Totgeglaubte leben länger
Die junge Ehefrau und Mutter Rachel Price verschwand vor 16 Jahren unter mysteriösen Umständen. Ihre zweijährige Tochter Bel wurde allein im Auto aufgefunden. Das Kind war noch zu klein, um Auskunft über ...
Die junge Ehefrau und Mutter Rachel Price verschwand vor 16 Jahren unter mysteriösen Umständen. Ihre zweijährige Tochter Bel wurde allein im Auto aufgefunden. Das Kind war noch zu klein, um Auskunft über den Verbleib der Mutter zu geben. Der Fall konnte nie geklärt werden, ist in die Geschichte eingegangen und beschäftigt immer wieder bzw. noch die Familie, Polizei und unterschiedlichste Medien.
Bel ist nun 18 Jahre alt, sie bildet ein festes Team mit ihrem Vater Charlie, der sie alleine erzogen hat. An ihre Mutter kann sie sich nicht wirklich erinnern, dennoch ist diese allgegenwärtig. Bel ist die Tochter von Rachel Price. Sie ist nie einfach nur Bel und jetzt wird eine Dokumentation über das Verschwinden der Rachel Price gedreht. Bel ist nicht glücklich über diese Situation, aber ihr Vater benötigt das Geld für die Pflege seines kranken Vaters. Schon bei den ersten Interviews wird klar, dass es klare Familienhierarchien gibt. Auch Rachels Mutter sorgt regelmäßig für Ärger und Unruhe mit ihren Anschuldigungen, das Charlie Rachel ermordet hat. Die Polizei verdächtigt Charlie immer wieder, obwohl er bei einem Prozess für nicht schuldig erklärt wurde.
Mitten in die Dreharbeiten platzt die echte Rachel, die nach vielen Jahren der Entführung frei gelassen wurde. Bel ist misstrauisch und will das Ganze nicht glauben.
Holly Jackson entwickelt eine perfide Geschichte voller Wendungen. Nie weiß man, wer der Böse ist und wem man was glauben darf. Bel ermittelt auf eigene Faust, dabei erfährt sie Dinge, die ihre Welt in den Grundfesten erschüttern. Das Ganze endet in einem leider unglaubwürdigen Show down, der sich aber spannend liest.
Für mich war es das erste Buch der Autorin. Sie versteht ihr Handwerk und kann den Leser fesseln, obwohl teils gar nicht so viel passiert. Bis auf einen ständig wiederkehrenden Knoten in Bels Mitte gefiel mir der Erzählstil sehr gut. Die Charaktere sind nicht unbedingt sympathisch, aber interessant, die Nebenfiguren hätten etwas mehr Tiefe vertragen können. Bels Charakter wird sehr gut beleuchtet und es wird deutlich, welche Spuren diese besondere Vergangenheit bei ihr hinterlassen hat. Ihre Beziehungen haben hier besonderes Gewicht, werden auf harte Proben gestellt, erfahren drastische Wandlungen.
Durch Bels ständiges Hinterfragen, Beobachten und Nachforschen kommen immer wieder neue Details ans Licht, die mich mitraten ließen, wie sich wohl alles zugetragen haben mag. Am Ende werden die offenen Fragen beantwortet und die Lage geklärt. Ich war mit der Lösung nicht ganz so zufrieden, das Geschehen im Wald, Ramseys und auch Carters Entscheidungen sind für mich nicht nachvollziehbar, aber hierzu kann man nichts schreiben ohne zu Spoilern.
Insgesamt ein gut geschriebener und teilweise spannender YA-Thriller, der auch zwischenmenschliche Beziehungen beleuchtet.