den Intellektuellen, der sich vom Feminismus nicht abgeholt fühlt, ihn nicht anspruchsvoll genug, nicht herausfordernd genug empfindet, als handele es sich um ein theoretisches Gedankenspiel, etwas das ihn überhaupt nicht beträfe und daher um seine Aufmerksamkeit buhlen müsste.
Angriffe, Ausflüchte und Täuschungsmanöver hat Sophie Passmann größtenteils routiniert abgewehrt. Es ist nicht ihr Ziel den anderen festzunageln. Trotzdem hätte ich mir an einigen Stellen gewünscht, dass sie stärker nachgehakt und fragt, wie die Männer Gleichberechtigung in ihrer Beziehung leben. Ich meine, wann trifft man schon mal Ulf Porschardt oder Micky Beisenherz?
Der richtig alte weisse Mann, der Pate, der Patriarch, wurde nicht interviewt. Doch bei manchem Gesprächspartner schien es durch, das Festhalten an Liebgewonnenem, Blindheit für eigene Vorurteile, Desinteresse, Arroganz. All die Eigenschaften, die wir am 'Feindbild' kritisieren.
Doch wie könnte ich dies anderen zum Vorwurf machen? Auch ich bin zuweilen überheblich oder gelangweilt, blind für meine Fehler und weiche unerwünschten Veränderungen aus, so lange es geht.
Der Kern der Diskussion ist für mich:
Sollten mächtige Männer freiwillig ihre Privilegien teilen?
Die einen sehen das Leben als Kampf, die anderen glauben an Kooperation.
Zwei Weltanschauungen, die aufeinanderprallen. Das ist damals bei James Camerons 'Avatar' schon nicht gut ausgegangen.
Mein Fazit?
Eine Leseempfehlung.
Das Buch hat in mir die Frage ausgelöst, was ich anders machen würde, wenn ich wüsste, an den derzeitigen Verhältnissen würde sich nichts ändern.
Das Buch ist nicht radikal, es bietet keine Lösungen, aber vielleicht den ersten Schritt dahin - die Einladung zum Nachdenken über sich selbst, zum Austausch, zur Klärung von Missverständnissen, zum Finden von Gemeinsamkeiten.
Und das ist in der Zeit der Filterblasen schon ein sehr guter Anfang. Außerdem ist es wirklich witzig.